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Neuer Verbandschef Reinhold von Eben-Worlée Stiller Diplomat für Deutschlands Familienunternehmen

Ab sofort ist Reinhold von Eben-Worlée Deutschlands oberster Familienunternehmer. Der Nachfolger von Lutz Goebel ist ein Unbekannter. Um im Politikbetrieb gehört zu werden, muss er sich nun erst einmal profilieren.
19.05.2017 - 06:08 Uhr Kommentieren
Ohne Gegenkandidat. Quelle: Christian O. Bruch/laif
Reinhold von Eben-Worlée

Ohne Gegenkandidat.

(Foto: Christian O. Bruch/laif)

Berlin Sein Name geht vielen Unternehmern an diesem Tag noch nicht so leicht über die Lippen: Reinhold von Eben-Worlée. Hier, in den Bolle Festsälen in Berlin Alt-Moabit, soll ebenjener Mann zum obersten Familienunternehmer der Republik gewählt werden.
Zugesagt, das Präsidentenamt des Verbandes der Familienunternehmer zu übernehmen, hatte der sportliche Hanseat schon vor einem Jahr. Darum gerissen haben soll sich aber keiner, erzählt ein Insider. Denn der Posten bringt nicht nur viel Öffentlichkeit für das Unternehmen – sondern auch für die Familie. Viele Firmeninhaber mögen das nicht. Kein Wunder, dass von Eben-Worlée keinen Gegenkandidaten hat, wenn er am Freitagmittag zur Wahl steht.

Mit seinem Vorgänger Lutz Goebel teilt der 60-Jährige ein Schicksal: Beide führen ein weithin unbekanntes Unternehmen. Der nach sechs Jahren nun turnusgemäß abzulösende Goebel steht an der Spitze von Henkelhausen in Krefeld. Seine Firma, die in diesem Jahr rund 50 Millionen Euro umsetzen will, liefert Dieselmotoren und Notstromaggregate an die Industrie. Der Passagier auf dem Kreuzfahrtschiff weiß nicht, dass der Motor von Henkelhausen kommt.

Auch mit dem Namen Worlée verbindet selbst im Verband kaum jemand etwas Konkretes. Dabei finden sich in vielen Tütensuppen Pilze, Zwiebeln und Gewürze der 1851 gegründeten Hamburger Firma mit heute rund 600 Mitarbeitern. Auch Gewürzmühlen, Teefirmen, Müsli- und Riegelhersteller beliefert der Unternehmer mit Früchtetees und Gemüse, Kräutern und Nüssen. Und selbst wer Lackfarben kauft, weiß nicht, dass in vielen Eimern Bindemittel von Worlée verrührt wurden. Ein Vorteil, wie der Unternehmer findet: „Der Verbraucher kann dann, wenn ich dann doch einmal unbeliebte Themen anspreche, nicht sagen, ich kaufe keine Tütensuppen oder keine Farbe mehr.“

Wer im Berliner Politikbetrieb durchdringen will, muss aber erst einmal bekannt werden, sich Respekt verschaffen. Sonst dringen die Botschaften – weniger Bürokratie und Fachkräftemangel, dafür mehr unternehmerische Freiheit – nicht durch.
Das weiß auch sein Vorgänger Lutz Goebel. „Wir argumentieren nicht mehr nur rational, sondern viel häufiger emotional“, bilanziert er. Goebel machte in seiner Amtszeit den Verband bekannt, mit lauter Kritik. Das macht er auch zu Beginn der Tagung an diesem Donnerstag: Die Regierung habe nicht wirklich etwas für die Wirtschaft getan, sie habe die Zukunft Deutschlands eher verbaut, erklärt er.

Goebel musste sich nicht verbiegen

Er kennt das Spielchen, stritt sich öffentlich mit dem Grünen Cem Özdemir und sagt später über ihn, er sei ein sympathischer Mensch. Goebel habe sich bei alledem nicht verbogen, sagt er rückblickend. In Zeiten, in denen die Umweltverbände zeigen, wie Kampagnen funktionieren, muss man durchdringen. Auch in den sozialen Medien.

Als seinen größten Erfolg verbucht Goebel seine Kampagne gegen die Vermögensteuer vor der vergangenen Bundestagswahl. Und dass sich in seiner Amtszeit die Zahl der Mitglieder um 43 Prozent auf 6.000 erhöht habe. Weniger gern erinnert er sich an die Gesetze von Andrea Nahles zur Rente mit 63 und der Mütterrente. „Sie werden den Unternehmen langfristig schaden“, behauptet er.

Aufregen kann sich Goebel auch darüber, dass den Mittelständlern immer unterstellt würde, sie könnten nicht selbst den Weg in die Digitalisierung finden. Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries, die am Nachmittag zum Verbandstag kam, müsse man regelrecht davon abhalten zu helfen. Goebel findet aber auch deutliche Worte für seine eigene Spezies: „Unternehmen, die behaupten, die Digitalisierung gehe sie nichts an, werden bald vom Markt verschwinden.“

Mit „RVE“, wie Reinhold von Eben-Worlée firmenintern heißt, wird der Verband möglicherweise etwas ruhiger auftreten. Bei Verbandsmitgliedern gilt er als zurückhaltender. Als Präsident will der Neue diplomatisch sein. Er glaubt an die Vernunft der Menschen, man könne über alles reden. Seine Motivation erklärt RVE mit der eigenen Firmengeschichte. Man lerne als Familienunternehmer von den Altvorderen: „Wenn es Unwägbarkeiten gab, dann kamen die in der Geschichte unseres Unternehmens immer aus der Politik.“

Mittlerweile setzt die Worlée-Gruppe 300 Millionen Euro um – ziemlich genau zur Hälfte mit beiden Firmenzweigen Lebensmittel und Chemie, zu Letzterem gehört auch die Kosmetiksparte. Da könne eine Branche auch mal schwächeln, sagt der Chef.
Von Eben-Worlée fuchst sich ein, schon damals, als er nach einer Ausbildung zum Industriekaufmann und einem Studium der Lebensmitteltechnologie 1984 ins Unternehmen einstieg. Einige Jahre später baute er ein eigenes Chemiewerk in Lauenburg, im an Auflagen starken Deutschland kein leichtes Unterfangen. Seit 1995 steht er an der Spitze der Gruppe.

Energie- und Steuerthemen im Fokus

Er hat vieles, was ein Familienunternehmer braucht. Doch in einem Punkt geht er deutlich weiter als andere. Seine getrockneten Lebensmittel sind zu 45 Prozent biozertifiziert, als einer der wenigen Mittelständler bringt er einen Nachhaltigkeitsbericht heraus, er gewann zahlreiche Umweltpreise. „Ich habe mal begriffen, dass man seine Bilanzen so sauber halten soll wie seine Umweltbilanz.“ Nach seiner Wahl will von Eben-Worlée sich vor allem um Energie und Steuerthemen kümmern. Sein Unternehmen zahlt rund eine Million pro Jahr für EEG-Umlage und Stromsteuer, ein Wettbewerbsnachteil, wie er findet.

Ganz besonders stolz ist er, weil sein Unternehmen einen Nagellack entwickelt hat, der auf Wasserbasis und ohne Lösungsmittel funktioniert. Zurzeit wird der Lack vor allem in Japan nachgefragt. Aber das wird sich ändern, ist der Vater dreier Töchter überzeugt. Die älteste Tochter hat den Lack auf Wasserbasis auch schon ausprobiert. Sie jobbt bereits im Unternehmen, bevor sie ihren Master in BWL macht. Auch die mittlere studiert BWL. Die Zukunft bei Worlée, das zu 85 Prozent dem Chef gehört, wird also weiblich sein. Auch das verbindet ihn mit Goebel, der hofft, dass die jüngere seiner beiden Töchter das Unternehmen eines Tages übernimmt.

Als Unternehmer müsse man sich kümmern, sagt der Hamburger von Eben-Worlée. „Wenn das keiner macht, dann landen wir in einem anderen Staats- und Wirtschaftssystem.“ Er kennt in jeder Partei Leute, die er mag – außer bei den Linken und der AfD. Beim Verband der Chemischen Industrie hat von Eben-Worlée als Schatzmeister „schon das höchste Amt für einen Mittelständler erreicht“, sagt er.

Nun also der Präsident der Familienunternehmer, die immer mehr Gesellschafter hervorbringen und von denen eine steigende Zahl das operative Geschäft lieber Fremdmanagern überlässt. Viel Zeit zum Vorstellen und Diskutieren wird von Eben-Worlée nicht bleiben. „Wir sind kampagnenfähig“, ruft er aus. „Ich kann auch auf die harte Tour, wenn es drauf ankommt.“

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