Gabelstaplerhersteller Jungheinrich kommt gut durch die Krise – Aktienkurs steigt deutlich

Während es bei Jungheinrich nur wenig Kurzarbeit gegeben habe, hat das Unternehmen zum Jahresende eine Corona-Sonderprämie in Höhe von 13,5 Millionen Euro an die Mitarbeiter ausgezahlt.
Düsseldorf Der Umsatz des Intralogistik-Spezialisten Jungheinrich ist im Jahr 2020 um 6,5 Prozent auf 3,81 Milliarden Euro zurückgegangen. Im Vorjahr hatte das Unternehmen noch das Vier-Milliarden-Euro-Umsatzziel ein Jahr vor Plan erreicht. Der Auftragseingang sank 2020 um 8,5 Prozent auf 111.400 Stück. Der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) reduzierte sich um 17,1 Prozent auf 218 Millionen Euro.
Die Dividende, die im vorigen Jahr noch bei 48 Cent lag, solle in diesem Jahr für die Vorzugsaktien 43 Cent betragen. Die Eigentümer der Stammaktien, also die Familien Wolf und Lange, sollen wie immer zwei Cent weniger Dividende erhalten, schlug der Vorstand vor. Für das laufende Jahr 2021 rechne Jungheinrich mit positiven Entwicklungen bei Auftragseingang, Umsatz und Gewinn, teilte das Unternehmen mit.
Vor einem Jahr hatte das 1953 gegründete Familienunternehmen noch mit deutlich schlechteren Zahlen kalkuliert. Nun landete Jungheinrich aber im oberen Bereich der Prognose, die im Oktober angehoben worden war. Dennoch: Die Analysten hatten mehr erwartet. So hatten sie mit einem Cent mehr Dividende für die Vorzugsaktionäre gerechnet. Am Freitagmorgen war die Aktie bereits um sechs Prozent gestiegen. Bis Freitagmittag ging es dann noch weiter nach oben – aktuell notiert sie bei 38,52 Euro.
Vorstandschef Lars Brzoska sagte, man habe die Auswirkungen der Pandemie auf das Geschäft dank frühzeitig eingeleiteter Maßnahmen zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung begrenzen können. „Es ist dem herausragenden Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verdanken, dass wir im Jahr der größten medizinischen und wirtschaftlichen Krise seit dem Zweiten Weltkrieg gemeinsam ein solches Resultat erreichen konnten“, sagte er.
Das Unternehmen legt seit jeher viel Wert auf finanzielle Solidität. So konnte der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit von 345 Millionen Euro im Jahr 2019 auf 551 Millionen Euro im abgelaufenen Jahr gesteigert werden. Aus der Nettoverschuldung im Jahr 2019 von 172 Millionen Euro wurde im Jahr 2020 ein Nettoguthaben von 194 Millionen Euro.
Man wolle jederzeit in der Lage sein, „die erforderlichen strategischen Maßnahmen umzusetzen, und die finanzielle Unabhängigkeit des Konzerns gewährleisten“, erklärte Finanzvorstand Volker Hues. „Es war richtig, voll auf Liquidität zu setzen, auch wenn wir weniger investiert haben und die Mietflotte zurückgefahren haben. Wir können jetzt auf solider Basis Transaktionen aus eigener Kraft stemmen“, sagte Hues.
Jungheinrich macht den Großteil seines Umsatzes in Europa
Der größere Konkurrent Kion, wo Jungheinrich-Technikvorständin Sabine Neuß früher gearbeitet hat, hatte bei der KfW einen Kredit in Höhe von einer Milliarde Euro in Anspruch genommen, der nun mithilfe einer Kapitalerhöhung zurückgezahlt werden soll. Zum Vergleich: Kion hat 2020 ein Umsatzminus von 5,3 Prozent auf 8,3 Milliarden Euro verzeichnet. Das Konzernergebnis des Konkurrenten liegt bei 210,9 Millionen Euro. Kion will eine Dividende von 0,41 Euro zahlen.
Während es bei Jungheinrich nur wenig Kurzarbeit gegeben habe, habe das Unternehmen keine weiteren staatlichen Hilfen hierzulande in Anspruch genommen und zum Jahresende eine Corona-Sonderprämie in Höhe von 13,5 Millionen Euro an die Mitarbeiter ausgezahlt.
Jungheinrich rechnet mit einem weltweiten Wachstum im Markt im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich. Im europäischen Markt werde das Wachstum etwas geringer ausfallen. Als Konzernumsatz peilt Jungheinrich 3,9 bis 4,1 Milliarden Euro für 2021 an, das Ebit sollte zwischen 260 und 310 Millionen Euro liegen. Die Ebit-Rendite erwartet der Vorstand in einem Korridor zwischen 6,7 und 7,6 Prozent.
In Anbetracht der positiven Marktentwicklung in den zurückliegenden Monaten und angesichts der Wachstumserwartungen des IWF für die Weltkonjunktur im laufenden Jahr von 5,5 Prozent geht Jungheinrich davon aus, dass der weltweite Markt für Flurförderzeuge im Jahr 2021 im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich wachsen wird. Für den Kernmarkt Europa wird ein Anstieg des Marktvolumens im mittleren einstelligen Prozentbereich erwartet.
Jungheinrich erwirtschaftet nur 13 Prozent seines Umsatzes außerhalb Europas. Als wachstumsstärkster Markt hat sich für die Branche China herauskristallisiert. Jungheinrich will künftig auch strategisch wachsen und legt laut der aktuellen Strategie „auf China und Nordamerika einen großen Fokus“, sagte Brzoska im Gespräch mit dem Handelsblatt.
Welche Herausforderungen vor Jungheinrich stehen:
1. Lieferanten und Lieferketten
Die Blockade des Suezkanals treibt den Firmenchef weniger um als andere: „Unsere Risiken bestehen vor allem darin, dass Lieferanten insolvent gehen könnten oder wegen eines akuten Corona-Ausbruchs ihre Fabriken schließen müssen. Außerdem sind Elektronikbauteile, allen voran Chips, nach wie vor knapp. Das beschäftigt uns mehr als der Stopp im Suezkanal“, sagte Brzoska.
Dass Lieferanten aber auch tatsächlich gerettet werden müssen, hat Jungheinrich auch schon erlebt: Ende Februar hatte das Unternehmen gemeinsam mit dem Konkurrenten Kion den Stahlhersteller Hoesch Schwerter Profile in einem Joint Venture übernommen. Das liege nicht im strategischen Fokus, sei aber notwendig geworden, weil es nur noch zwei Anbieter in dem Bereich gebe, erklärte Jungheinrich-Finanzvorstand Volker Hues.
2. Batterie-Beschaffung
Während Jungheinrich die Batterie-Managementsysteme selbst baut, bezieht das Unternehmen seit Langem die Batteriezellen aus Asien und wird das auch künftig erst einmal so handhaben, sagte Vorstandschef Brzoska. „Wir haben zwei asiatische Lieferanten, wo einzelne Produktionslinien für uns laufen.“ Dass jetzt deutsche Autobauer und andere Unternehmen planen, eigene Batteriezellen in Europa zu produzieren, sieht er aber als einen wichtigen Schritt. „Zentral für uns wäre, dass diese dann sowohl mit hoher Qualität und Leistungsfähigkeit als auch mit wettbewerbsfähigen Preisen punkten.“ Man müsse aber gleichzeitig wissen, dass man solche Fabriken nicht mal eben so aufbaut. „Da hat Europa den Trend bisher verschlafen.“
3. Aktienkurs
Von den Analysten raten sechs bei der Aktie zum Kauf, sieben zum Halten und zwei zum Verkauf. Im Laufe des Corona-Jahres 2020 hat der Kurs der Aktie stark geschwankt. Zwar hatte Vorstandschef Brzoska bereits im September 2019 in den Krisenmodus geschaltet und Ende 2019 eine Gewinnwarnung herausgegeben, für die das Unternehmen auch etwas abgestraft wurde. Den Tiefpunkt von 12,05 Euro erreichte die Aktie vor einem Jahr. Insgesamt stieg die Aktie im Jahresverlauf aber um rund 70 Prozent.
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