Kölnerinnen erfinden Desinfektionsgerät Gegen den Ekel

Schon als Schülerinnen gegründet.
Düsseldorf Es war 2010, die Schweinegrippe grassierte gerade in Deutschland, als sich die Schülerinnen Tanja Nickel und Katharina Obladen Gedanken über Rolltreppen machten. „Warum kann man die Handläufe nicht desinfizieren?“, dachten sich die damaligen Zwölftklässlerinnen der Kölner Liebfrauenschule.
Schließlich fassten viele hustende und niesende Menschen in Einkaufscentern, an Flughäfen und in Bahnhöfen an die Handläufe der Rolltreppen und verbreiteten ihre Viren so weiter. Und weil sie für einen Gründerwettbewerb eine Geschäftsidee entwickeln sollten, tüftelten die beiden mit Unterstützung eines Ingenieurbüros und Lampenherstellers an einem Keimabtöter. „Sieben von zehn Personen halten sich nicht fest. Fast immer, weil sie sich ekeln. Deshalb passieren gefährliche Unfälle“, beschreibt Nickel, heute 25, das Problem, das sie lösen wollen.
Heraus kam Escalite, ein sieben Kilo schweres Gerät, das unsichtbar in die Fahrtreppe verbaut wird und mit kurzwelligem UV-C-Licht Bakterien, Pilze oder Viren zu 99,99 Prozent abtötet. Das hat die TU München in Tests bestätigt. Die Methode wird auch zum Desinfizieren von OP-Besteck oder Wasser genutzt. Den Prototypen meldeten beide zum Patent an. „Das lag natürlich außerhalb unseres Taschengeldbudgets“, sagt Obladen, 26. „Aber unsere Eltern haben an uns und unsere Idee geglaubt.“
Von ihren potenziellen Kunden ernst genommen zu werden war anfangs schwierig, erzählen die beiden. Am Tisch saßen nur Männer: Ingenieure, Marketing-, Einkaufs- und Vertriebschef. „Und wir kamen in Elternbegleitung, weil wir ja noch nicht volljährig waren.“
Doch die Schülerinnen konnten überzeugen. „Jungs, warum seid ihr nicht auf die Idee gekommen?“, raunzte etwa ein Geschäftsführer seine Mannschaft anschließend an.
Nachdem Obladen ihr BWL-Studium und Nickel ihr Juraexamen abgeschlossen hatte, gründeten sie 2016 das Start-up UV-Innovative Solutions (Uvis). Kapital bekamen sie von der NRW-Bank und zwei Business Angels, insgesamt eine hohe sechsstellige Summe. Der Keimkiller ist jetzt serienreif. Ein Paar kostet einen niedrigen vierstelligen Betrag.
Nach etlichen Testreihen etwa mit den Kölner Verkehrsbetrieben sind beide nun in Gesprächen mit internationalen Fahrtreppenherstellern. Der Weltmarkt wird dominiert von Thyssen-Krupp, Schindler, Otis und Kone.
Michael Geyßel, Chef des gleichnamigen Fahrtreppenbauers aus Köln, hat die beiden von Anfang an unterstützt: „Die Idee von Escalite ist wirklich gut. Die Gründerinnen haben Biss.“ Als Problem sieht er jedoch, wie die Leute merken sollen, dass der Handlauf keimfrei ist. „Die richtige Vermarktung ist der Knackpunkt“, meint Geyßel.
Erste Konkurrenz droht aus Korea. Dort bringen LG Innotek und Clearwin gerade ein ähnliches Produkt heraus. Das ist jedoch vorne an der Rolltreppe angebracht. Gefährlich, finden die Uvis-Gründerinnen: „Kommt etwa ein Kinderwagen gegen das Plastikgehäuse, kann schnell schädliche Strahlung entweichen.“
Die Kölnerinnen hoffen nun auf einen baldigen Markteinstieg. In Deutschland gibt es rund 35000 Rolltreppen, so eine Studie des IMU-Instituts. Derzeit läuft ein Projekt mit einer Kaufhauskette und eines mit einem großen Fahrtreppenbauer im Ausland. Die nächste Grippeepidemie kommt bestimmt.
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