Familienunternehmen Planspiel Aufspaltung – In den jahrelangen Streit der Oetker-Familie kommt Bewegung

Über dem Lebensmittel-Konzern schwelt seit Jahren ein heftiger Familienstreit.
Düsseldorf Es ist ein Auf und Ab, wenn man auf die Entwicklungen in der Familie Oetker schaut. Nun hat das „Manager Magazin“ gemeldet, dass „in Beiratskreisen eine Initiative reift“, die eine Realteilung des Oetker-Konzerns vorsehe.
Dass eine solche Aufteilung nach Stämmen eine mögliche Option für den jahrelang währenden Streit zwischen den acht Geschwistern aus drei Ehen von Rudolf August Oetker sei, ist schon länger bekannt. Öffentlich wurde das Wort bislang aber nicht benutzt. Es ist offenbar ein weiterer Stein, der ins Wasser geworfen wird.
Erste Bewegung kam auf, als August Oetker als Beiratsvorsitzender im März abtrat. Sein Nachfolger ist Rudolf Louis Schweizer, der Sohn der Tochter aus erster Ehe des Patriarchen Rudolf August Oetker. Mit ihm hat es nicht nur einen Generationswechsel gegeben, sondern es herrscht – wie es gleich mehrere mit der Situation vertraute Personen dem Handelsblatt bestätigen – jetzt auch eine bessere Stimmung in den Sitzungen.
Alle acht Kinder des 2007 verstorbenen Rudolf August Oetker halten jeweils Anteile von 12,5 Prozent am Konzern. Bislang stehen die Kinder aus den ersten beiden Ehen Rudolf August Oetkers zusammen und kommen auf rund 62,5 Prozent der Anteile. Auf der anderen Seite stehen die drei jüngsten Kinder aus der letzten Ehe des Patriarchen, die vor allem durch Alfred Oetker als stellvertretenden Beiratsvorsitzenden vertreten werden. Die drei jüngeren Geschwister Alfred (51), Carl Ferdinand (46) und Julia (40) kommen auf 37,5 Prozent.
Wie das Monatsmagazin weiter berichtet, sei es denkbar, dass den insgesamt fünf Kindern aus den ersten beiden Ehen so die Lebensmittelsparte rund um Dr. Oetker zufließen würde. Indessen seien die drei jüngsten Kinder an den Getränkesparten und an den Hotels interessiert. Bislang gibt es jedoch keinerlei Bestätigungen für eine solche Lösung.
Diese Aufteilung entspräche aber nicht den Anteilen der jeweiligen Sparten. Denn die Sparte Bier und alkoholfreie Getränke (Radeberger, Schöfferhofer, Clausthaler, Selters etc.) hatte 2018 mit 2,2 Milliarden Euro einen Anteil von 30,5 Prozent am Gesamtumsatz der Oetker-Gruppe.
Das Geschäft mit Sekt, Wein und Spirituosen (Henkell, Freixenet, Wodka Gorbatschow etc.) erwirtschaftete mit 816 Millionen Euro rund 11,4 Prozent des Gruppenumsatzes. Zusammen kommen alle Getränke-Tochterunternehmen auf knapp 42 Prozent und 3,1 Milliarden Euro Umsatz. Die Hotels sind noch gar nicht eingerechnet.
Außerdem sind bei der Aufteilung weitere finanzielle Mittel noch nicht berücksichtigt. So wurde Ende November 2017 die Schifffahrtssparte von Oetker unter dem Namen „Hamburg Süd“ für 3,7 Milliarden Euro an den dänischen Wettbewerber Maersk verkauft.
Käme es tatsächlich zu einer Realteilung des Konzerns und die verschiedenen Familienstämme würden getrennte Wege gehen, dann müssten nicht nur die Geschäfte, sondern auch das Geld aus dem Verkauf der Reederei aufgeteilt werden. Bei der Bilanzpressekonferenz der Oetker-Gruppe am vergangenen Dienstag hieß es dazu, dass 2,8 Milliarden Euro aus dem Verkauf an Maersk in einem Masterfonds geparkt und bewusst risikoscheu angelegt worden seien.
Doch so weit ist es noch nicht, urteilen mehrere mit der Situation vertraute Personen. Eine von ihnen berichtet dem Handelsblatt, dass der durchaus in Gang gekommene Prozess zwischen den verschiedenen Familienstämmen noch sehr lange dauern könne – mit ungewissem Ausgang. Die Zahl der Einflussfaktoren und der Einflussnehmenden sei immens. Denn es werde verhandelt – Zug um Zug.
Es geht um Geld, aber auch um Streit, Anerkennung und den richtigen Weg für das Unternehmen. Dabei sei eine Realteilung aber nur eine von mehreren Möglichkeiten, ergänzt ein anderer Kenner der Situation. Im Mittelpunkt stehe, den Willen des verstorbenen Patriarchen umzusetzen: Ein Familienmitglied solle als persönlich haftender Gesellschafter zur Geschäftsleitung gehören. Alfred Oetker war ein solches Amt schon einmal zugesagt worden, heißt es. Doch das Vorhaben sei an seinem Halbbruder August gescheitert.
Von „Realteilung“ spricht man, wenn verschiedene, meist zerstrittene Familienstämme ein Unternehmen unter sich aufteilen. Häufig schrecken die Unternehmerfamilien aber davor zurück, und auch Belegschaften goutieren eine Realteilung nur selten.
Ein bekanntes Beispiel ist die bereits 20 Jahre zurückliegende Realteilung des Gebäckherstellers Bahlsen unter anderem in eine süße und eine salzige Fraktion. Auch beim Maschinenbauer Voith oder beim Medienhaus Burda gab es solche Teilungen.
Kleine Zeichen einer vorsichtigen Annäherung
Tom Rüsen, Direktor des Wittener Instituts für Familienunternehmen, will sich zum Fall Oetker nicht direkt äußern. Er erklärt, dass Realteilungen immer dann eine sinnvolle Alternative darstellten, „wenn sich Gesellschaftergruppen trennen möchten und ein wechselseitiger Herauskauf nicht möglich ist“. Und er fügt an: „Diese Form der Trennung als Gesellschafterfamilie ermöglicht es den Parteien, weiterhin unternehmerisch tätig zu sein, ohne als Familie zusammenbleiben zu müssen.“
Seitdem August Oetker den Beiratsvorsitz abgegeben hat, seien kleine Schritte zu einer Lösung der Oetker-Probleme zu erkennen, erklären mit der Situation Vertraute. Mit Louis Schweizer, dem 51-jährigen Sohn der Tochter aus erster Ehe von Rudolf August, habe sich ein Fenster geöffnet, um überhaupt wieder diskutieren zu können.
Die Kreise skizzieren die kleinen Schritte an einem Beispiel: Die jüngsten drei der acht Geschwister hatten in einer Beiratssitzung gegen die Wahl von Anna Maria Braun, der neuen Vorstandschefin des Medizintechnikherstellers B. Braun, als Beiratsmitglied votiert, heißt es. Der damalige Beiratschef August Oetker habe dieses Votum ignoriert. Daraufhin legten die drei Geschwister Feststellungsklage beim Bielefelder Landgericht ein.
Mit der Klage demonstrierten die jüngeren drei Geschwister, dass sie nicht einfach so übergangen werden wollten. Danach ruhte die Klage aber bald, und das Amt von Anna Maria Braun wurde im Beirat nicht ausgeübt. Das wird als ein weiteres Zeichen beider Parteien unter den Oetker-Kindern dafür gedeutet, dass der Streit nicht andauern soll.
Für den Weg zu einer Realteilung spricht, dass bislang auch kein anderes schlüssiges Konzept auf dem Tisch liegt. Unklar bleibt auch, so heißt es in den Kreisen, wie „lange dieser Prozess dauert“. Wenn aus der stimmungsmäßigen Annäherung in einer gewissen Zeit nicht auch eine sachliche Annäherung folgt, dann werde eine Realteilung wahrscheinlicher, heißt es.
Mehr: Der neue Oetker-Chef Albert Christmann stellt den Konzern neu auf. Was er vorhat, lesen Sie hier.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.