Prothesenhersteller Banken buhlen um den Milliarden-Börsengang von Ottobock

Der EQT-Konzern hält in Deutschland unter anderem Anteile des Healthcare-Unternehmens Ottobock.
Frankfurt Die Vorbereitungen für den Börsengang des Prothesenherstellers Ottobock gehen in die entscheidende Phase. In der vergangenen Woche hat das Management um den Mehrheitseigener Hans Georg Näder intensive Gespräche mit einer Reihe von internationalen Investmentbanken geführt, wie das Handelsblatt aus Finanzkreisen erfahren hat. Das Konsortium soll den Börsengang begleiten.
Die vor über 100 Jahren gegründete Firma Ottobock gehört zu den weltweit führenden Anbietern von Prothesen. Im kommenden Jahr will das Unternehmen aus Niedersachsen an die Börse gehen, auch um über den Kapitalmarkt besseren Zugang zu Finanzmitteln für die weitere Expansion zu erhalten. Laut Finanzkreisen ist die Transaktion für Anfang 2022 geplant.
Mit einer Bewertung von insgesamt rund fünf Milliarden Euro dürfte Ottobock einer der größten Börsengänge sein, die zurzeit in Europa vorbereitet werden. Entsprechend groß ist das Interesse der Banken, deren Entlohnung sich an der Größe der Transaktion bemisst. Neben der Familie Näder ist der skandinavische Finanzinvestor EQT an Ottobock mit 20 Prozent beteiligt. Nach Angaben aus informierten Kreisen könnten insgesamt bis zu 30 Prozent der Aktien angeboten werden.
Zu den Gesprächspartnern von Näder, Vorstandschef Philipp Schulte-Noelle und der designierten Finanzvorständin Kathrin Dahnke gehörten Vertreter unter anderem von JP Morgan, Deutscher Bank und Credit Suisse. Die Banken haben dem Vernehmen nach zumeist ihre erste Reihe geschickt. So nahm etwa aufseiten der Deutschen Bank Vorstandschef Christian Sewing an dem Gespräch mit den Ottobock-Managern teil.
Eine Entscheidung, mit welcher Bank die Niedersachsen die Transaktion in Angriff nehmen werden, ist bislang nicht gefallen. Dies dürfte aber in den kommenden Wochen geschehen, um den Gang auf das Börsenparkett Anfang kommenden Jahres wie geplant umzusetzen, hieß es in den Kreisen.
Ein Sprecher des Unternehmens lehnte einen Kommentar zu den Gesprächen mit den Banken ab „Wie Sie wissen, wollen wir ab 2022 börsenfähig sein. Daran arbeiten wir“, sagte er. Marktgerüchte kommentiere Ottobock aber grundsätzlich nicht.
Exoskelette für die Industrie
Das Umfeld für Börsengänge ist derzeit günstig, die Familie Näder und EQT wollten das Fenster daher nutzen. Die Inhaberfamilie des 1919 gegründeten Unternehmens hatte bereits im Jahr 2017 entsprechende Schritte in Richtung Kapitalmarkt unternommen. Die direkten Nachfahren von Firmengründer Otto Bock hatten sich dann aber entschieden, zunächst EQT an Bord zu holen. Ungewöhnlich ist eine solche Beteiligung nicht. Gerade bei Familienunternehmen erhalten künftige Anleger einen besseren Einblick in das Zahlenwerk, wenn sich ein auf solche Deals spezialisierter Finanzinvestor vorzeitig beteiligt.
Seit der Beteiligung von EQT hat sich die Firma gut entwickelt. So hat die Gesellschaft neben ihrem angestammten Geschäft mit Prothesen, Orthesen und Rollstühlen den Bereich Exoskelette erweitert. Diese werden zunehmend in der Industrie eingesetzt. Nach einem Börsengang will Ottobock sein organisches Wachstum durch Investitionen beschleunigen, aber auch Zukäufe in Angriff nehmen, wie es hieß.
Die Basis sei gut, hieß es in den Kreisen. So konnte Ottobock selbst im Krisenjahr 2020 seinen Umsatz von etwas über einer Milliarde Euro weiter erhöhen und operativ einen Gewinn schreiben.
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