Sendergruppe Max Conze räumt bei Pro Sieben Sat 1 auf – den Anlegern reicht das nicht

Der Chef von Pro Sieben Sat 1 entlässt zwei weitere Vorstandsmitglieder.
München, Wien Die besten Geschichten von Pro Sieben Sat 1 spielen nicht im Fernsehen, sondern in der Chefetage des TV-Konzerns. So war es schon, lange bevor Max Conze im Juni 2018 als Vorstandsvorsitzender antrat. Der 49-Jährige hält sich aber an das Drehbuch seiner Vorgänger, das viele überraschende Wendungen bereithält.
So setzt Conze nun gleich zwei seiner Spitzenkräfte vor die Tür. Finanzvorstand Jan Kemper, 38, verlasse den Konzern Ende März, teilte das im MDax notierte Unternehmen mit. Vertriebschefin Sabine Eckhardt, 46, räume ihren Schreibtisch vier Wochen später. Sie war 15 Jahre im Konzern. Vom Vorstand, wie ihn Conze zum Amtsantritt vorgefunden hat, ist künftig nur noch einer übrig: sein Stellvertreter Conrad Albert, 51.
Künftig wird der Vorstand nur noch drei Köpfe umfassen. Conze wünsche sich eine Verschlankung der Führungsmannschaft, die sein Vorgänger Thomas Ebeling aufgebläht habe, heißt es in Unterföhring. Die Position von Eckhardt wird nicht wieder besetzt.
Hinzustoßen wird im Frühsommer hingegen als neuer Finanzchef Rainer Beaujean, derzeit für die Kasse der Gerresheimer AG zuständig und einst Chef von T-Online, das als börsennotiertes Unternehmen längst vom Aktienmarkt verschwunden ist.
Eine Hierarchiestufe tiefer hat Conze eine Vertraute aus seiner Zeit beim Staubsaugerhersteller Dyson eingesetzt: Michaela Tod wird die wichtige TV-Sparte künftig gemeinsam mit dem erfahrenen Pro-Sieben-Manager Wolfgang Link führen. Tod leitete zuletzt das Chinageschäft von Dyson, wo Conze mehrere Jahre an der Spitze stand.
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„Wir werden unsere bisherigen Geschäftssäulen künftig in einer effizienten Holdingstruktur führen, das wird unseren Transformationsprozess weiter beschleunigen“, begründete Conze den Wechsel. Die Stimmung bei Pro Sieben ist auf dem Tiefpunkt. „Der Konzern befindet sich in einem Schockzustand“, sagt eine Unternehmensinsiderin. An der Börse kamen die Personalien auch schlecht an. Die Aktie verlor am Dienstag rund zwei Prozent an Wert.
Schon seit Jahren fehlt den Anlegern das Vertrauen in die TV-Gruppe, deren Werbegeschäft ins Internet wandert. Schon lange bevor Conze Chef wurde, sank der Kurs der Aktie. Der Manager, der gern und viel redet, konnte den Abwärtstrend bislang nicht wegargumentieren. Dazu kamen Reibereien im Vorstand: Conze und Kemper verstanden sich von Anfang an schlecht. Der neue CEO betrachtete den recht jungen Finanzvorstand offenbar nicht als ebenbürtig.
Der dynamische Triathlet Kemper kam 2017 von Zalando zu Pro Sieben. „Es ist doch logisch, dass sich Conze sein eigenes Team aussucht“, heißt es in der Zentrale. Erst im Oktober warf der amerikanische Produktionsvorstand Jan Frouman hin. Schon Ende Juli gab COO Christof Wahl auf. Auch Rüdiger Böss, jahrelang Chefeinkäufer bei den Studios in Hollywood, musste Ende 2018 das Unternehmen aus Unterföhring bei München verlassen.
Erfolgreiche Eigenproduktionen dringend gesucht
Conze hat viel verändert, aber bislang wenig bewirkt. In der Medienbranche gilt er trotz zahlreicher Auftritte immer noch als Außenseiter. Dieses Jahr würden die ersten Ergebnisse seines Umbaus sichtbar, vertröstet er die Aktionäre. Sein großes Ziel: den Umsatz in den nächsten fünf Jahren von vier auf sechs Milliarden Euro zu steigern und den bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um die Hälfte auf 1,5 Milliarden.
Um das zu erreichen, muss Conze erfolgreiche Eigenproduktionen in Auftrag geben. So will er mehr Zuschauer nicht nur im TV, sondern auch auf Smartphones oder Computern anlocken und die Werbeeinnahmen über alle Verbreitungswege steigern. Gleichzeitig will er die Reklame zielgerichteter ausstrahlen. Um all das zu finanzieren, kürzte Conze die Ausschüttungsquote von bisher 80 bis 90 Prozent des Gewinns auf 50 Prozent.
Das kam bei den Aktionären schlecht an. Auch Analysten überzeugt der neue Kurs nicht. Die Ziele bis 2023 seien überaus ambitioniert und von zusätzlichen Fusionen und Übernahmen abhängig, meint UBS-Experte Richard Eary. Für einen glaubwürdigen neuen Kurs braucht es offenbar nicht nur neue Köpfe. Sondern Erfolge.
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