Motoröl-Hersteller Liqui-Moly-Geschäftsführer Prost hört nach 30 Jahren auf

Geschäftsführer Ernst Prost von Liqui Moly tritt nach 30 Jahren ab.
Stuttgart Ernst Prost gehört wie Wolfgang Grupp von Trigema zu den eigenwilligen Unternehmern, die bei der Werbung selbst in die Bütt gehen und ihre Produkte anpreisen. Deshalb sind ihre Gesichter einer breiten Öffentlichkeit bekannter als sonst bei schwäbischen Mittelständlern, für die häufig die eiserne Regel gilt: „Net schwätze, schaffe.“
Jetzt kündigt der langjährige Geschäftsführer Ernst Prost für Anfang 2022, kurz nach seinem 65. Geburtstag, seinen Rückzug an. Das kündigte Prost in einem Schreiben an die Belegschaft an, das Liqui Moly verbreitete. Immer um diese Zeit bekommen die knapp 1000 Mitarbeiter der Firma für Additive und Schmieröle eine Prämie ausgezahlt.
In guten Jahren fiel sie auch schon mal fünfstellig aus. Ob es eine besondere Abschiedsprämie gibt, ist noch offen. Der Rückzug kommt aber nicht wirklich überraschend. Prost war mehr als 30 Jahre bei Liqui Moly und fast 20 Jahre lang Inhaber des Unternehmens. Vor vier Jahren verkaufte er seine Anteile an den Werkzeug-Handelskonzern Würth. Prost dürfte ein Vermögen von mehreren Hundert Millionen Euro besitzen.
Der gelernte Kfz-Mechaniker hatte Liqui Moly 1998 von seinem damaligen Arbeitgeber übernommen und zu einem erfolgreichen Unternehmen entwickelt mit zuletzt über 600 Millionen Euro Umsatz. Dass Würth währenddessen eine 30-prozentige stille Beteiligung hielt, verschwieg der Aufsteiger lange.
Umso größer war die Überraschung, als Prost Liqui Moly Ende 2017 vollends an Würth veräußerte, gleichzeitig aber an der Spitze seiner bisherigen Firma blieb. Sein sieben Jahre jüngerer Mitgeschäftsführer Günter Hiermaier soll das Unternehmen nach seinem Abschied weiterführen, erklärte Prost in dem Schreiben. „Bis dahin knüppeln wir natürlich gemeinsam noch volle Kanne weiter.“ Prost hat seine eigene Sprache. Er ist ein meinungsstarker Unternehmer, der in der Öffentlichkeit gerne mit polarisierenden Äußerungen auffällt.
Dann ruft der Schmierstoff-Unternehmer nach einer Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko zum Boykott gegen BP auf und sagt 2010 im Interview Sätze wie diese: „Als ich gesehen habe, dass der BP-Chef mitten in der von seinem Unternehmen angerichteten gigantischen Umweltkatastrophe zum Segeln geht, war für mich der Ofen aus. BP hat keinen Respekt vor Mensch, Natur und gesellschaftlichen Werten. Das geht denen am Arsch vorbei. Für BP-Manager ist offensichtlich nur der eingebrochene Aktienkurs eine Katastrophe.“
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Aufmerksamkeit war gewiss
Der Boykott entspringe seiner Überzeugung, er wolle ein Zeichen gegen Verantwortungslosigkeit und Umweltzerstörung setzen. Er kaufte nicht mehr bei BP ein und ließ seinen Außendienst nicht mehr bei Aral tanken. Wie lange der Boykott tatsächlich dauerte, ist nicht bekannt. Aber die Aufmerksamkeit war dem Mittelständler gewiss.
Ernst Prost sieht sich als rechtschaffenen Unternehmer mit Herz für die Mitarbeiter und geißelt Investmentbanker gern als Finanzgangster. Er gibt gerne den Schaffer und Anpacker und bevorzugt lockere Kleidung, wenn er im Freizeithemd mit Blumenmuster, mit rotem Pulli und derbem Beinkleid an seinem Schreibtisch sitzt.
Diplomatische Umschreibungen oder PR-Sprech sind Ernst Prost fremd, wenn ihm etwas gegen den Strich geht. Eine Sache regte in der Coronakrise im April 2020 den Chef von Liqui Moly besonders auf: „Obszön" und „pervers" fand er andere Unternehmensleiter, die Kurzarbeit anmelden und zugleich an ihren geplanten Dividendenausschüttungen festhalten.
Gewinne des letzten Jahres an Aktionäre auszuzahlen und zugleich Steuergelder kassieren zu wollen: „Das ist eine absolute Unmöglichkeit", wetterte Prost. „Natürlich sollten sich Manager politisch positionieren", findet Prost noch heute. Er ist mit dieser Einstellung nicht allein: 88 Prozent der befragten deutschen Manager in einer Studie des gemeinnützigen Vereins United Europe und der European School of Management and Technology (ESMT) waren vor wenigen Monaten der gleichen Meinung.
Political Correctness interessiert Prost allerdings wenig, wenn es ums Ankurbeln des Geschäfts geht. Da lässt er schon mal für den alljährlichen Kalender kaum bekleidete Models in den Gemächern seines Schlosses ablichten. Ansonsten hat Prost bei Liqui Moly eine besondere Unternehmenskultur etabliert, bei der die Mitarbeiter als „Mitunternehmer“ angesehen werden.
In seinem Brief schreibt der Noch-Geschäftsführer: „Bleiben Sie Unternehmer. Mitunternehmer.“ Und weiter: „Schaffen Sie Missstände ab, und leisten Sie starke Beiträge, um das Unternehmen nach vorne zu bringen. Ganz ohne Theater und viel Lärm um nichts, dafür zielgerichtet und ergebnisorientiert.“
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Oele werden in Zukunft eher ge-brauch-t als verb-rauch-t - also einfach verbrannt. Wer sagt, dass es fossiler Herkunft sein muss?
Ich benutze immer wieder Produkte von Liqui-Moly, mit sehr guten Erfahrungen, im Bereich Oldtimer/alte Nutzfahrzeuge usw. Bei techn. Rückfragen immer innerhalb kürzester Zeit eine qualifizierte Antwort.
Mich würde mal interessieren, welche neuen Geschäftsfelder die erschließen, um die irgendwann wegbrechenden im Bereich Motoröle usw. zu kompensieren.