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Fusion der Verbände Jens Michow bleibt das Gesicht der deutschen Veranstaltungswirtschaft

Die Branche beendet ihre Spaltung in zwei Verbände. Der Netzwerker Jens Michow wird mit 68 Jahren auch nach der Fusion weiter präsidieren.
19.12.2018 - 15:24 Uhr Kommentieren
Er ist seit 30 Jahren das Gesicht der Veranstaltungswirtschaft. Ein „Allroundtalent“ der nicht nur den Verband leitet, sondern auch seine eigene Kanzlei. Quelle: Klaus Westermann
Jens Michow

Er ist seit 30 Jahren das Gesicht der Veranstaltungswirtschaft. Ein „Allroundtalent“ der nicht nur den Verband leitet, sondern auch seine eigene Kanzlei.

(Foto: Klaus Westermann)

Berlin Wer Jens Michow trifft, bekommt am Ende vier Visitenkarten in die Hand gedrückt, so viele Funktionen und Titel hat der Mann. Und dann noch den Hinweis, dass er am besten über seine private Mailadresse zu erreichen sei – die steht aber auf keiner Karte.

Jens Michow ist seit 30 Jahren das Gesicht der deutschen Veranstaltungswirtschaft. Er gründete das erste deutsche Independent-Label, war Veranstalter, betrieb eine Konzertagentur, vertritt mit seiner Anwaltskanzlei Künstler und Verbände. Er hat den Live Entertainment Award ins Leben gerufen, quasi den Oscar seiner Branche, und den Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft, dessen Präsident er seit 1985 ist.

Mit seinen 68 Jahren könnte sich Michow zur Ruhe setzen: 2015 hat er seine Agentur „Michow Concerts & Management“ verkauft – an Uwe Kanthak, den Manager von Helene Fischer. Michow könnte öfter Golf spielen, sich um seine Rosenzucht am Timmendorfer Strand kümmern, mehr Zeit mit den Enkeln verbringen. Doch es fällt dem Netzwerker schwer loszulassen.

Vor allem jetzt: Anfang des Jahres fusioniert sein Verband, der bdv, mit dem der deutschen Konzertdirektionen, bei dem die klassische Musik angesiedelt ist: Aus bdv und VDKD wird dann der BDKV – der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft. 500 Unternehmen der Veranstaltungswirtschaft wird er repräsentieren. Eine Branche, die jährlich 113,5 Millionen Tickets verkauft und rund fünf Milliarden Euro umsetzt.

Viele Mitglieder waren bislang in beiden Verbänden organisiert, beklagten doppelte Strukturen und Beiträge. 2009 noch scheiterte der erste Fusionsversuch. „Der Grund war wohl, dass beide Verbände vorrangig ihre eigene Identität konservieren wollten“, sagt Michow selbstkritisch.

Nun sind sich alle einig, auch über den Mann an der Spitze: Man habe ihn gebeten, den neuen Verband noch einmal drei Jahre zu führen, erklärt Michow. In der Zeit will er ihn „in ruhige Fahrwasser“ bringen und einen Nachfolger einarbeiten.

Seit der Schulzeit spielt der gebürtige Lübecker Gitarre, am liebsten Songs von David Buckingham. Zunächst studiert er Jura in Hamburg, bricht dann aber ab, gründet 1974 eine Künstleragentur. Unter seinen Kunden: Fats Domino und Gloria Gaynor. Michow hat Blut geleckt, wird mit 28 Jahren selbst Konzertveranstalter. Drei Jahre ist er erfolgreich, dann müssen Michow und sein Geschäftspartner Insolvenz anmelden. „Eine knappe Million Deutsche Mark“ habe er damals versenkt.

Michow bürgt für alles persönlich. „Das hat mich viele Jahre meines Lebens gekostet“, sagt er. Er sei stolz darauf, „alles bis auf den letzten Heller und Pfennig zurückgezahlt“ zu haben. 1984 nimmt er sein Studium wieder auf, ein Jahr später gründet er den Verband bdv, 1992 seine Hamburger Kanzlei.

Mit den Jahren wachsen die Aufgaben und das Netzwerk. Er könne auf ein „herausragendes Team“ zählen, das die Arbeit auch ohne ihn schaffen könne, sagt Michow. Alle seine Arbeitsbereiche seien mit Mitarbeitern besetzt, die den täglichen Arbeitsanfall auch ohne ihn bewältigen können.

In all den Jahren hat sich die Branche, in der Michow so gut wie jeden kennt, verändert. Künstler stellen ihre Songs oft kostenlos ins Netz, zum Geldverdienen gehen sie auf Tournee. „Das Veranstaltungsgeschäft ist insgesamt viel riskanter und komplexer geworden“, meint Michow.

Die Honorarforderungen seien gestiegen, aber auch die übrigen Kosten: für die Sicherheit der Besucher, das Personal, die Gema, die Künstlersozialabgabe, Steuern. Dazu kommt die Couch-Konkurrenz, Live-Events im Fernsehen oder Stream.

In der Musikszene gilt Michow als umstrittener Querkopf. Der „Professor“, wie viele ihn nur nennen – der Freistaat Bayern hat ihn 2013 zum Honorarprofessor ernannt – falle vor allem mit der Lautstärke auf, mit der er Forderungen durchsetzen will, meint ein Branchenkenner. „Er liebt die Verbandsarbeit“, sagt Stephan Thanscheidt, CEO bei der Hamburger Konzertproduktion FKP Scorpio, der mit Michow im bdv-Vorstand sitzt. Über Jahrzehnte habe Michow Tag und Nacht zur Verfügung gestanden, sagt Thanscheidt, „mit großer Passion, sehr viel Energie und dem Herz am rechten Fleck“.

Die Branche vereint

Es scheint, als brauche Michow immer neue Aufgaben. Im letzten Juni etwa stand er am Rednerpult bei der „Agenda Musikwirtschaft“, einer Konferenz des Berliner „Tagesspiegels“, und sprach leidenschaftlich über die Künstlersozialkasse. Das Format hat Jens Michow selbst initiiert. 15 Verbände habe er zusammengebracht, erzählt er stolz. Ein Novum in der eher zerstrittenen Branche.

Auch im neuen Verband will er weiter um die Rechte und die Vergütung von Künstlern kämpfen. Ende 2021 soll Schluss sein. Dann will sich Michow zurückziehen – zumindest „aus der ersten Linie der Verbandsarbeit“. Seine Kanzlei betrachtet er ohnehin nicht als Arbeit: „Sie ist eine Leidenschaft.“ Ein richtiger Abschied klingt anders.

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