Gips-Millionär Carlo Knauf Missbrauchte Bürgschaften? Anlegerskandal um Viertligist Wacker Nordhausen

Der Verein ist in Nöten.
Berlin Im Februar 2016 bliesen die Traditionsfußballer des FSV Wacker Nordhausen zum Angriff. Die dritte Liga sei das große Ziel, das Stadion solle dafür modernisiert werden. Ein besonderer Sponsor sollte Träume erreichbar machen: Der Gips- und Baustoffgigant Knauf aus dem unterfränkischen Iphofen.
Die Milliardenumsätze des Weltkonzerns ließen die Fußballer hoffen, frohlockte die „Thüringer Allgemeine“ damals: „Knauf wird Wacker in der dritten Liga unterstützen. Über Summen spricht niemand, doch es dürften keine Peanuts sein.”
Zwei Männer standen für diese Hoffnungen. Der umtriebige Vereinspräsident Nico Kleofas (46), der in Nordhausen ein Sicherheitsunternehmen führt. Und Carlo Knauf (52), den die Lokalpresse fälschlicherweise als „Chef des millionenschweren Weltkonzerns Knauf“ vorstellte.
Carlo Knauf ist ein Sohn des langjährigen Unternehmenschefs Nikolaus Knauf. Laut Handelsregister gehörten ihm bis 2016 rund 25 Millionen Euro der Kommanditanteile am Mutterunternehmen Gebr. Knauf KG. Dann schied er aus, zugleich trat die CK Familienstiftung mit gleicher Summe als Kommanditist ein.
Geschäftsführer oder Vorstand beim Konzern war Carlo Knauf hingegen nie. Rückblickend ist dieses kleine Missverständnis symptomatisch für die Katastrophe, die bald kommen sollte. Die großen Hoffnungen auf Spitzenfußball im Südharz machten viele Akteure in Nordhausen blind für Realitäten.
Der Aufstieg in die dritte Liga wurde mehrfach verpasst, wenn auch knapp. Heute ist die Spielbetriebsgesellschaft der ersten Mannschaft pleite. Sie meldete im Dezember Insolvenz an. In der Kasse sollen bis zu zehn Millionen Euro fehlen, um die Gläubiger zu bedienen. Das ist eine gigantische Summe für die vierte Liga.
Reizvolle Konditionen
Die Verantwortung für die Krise hat Präsident Kleofas öffentlich übernommen. Ihm sei es als Geschäftsführer der Spielbetriebsgesellschaft nicht gelungen, ausreichend Sponsoren aufzutreiben. Trotzdem will Kleofas Präsident bleiben und den Verein zurück in die Erfolgsspur führen.
Nur kommen nun scheibchenweise neue Vorwürfe ans Licht. Und auf Kleofas und seinen Sponsor Knauf fallen plötzlich dunkle Schatten. Informationen des Handelsblatts zufolge haben mehrere Investoren vor der Insolvenz mit der Spielbetriebsgesellschaft kurzfristige Darlehen gegeben, für die Carlo Knauf die Bürgschaft übernahm.
Dann passierte Überraschendes: Erst blieb Wacker Nordhausen die Rückzahlung schuldig. Dann bestritt Carlo Knauf über seine Anwälte, die Bürgschaftsurkunden je unterzeichnet zu haben.
Eine Investorin ist Annie Loosen, die Geschäftsführerin eines gut gehenden Frankfurter Immobilienunternehmens. Sie sei über Spieler im Sommer auf den Verein aufmerksam gemacht worden. „Kleofas hat uns um Darlehen gebeten, weil er damit Eigenkapital generieren wollte, um wiederum Fördergelder vom Land Thüringen zu sichern“, sagt sie.
Die Konditionen waren reizvoll. 500.000 Euro in zwei Tranchen, acht Wochen Laufzeit, 23 Prozent Zinsen. Und das alles bei null Risiko. „Kleofas schickte uns die Bürgschaften von Herrn Knauf, da haben wir uns drauf verlassen.“ Im Juli war der Deal perfekt.
Im Oktober sei das böse Erwachen gefolgt. Statt Geld habe es von Kleofas nur Vertröstungen gegeben. Ein Versäumnisurteil des Landgerichts Mühlhausen kam im Januar zu spät, die Spielbetriebsgesellschaft war schon pleite. „Als wir die Bürgschaft gezogen haben, platzte die Bombe“, sagt Loosen. Knaufs Anwälte schrieben im Januar plötzlich: „Der Beklagte hat die Bürgschaftsurkunde nicht unterzeichnet.“
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