Felix Bonnert Der neue Lieferdienst Holy Bowly passt sein Geschäftsmodell über Nacht der Krise an

Der Chef des Essenslieferdienstes Holy Bowly musste wegen Corona sein Geschäftsmodell über Nacht umbauen.
München Sein Geschäft lief gerade so an, als sich das Coronavirus in Deutschland massenhaft ausbreitete. Felix Bonnert musste das ganze Konzept quasi über Nacht umstellen. „Zuerst dachten wir alle, dass die Krise für uns das Aus bedeutet“, sagt der Chef des Essens-Lieferdienstes Holy Bowly. Von einem Tag auf den anderen hätte das Start-up praktisch alle Bestellungen verloren, da Firmen ihre Mitarbeiter ins Homeoffice schickten.
Denn Bonnert war zu Jahresbeginn angetreten, Mittagessen an Unternehmen zu liefern. Das aber mit einem ganz besonderen Anspruch: „Wir sind weltweit der erste verpackungsfreie Lieferdienst“, behauptet der Unternehmer.
Der Name des Angebots ist ungewöhnlich: Holy Bowly, was so viel wie heilige Schüsseln heißt. „Wir gehen ein wenig ironisch an das Thema heran“, erklärt Bonnert. Das Angebot solle zwar ökologisch korrekt sein, aber nicht verbissen.
Bis zu den Ausgangsbeschränkungen fuhren die Kuriere des 32-Jährigen pflanzliche Gerichte in Lastenrädern aus, die Mahlzeiten kamen in Mehrwegbehältnissen zu den Kunden. Dabei wollte Bonnert lediglich Firmen bedienen, jedoch keine Haushalte.
Mehrere Wochen lang klapperten seine Fahrradboten zur Mittagszeit fixe Routen von Unternehmen ab. Die Mitarbeiter konnten bis halb elf online aus einer Auswahl von Restaurants bestellen und wurden informiert, als ihr Lunch am Empfang bereit stand.
Start in Berlin und Regensburg
Seit ein paar Tagen ist alles anders. Denn nun fahren die Radkuriere die Wohnungen der Mitarbeiter ab, anders geht es nicht. Dafür berechnet Bonnert 2,90 Euro pro Lieferung. Geld, das komplett den Fahrern zugute komme. Innerhalb kürzester Zeit waren schon fast 300 Kunden mit dabei, die Hälfte davon auf ohnehin bestehenden Touren.
In Berlin ist Holy Bowly jüngst gestartet und auch in Regensburg. Dass der Dienstleister gerade in der Oberpfalz tätig ist, hat seinen Grund: Holy Bowly geht aus der Grünzeug GmbH hervor, einem Start-up aus der Uni-Stadt. Die kleine Firma gibt die Reisführer „Vanilla Bean“ heraus. Ursprünglich hieß der Essenslieferdienst denn auch „Vanilla Lunch“.
In Berlin steuerte Holy Bowly zuletzt fast zwei Dutzend Ablieferorte an, in Regensburg ein Dutzend. Die Kunden waren offenbar sehr zufrieden. „Ich habe den Service in meine wöchentliche Lunch-Routine integriert und finde es toll, wie einfach alles funktioniert“, sagt Evan Swisher, sogenannter Community Lead beim Bürovermieter WeWork in Berlin. „Zu wissen, dass es nicht nur gut für mich, sondern auch gut für die Umwelt ist, ist ein großer Bonus.“
Bonnert ist seit Juli des vergangenen Jahres dabei, er war früher bei einem großen Konsumgüterhersteller und verbrachte mehrere Jahre in Schanghai. Der Betriebswirt löste als CEO den Gründer Fabian Kreipl ab, der sich nun um die Produktentwicklung kümmert.
Neun Mitarbeiter
In Asien sei ihm beim Tauchen aufgefallen, wie viel Plastik in den Meeren treibe, mitunter genau dieselben Verpackungen, die er selbst verkaufte. Daher sei es ihm heute besonders wichtig, Müll zu vermeiden. „Ich will Teil der Lösung sein, nicht des Problems.“ Neun Mitarbeiter beschäftigt Holy Bowly, das sich über Crowdfunding und Risikokapitalgeber finanziert.
Der bekannteste Konkurrent hierzulande ist wohl Lieferando, eine Marke des niederländischen Konzerns Takeaway. Dann ist da noch Hellofresh, ein börsennotiertes Unternehmen, das Pakete verschickt, in denen die Kunden alles finden, was sie zum Kochen brauchen.
Und es entstehen in diesen Tagen auch regionale Konkurrenten. Support Your Local Gastro etwa ist eine Liefer-Initiative, um Gasthäuser zu unterstützen, die in diesen Tagen nicht öffnen dürfen. Sie setzt ebenfalls auf Mehrwegverpackung.
An seinen heiligen, umweltfreundlichen Schüsseln hält Bonnert trotz Corona eisern fest. In den beteiligten Gaststätten sei garantiert, dass sie bei mindestens 85 Grad gewaschen würden. „Vor allem jetzt, wo immer mehr Menschen online Lebensmittel und Essen bestellen, türmen sich die Müllberge“, meint der Unternehmer. Da sei Holy Bowly die richtige Alternative für eine nachhaltige Versorgung.
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