Rohan Vos Rovos Rail – Mit dem Luxuszug durch Afrika

Der Gründer und Inhaber von Rovos Rail hofft, dass die Coronakrise sich nicht ausweitet.
Kapstadt Mit seinem dunkelblauen Maßanzug, dem akkurat gescheitelten weißen Haar und seinem gepflegten Englisch wirkt Rohan Vos auf den ersten Blick wie ein britischer Aristokrat. Zumal der 73-jährige Südafrikaner nebenher ein perfekter Gentleman ist: An diesem Montagmorgen ist der Gründer und Chef des Eisenbahnunternehmens Rovos Rail wie üblich in die Departure Lounge seines Unternehmens am Kapstädter Hauptbahnhof gekommen, um zwischen schweren Ledersesseln und Kronleuchtern die Reisenden per Handschlag persönlich zu verabschieden.
In knapp 50 Stunden soll der Luxuszug „Pride of Africa“ mit den mit Mahagoniholz getäfelten Abteilen und seinem urigen Salonwagen das 1.500 Kilometer entfernte Pretoria erreichen, wo Rovos einen eigenen Bahnhof hat. Doch bis es so weit ist, kann dieser Tage am Kap noch einiges passieren.
Seit mehr als 30 Jahren wirbt Vos damit, die luxuriösesten Züge der Welt zu betreiben. In Südafrika ist er mit seinen Reisen zur Legende geworden – und Rovos zu einer Marke, die viele Touristen im Land kennen. Auch im Ausland ist sein Name längst ein Begriff, etwa auf der Internationalen Tourismusmesse in Berlin, wo Vos sein Unternehmen seit Jahren persönlich vermarktet.
In diesem Jahr hat das das Virus verhindert, das nun auch seinem Unternehmen kräftig zusetzt. Wegen Corona darf die Hauptkundschaft aus Deutschland, den USA und Großbritannien nicht reisen. Wenn alle Züge leer seien, würden sie nicht mehr fahren, ließ das Unternehmen wissen.
Bislang war das größte Hindernis für seine Zugfahrten stets ein anderes gewesen: Ausgerechnet auf dem besonders belebten Stück zwischen der Wirtschaftsmetropole Johannesburg und der Hauptstadt Pretoria hat der Kabelklau zuletzt derartige Ausmaße angenommen, dass seine Züge oft gewaltige Umwege fahren müssen.
Auch heute muss aus diesem Grund stärker umdisponiert werden, weshalb Vos das Interview immer wieder für Anweisungen an sein Team unterbricht. Bei größeren Verspätungen schickt Rovos Busse an die jeweilige Haltestelle des Zuges, damit die betuchten Passagiere später ihre Flugzeuge erreichen.
Zurück zu Dieselloks
Der Klau ist derart eskaliert, dass der südafrikanische Transportriese Transnet, auf dessen Schienennetz auch Rovos Rail fährt, zuletzt jeden Monat im Schnitt die Fahrten von mehr als 150 Güterzügen streichen musste. Vieles deutet darauf hin, dass Verbrechersyndikate in den Diebstahl der Oberleitung verwickelt sind.
Selbst Drohnen und Sensoren, mit denen Menschen am Gleis geortet werden, haben daran nichts geändert. „Am besten wäre eine Rückkehr zum Altbewährten“, sagt Vos mit einem Schuss Sarkasmus. „Wir sollten die Signale wie früher durch Funkgeräte ersetzen. Und die Elektroloks durch Dieselloks, weil Letztere viel besser gegen die Kabeldiebstähle, aber auch die ständigen Stromausfälle am Kap gefeit sind.“
Ob Kabelklau, marode Schienen oder im Hauptgleis liegen gebliebene Züge – für Vos ist jede Fahrt eine Herausforderung. Zumal das ständige „up and down“ seine eigene Lebensgeschichte prägt: Seine erste Begegnung mit Zügen hatte er als Schüler auf den langen Fahrten von Delareyville, einem kleinen Ort im Nordwesten Südafrikas, in das prestigeträchtige Schulinternat Bishops im fernen Kapstadt.

Blick in Panoramawagen mit bequemen Ohrensesseln.
An ein Studium war wegen der vielen Geschwister dennoch nicht zu denken, auch wenn sein Vater Arzt war. In jüngeren Jahren verkaufte Vos zunächst Enzyklopädien und baute anschließend in dem kleinen Minenort Witbank östlich von Johannesburg eine Kette für Autoersatzteile auf.
Als eine der vielen Kohleminen vor Ort eine alte Dampflok ausrangierte, griff der Selfmademan spontan zu – und kaufte gleich noch ein paar alte Waggons dazu, die er alle liebevoll restaurierte. Doch statt in dem Zug Ausflüge mit der Familie zu unternehmen, wie dies eigentlich geplant war, bewarb er sich wegen der hohen Kosten um eine Lizenz zur Personenbeförderung. Mit Erfolg. Im April 1989 startete er mit vier zahlenden Passagieren seinen ersten Zug zwischen Johannesburg und der malerischen Berg- und Savannenlandschaft nahe dem Krüger-Nationalpark.
Fahrten fast bis zum Äquator
Heute reichen die Tentakel seines luxuriösen Bahnunternehmens fast bis zum Äquator: Mit seinen 18 Loks und rund 130 Waggons offeriert Rovos unterschiedlichste Fahrten, die oft in Kapstadt beginnen und im weitesten Fall über 6.000 Kilometer und 14 Tage bis in die tansanische Hauptstadt Daressalam führen. Andere Destinationen sind Namibia oder die Victoriafälle in Simbabwe – eine Route, die 1993 zum Rettungsanker für das damals finanziell stark gefährdete Unternehmen wurde.
Ein Durchbruch der besonderen Art war das Ende der Apartheid nur ein Jahr später: Plötzlich wurde das von Touristen zuvor gemiedene Südafrika zum begehrten Reiseziel. Dennoch schrammte Rovos noch zwei weitere Mal knapp am Konkurs vorbei – 2004 nach dem politischen Absturz von Simbabwe und 2009 nach der internationalen Finanzkrise.
Nun muss Vos mit Corona die nächste globale Herausforderung meistern. Anzeichen dafür, dass der Rovos-Gründer es nach über 30 Jahren ruhiger angehen lassen wolle, sucht man im Gespräch mit ihm denn auch vergeblich. Inzwischen sind neben Ehefrau Anthea seine drei Töchter im Unternehmen aktiv, während die Firma seines Sohns das Unternehmen mit Mineralwasser beliefert.
Auf der steten Suche nach immer neuen Abenteuern hat Vos im Juli 2019 die bislang wohl spektakulärste Reise seines Unternehmens aus der Taufe gehoben: Zwei Wochen lang fuhr damals ein Zug von Tansania am Indischen Ozean über den sambischen Kupfergürtel und den südlichen Kongo bis nach Angola an den Atlantik und durchquerte dabei Afrika von Ost nach West.

Rohan Vos mit Fahrgästen.
Die 3.000 Kilometer durch extrem unwirtliches Terrain und auf Schienen aus der Kolonialzeit dürfen als Pionierleistung erster Güte gelten. Zumal nie zuvor ein Personenzug über die eigentlich für den Kupferbergbau gedachte Route gerumpelt war. Obwohl China gerade erst die berühmte Benguela-Bahn durch Angola modernisiert hat, war der daran anschließende Streckenteil durch den Kongo fast völlig verrottet. „Oft wuchsen Büsche zwischen den Schienen, weil seit Jahren kein Zug vorbeigekommen war“, erinnert sich Vos an ein Abenteuer, dessen Vorbereitung vier Jahre dauerte.
Noch problematischer war der Mangel einer touristischen Infrastruktur. Inzwischen ist in dem kongolesischen Bergbauort Kolwezi immerhin ein passables Hotel entstanden – und selbst die Lokalregierung in der Region zeigt sich aufgeschlossen. Vos selbst ist voller Hoffnung, mit immer häufigeren Fahrten auch die Wirtschaft entlang der Bahnstrecke allmählich zu beleben. Irgendwann wolle Rovos die Ost-West-Durchquerung Afrikas vielleicht zwei- und dann sogar viermal im Jahr anbieten, um auf diese Weise dabei mitzuhelfen, den Kontinent endlich ins 21. Jahrhundert zu katapultieren.
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