Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Digitalisierung und Vernetzung Die Thermomix-Jägerin: Wie Carla Kriwet Bosch Siemens Hausgeräte an die Spitze bringen will

Die erste Frau auf dem Chefposten von Europas größtem Hausgerätehersteller BSH setzt auf vernetzte Systeme. Im Corona-Jahr gelingt ihr ein Umsatzrekord.
23.03.2021 - 18:59 Uhr Kommentieren
Vernetzung und Digitalisierung stehen bei der Topmanagerin ganz oben. Quelle:  Philips
Carla Kriwet

Vernetzung und Digitalisierung stehen bei der Topmanagerin ganz oben.

(Foto:  Philips)

Stuttgart Als Carla Kriwet im vergangenen Juli den Chefposten bei BSH (Bosch Siemens Hausgeräte) antrat, kam zeitgleich die vollautomatische Küchenmaschine „Cookit“ auf den Markt – Boschs stark verspätete Antwort auf Vorwerks Bestseller „Thermomix“. 10.000 Multifunktionsgeräte hat BSH inzwischen verkauft.

Auch mit einem ins Kochfeld integrierten Dampfabzug wirbt BSH inzwischen, eine Technik, die Konkurrent Bora bereits seit Jahren als Aushängeschild nutzt. Die aufsehenerregendsten Kücheninnovationen kamen in den vergangenen Jahren nicht unbedingt vom europäischen Marktführer aus dem Hause Bosch.

Das soll mit der von Philips abgeworbenen Topmanagerin und Digitalexpertin Kriwet anders werden. „Wir sind weit davon entfernt, Fast Follower auf dem Markt zu sein“, sagt die 50-Jährige, auf die Niederlagen der Vergangenheit angesprochen.

BSH war lange Zeit ein Joint Venture von Bosch und Siemens, gehört aber seit 2014 zum schwäbischen Konzern. Unter dessen alleiniger Führung lief es zwischenzeitlich unrund. Unternehmen wie Samsung drängten massiv auf den europäischen Haushaltsmarkt.

Vernetzung und Digitalisierung stehen bei Kriwet ganz oben. Bei Philips war sie im Vorstand für Digitalisierung und in der Medizintechnik für Patientenüberwachung zuständig. „Dort sind sichere, vernetzte Systeme schon lange im Einsatz, weil Operateure immer alle Informationen vor Ort verfügbar haben müssen“, erläutert die Managerin. Sie ist überzeugt, dass dies auch der Weg für die Hausgeräte ist, den sie unter dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz konsequent weiterbeschreiten will.

Haushalt in der Cloud

Mit dem System „Home Connect“ können Kunden sich zum Beispiel auf einer App den Inhalt des Kühlschranks unterwegs anzeigen lassen. Der digitale Geschirrspüler optimiert Laufzeit und Energieverbrauch, die Waschmaschine erkennt die Wäsche und ihr Gewicht selbst. Die vollautomatische Küchenmaschine Cookit lädt die Kochprogramme aus der Cloud und ermöglicht den Kunden ab diesem Sommer, auch eigene Rezepte mit Freunden in einer App zu teilen.

Kriwets Lieblingsanwendung ist, wenn die Waschmaschine sich bei ihren Teenager-Töchtern auf dem Handy meldet, dass die Wäsche fertig ist. „Das ist das Zeichen zum Wäscheaufhängen oder zum Umladen in den Trockner“, sagt Kriwet lachend.

Die vollautomatische Küchenmaschine „Cookit“ ist Boschs stark verspätete Antwort auf Vorwerks Bestseller „Thermomix“. Quelle: BSH Hausgeräte GmbH
Bosch Küchenmaschine

Die vollautomatische Küchenmaschine „Cookit“ ist Boschs stark verspätete Antwort auf Vorwerks Bestseller „Thermomix“.

(Foto: BSH Hausgeräte GmbH)

Diese Internet-of-Things-Lösungen befähigen auch den Kundendienst zu Ferndiagnosen und ermöglichen durch KI künftig auch vorausschauende Wartungen. „Das vermeidet Reparaturen oder senkt die Reparaturkosten“, sagt Kriwet. Alle neuen Geräte werden mit den dafür notwendigen intelligenten Systemen ausgestattet.

Die ersten Zahlen stimmen jedenfalls, auch wenn Kriwet mit ihrem Start im Juli nur gut die Hälfte der Zeit zu verantworten hat. Denn die Digitalisierung hat in der Pandemie auch bei den Hausgeräten noch für einen zusätzlichen Schub gesorgt. „Durch die gestiegene Bedeutung des eigenen Zuhauses und der Küche als Wohlfühlort erlebt unsere Branche einen Aufschwung“, sagt Kriwet.

Von schwächeren vorangegangenen Jahren hat sich Europas größter Hausgerätehersteller erholt und in der Coronakrise Rekordzahlen vorgelegt. Trotz eines Einbruchs während der ersten Welle im Frühjahr 2020 und negativer Währungseffekte stieg der Jahresumsatz um gut 5,3 Prozent auf 13,9 Milliarden Euro, so Kriwet. Stärker wuchs nur der kleinere Konkurrent Miele mit einem Plus von 6,5 Prozent auf 4,5 Milliarden Euro.

Konkurrenz aus Asien wird stärker

Am stärksten legte BSH mit Marken wie Bosch, Siemens, Neff und Gaggenau in Amerika zu. Die Amerikaner fragen wegen der zunehmenden Vorratshaltung noch größere Kühlschränke nach. Insgesamt sei das Ergebnis noch stärker angestiegen als der Umsatz. Genaue Zahlen wollte Kriwet nicht nennen – und hält sich damit an die strenge Devise des Stiftungskonzerns, keine Einzelergebnisse preiszugeben. Die weltweite Belegschaft aber wuchs um drei Prozent auf 60.000 Mitarbeiter, allein in Deutschland kamen 500 vor allem in der Fertigung hinzu.

Lieferprobleme gebe es wegen der Corona-Pandemie vor allem bei Geschirrspülern, räumt die neue BSH-Chefin ein. „Wir kämpfen um jede Maschine“, sagt Kriwet. Auch Engpässe in der Chipindustrie bereiten der Branche Sorgen.

Dennoch ist Kriwet besonders für das laufende Jahr optimistisch, dass der positive Trend aus der Corona-Pandemie nicht plötzlich abreißt. „Wer einmal angefangen hat, mehr selbst zu kochen, hört damit nie wieder auf“, ist sich Kriwet sicher. Besonders stark stieg im Homeoffice aber die Nachfrage nach Kaffeevollautomaten.

Allerdings wächst die Konkurrenz aus Asien. Laut Statistischem Bundesamt liegen drei chinesische Unternehmen im Umsatzranking (2019) der weltgrößten Hausgerätehersteller vorn – das ist Midea auf Platz eins, gefolgt von Gree und Haier.

Auf Platz vier landet der US-Konzern Whirlpool (dazu gehört die Marke Bauknecht), BSH steht auf Rang fünf, gefolgt von Electrolux (Schweden), SEB (Frankreich, dazu gehört WMF in Geislingen) und LG (Südkorea) auf Platz acht. Den chinesischen Markt will BSH mit einem neuen Werk stärker bearbeiten. Das Unternehmen ist mit einem Umsatzanteil von 80 Prozent noch sehr europalastig.

Nachhaltigkeit als Megatrend

Und Kriwet möchte weiteres Neuland beschreiten. BSH wird nach erfolgreichen Tests in den Niederlanden in Deutschland noch im laufenden Jahr Geräte wie Waschmaschinen auch zum Mieten anbieten. Bei diesem Service erwartet das Unternehmen ein zweistelliges Wachstum.

Zudem hat sich die Spitzenmanagerin das Thema Nachhaltigkeit auf die Agenda geschrieben. In der Vergangenheit waren die Entsorgung von Kühlschränken und vor allem die Nachverfolgbarkeit in der Branche immer ein umstrittenes Thema.

„Neben der Energieeffizienz leisten unsere Maßnahmen zur Kreislaufwirtschaft einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der BSH-Nachhaltigkeitsstrategie“, erklärt Kriwet. Material, Verpackung sowie Zerlegbarkeit und Wiederverwertbarkeit der Komponenten der Geräte müssten zu Beginn des Entwicklungszyklus auf Nachhaltigkeit ausgelegt werden. „Gleichzeitig arbeiten wir in nachhaltigen Geschäftsmodellen die Geräte wieder auf.“

Nachhaltigkeit, Humanität und Karriere waren für die Düsseldorferin nie Gegensätze. Nach dem Abitur half die Tochter des früheren Thyssen-Chefs Heinz Kriwet in Burundi bei Anti-Aids-Kampagnen. Danach studierte sie Betriebswirtschaft und promovierte. Ihre Karriere führte sie zu Linde, Drägerwerk und schließlich in den Konzernvorstand von Philips.

Im Bosch-Konzern wird inzwischen viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt. Seit Ende 2020 entwickelt und fertigt BSH CO2-neutral an allen 90 Standorten weltweit. Und seit Februar kooperiert BSH im Kampf gegen den Hunger mit dem World Food Programme (WFP). Kriwet will diesen Weg als BSH-Chefin jedenfalls konsequent weitergehen, auch wenn klimaneutrale Produkte noch in weiter Ferne sind.

Mehr: Digitaler, innovativer, nachhaltiger – Diese Frauen organisieren den Umbruch.

Startseite
Mehr zu: Digitalisierung und Vernetzung - Die Thermomix-Jägerin: Wie Carla Kriwet Bosch Siemens Hausgeräte an die Spitze bringen will
0 Kommentare zu "Digitalisierung und Vernetzung: Die Thermomix-Jägerin: Wie Carla Kriwet Bosch Siemens Hausgeräte an die Spitze bringen will"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%