Neolexon Diese Gründerinnen haben Sprachtherapie digital interaktiv gemacht

Mona Späth (links) und Hanna Jakob: Ihre App ist bei mehr als 600 Logopäden im Einsatz.
Frankfurt Hanna Jakob und Mona Späth helfen Patienten, nach einem Schlaganfall wieder sprechen zu lernen. Und weil die beiden promovierten Sprachtherapeutinnen nicht länger nur mit Bildkärtchen arbeiten wollten, haben sie vor drei Jahren mit zwei Mitgründern das Start-up Neolexon aus der Taufe gehoben und eine App entwickelt.
Dank dieser können Patienten am Tablet anhand von Fotos und Videos Wörter und Bedeutungen neu erlernen. Die Programme sind individuell angepasst: Fußballfans lernen wieder „Tor“ und Trikot“ zu sprechen, Gartenfans das Wort „Rasenmäher“.
Für diese digitale Innovation wurden Neolexon vor zwei Jahren mit dem Health-i-Award von Handelsblatt und Techniker Krankenkasse ausgezeichnet. Und beim diesjährigen Award, der am Donnerstag in Berlin verliehen wird, können die Gründerinnen berichten, dass ihre App mittlerweile bei mehr als 600 Logopäden im Einsatz ist, einige Krankenkassen das Angebot erstatten und ihr Start-up mit insgesamt sieben festen Mitarbeitern profitabel ist. Wie viel Umsatz Neolexon erzielt, verraten sie allerdings nicht.
Ein Selbstläufer war diese Erfolgsgeschichte nicht. Hanna Jakob, 32, und Mona Späth, 30, sind zu vielen Tagungen von Logopäden gereist und haben ihr Programm vorgestellt. Und auch die Krankenkassen für eine Erstattung zu gewinnen war und ist zähe Überzeugungsarbeit.
Ein Großteil des Umsatzes kommt durch Selbstzahler: „Weil die Not der Patienten mit Sprachstörung nach einem Schlaganfall groß ist, sind sie hochmotiviert zu üben. Und es gibt eine große Bereitschaft, für unser Produkt zu zahlen“, sagt Hanna Jakob. Drei Monate Nutzung der App kosten 74 Euro, ein Jahr 189 Euro.
In der Praxis bekommen Schlaganfallpatienten übrigens meist viel weniger Sprachtherapie verordnet, als sie für eine effektive Therapie eigentlich bräuchten. Mit der Neolexon-App, die als Medizinprodukt zertifiziert ist, können sie selbstständig üben, und der Logopäde kann die Therapiefortschritte nachverfolgen.
App für Kinder
Seit April dieses Jahres hat Neolexon ein neues Produkt auf dem Markt: die Neolino-App für Kinder im Vor- und Grundschulalter, die wegen einer Aussprachestörung wie beispielsweise Lispeln in logopädischer Behandlung sind.
Gemeinsam mit den Mitgründern und Informatikern Jakob Pfab, 29, und Swaroop Nunna, 32, wurde ein sehr spielerisches Eigentraining entwickelt, das auf vielseitige Belohnung setzt. Die Techniker war die erste gesetzliche Krankenkasse, die diese App erstattete, mittlerweile sind andere gefolgt.
Dagmar Karrasch, Präsidentin des Bundesverbandes für Logopädie, lobt bei den Neolexon-Gründerinnen den hohen wissenschaftlichen Anspruch bei gleichzeitiger Anwenderorientierung, beziehungsweise Praxisnähe. „Für mich sind sie ein Beispiel für die Innovationskraft in der Logopädie als angewandte Wissenschaft“, sagt sie.
In der vergangenen Woche siegte Neolexon neben anderen Start-ups beim Wettbewerb Healthy Hub verschiedener gesetzlicher Krankenkassen. Das dürfte beim Thema Erstattung helfen.
Vor allem aber hoffen die Gründerinnen darauf, dass mit dem „Digitale Versorgung Gesetz“ die digitale Sprachtherapie künftig von allen gesetzlichen Kassen erstattet wird. „Das würde unsere Arbeit wirklich erleichtern“, sagt Hanna Jakob.
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