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Nahrungsmittel Yamo gegen Hipp: Wie ein Babybrei-Start-up dem Marktführer trotzt

Das Familienunternehmen hat sich mit allen Mitteln gegen die Schweizer Konkurrenz gewehrt. Doch Yamo hat sich durchgesetzt und expandiert europaweit.
24.04.2021 - 11:58 Uhr Kommentieren
Die Babynahrung wird nicht erhitzt und bleibt gekühlt. Hipp hatte gegen das Verfahren geklagt. Quelle: obs
Yamo-Produkte

Die Babynahrung wird nicht erhitzt und bleibt gekühlt. Hipp hatte gegen das Verfahren geklagt.

(Foto: obs)

Zürich, Düsseldorf Ein Start-up will wachsen – eine Selbstverständlichkeit eigentlich. Für den Schweizer Tobias Gunzenhauser und sein junges Unternehmen Yamo hat sich die Expansion zuletzt schwierig gestaltet. Der Babynahrungshersteller ist beim Markteintritt in Deutschland vor wenigen Jahren ins Visier des Konkurrenten Hipp geraten.

Und erst jetzt kann Yamo den Streit so weit hinter sich lassen, dass der Expansionskurs wieder ganz oben auf der Agenda steht. „Wir wollen unsere Marke in ganz Europa aufbauen“, sagt CEO Gunzenhauser. Mit seinen Co-Gründern José Amado-Blanco und Luca Michas plant er zunächst den Markteintritt in Spanien.

Yamo, in Deutschland bekannt für Biobabybrei aus dem Kühlregal, will in Südeuropa mit einem Joghurt aus Hafermilch für Kinder punkten. Die Rückmeldungen der Einkäufer der großen Supermarktketten seien vielversprechend, sagte Gunzenhauser dem Handelsblatt: „Wir hören: ‚Das ist genau das, was die Eltern suchen.‘“

In Deutschland hatten die drei Schweizer Unternehmer mit Widerständen zu kämpfen. Der für seinen Babybrei in Einmachgläsern bekannte Marktführer Hipp ging zunächst erfolgreich gegen als unlauter bezeichnete Werbesprüche Yamos vor.

Dann landete auch das Produktionsverfahren des Schweizer Herausforderers vor Gericht. Nachdem die Klage von Hipp abgewiesen wurde und auch die Widerspruchsfrist verstrichen ist, forciert Yamo nun die Expansion. Und forderte das Familienunternehmen jüngst in einem offenen Brief zu gemeinsamem Fair Play auf.

Harte Bandagen

Der Streit zeigt, wie hart in der deutschen Lebensmittelindustrie um Marktanteile gekämpft wird. Aber er zeigt auch, wie aggressives Marketing jungen Unternehmen auf die Füße fallen kann. Und wie schwer sich manches Familienunternehmen mit Gründer-Konkurrenz tut.

In Deutschland füttern Eltern seit Generationen Kinder mit dem Hipp-Brei, die gespülten Gläschen finden sich oft noch Jahre später in deutschen Küchenschränken wieder. Das Herstellungsverfahren hat sich kaum verändert: Hipp pasteurisiert seine Gemüsebreisorten, macht sie durch kurzes Erhitzen haltbar.

Die Yamo-Gründer können sich wieder aufs Geschäft konzentrieren. Quelle: PR
José Amado-Blanco, Tobias Gunzenhauser, Luca Michas (l.n.r)

Die Yamo-Gründer können sich wieder aufs Geschäft konzentrieren.

(Foto: PR)

Yamo, gegründet 2016, nutzt ein alternatives Verfahren: Statt durch Hitze werden die Gemüsebreie durch hohen Druck haltbar gemacht, zudem wird säuerliches Obst beigemischt. Yamo verkauft die Produkte im Kühlregal. Das Versprechen: So bleiben mehr Vitamine erhalten. „Wir haben nach einem Weg gesucht, wie man Babynahrung besser machen kann“, sagt der für die Lebensmitteltechnik zuständige Co-Gründer Amado-Blanco.

Ihr Versprechen haben die Gründer mit markigen Sprüchen über soziale Medien verbreitet – und sich darin von den „herkömmlichen Herstellern“ abgegrenzt. Der fürs Marketing zuständige Gründer Michas sagt: „Wir haben 2018 nicht damit gerechnet, dass sich irgendwer für unsere Posts in sozialen Medien interessiert.“ Spätestens mit dem Marktstart in Deutschland interessierte sich die Konkurrenz sehr wohl für Yamos Auftritt in den sozialen Medien.

Hipp warf den Gründern „unlautere Vergleiche und unzutreffende Behauptungen zu bewährten und sicheren Babynahrungsprodukten“ vor. Yamo bekam in regelmäßigen Abständen Post von Anwälten. Für Michas bis heute unverständlich: „Ich frage mich, warum man das nicht mit einer E-Mail hätte klären können.“

Im Umfeld von Hipp spricht man von einem normalen Vorgehen. Die Werbeversprechen von Konkurrenten unter die Lupe zu nehmen sei in der Branche üblich. Auch Hipp kassierte schon mal eine höchstrichterliche Niederlage wegen unlauterer Werbung – im Streit mit Milupa.

Eindeutiges Urteil

Dass die Yamo-Gründer Unterlassungserklärungen abgaben und in ihren Werbeversprechen zurückhaltender wurden, konnte Hipp nicht besänftigen. 2019 erhob das Familienunternehmen Klage gegen Yamo, wegen des Hochdruck-Pasteurisationsverfahrens (HPP). Das sei neuartig und bedürfe einer EU-Zulassung.

Yamo nutze ein nicht zugelassenes, daher nicht sicheres Verfahren ausgerechnet zur Herstellung von Babynahrung, so der Vorwurf. „Das war existenziell“, sagt Gunzenhauser, auch wenn Technikchef Amado-Blanco ergänzt: „„Mir war klar, dass unsere Herstellung rechtlich und technisch sicher ist. Ich habe wegen der Klage keine einzige Nacht schlecht geschlafen.“

Entsprechend eindeutig fiel das Urteil des Landgerichts Hamburg aus: Das Verfahren sei nicht „neuartig“, könne daher ohne besondere Genehmigung in Europa angewandt werden. Zudem genüge es nicht, dass Hipp „die Sicherheit eines beklagten Lebensmittels in Zweifel zieht, ohne konkrete Umstände vorzutragen“.

Ein Hipp-Sprecher räumt ein: „Die Konservierung von Lebensmitteln mittels hohen Druckes, ist nicht neu“ – auch wenn das ein wichtiges Argument war, mit dem Hipp Yamo das Herstellungsverfahren untersagen wollte. Der Sprecher betont jedoch, trotz des Richterspruchs: „Das Verfahren erfüllt nicht unsere strengen Sicherheitsanforderungen.“

Yamo-Chef Gunzenhauser richtet den Blick nun wieder ausschließlich auf die eigenen Kunden. Der Babybrei sei das Kernprodukt. Doch er höre immer wieder von Kunden, ob sie nicht auch Produkte für ältere Kinder anbieten wollten. „Wir wollen die Marke mit den Kindern wachsen lassen.“

Daher sondieren die Gründer gerade den Markt. „Es gibt so Lebensmittel, die sich an Kinder richten, die von den Eltern aber nicht mehr geschätzt werden“, sagt Gunzenhauser. Welchen Markt die Gründer nach Babybrei und Fruchtjoghurt als Nächstes in den Blick nehmen, bleibt noch ihr Geheimnis.

Mehr: Stefan Hipp, Juniorchef des bekannten Babybreiherstellers, tritt in absehbarer Zeit das wirtschaftliche Erbe seines Vaters Claus an.

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