Start-up So hilft Claimsforce den Versicherungen bei der Schadensregulierung

Versicherungen sollen ihre Schäden einfacher abwickeln können.
Hamburg Der Umgang mit Versicherungen ist für die Kunden nicht immer erfreulich. Kommt es zu einem Schaden, müssen sie mit dem Besuch eines Mitarbeiters rechnen, der den Schaden einschätzt. Bis zur Auszahlung kann einige Zeit vergehen.
Diesen Prozess beschleunigen will Nils Mahlow. Der 36-jährige Hamburger hat mit seinem Start-up Claimsforce eine Software für Schadensregulierer der Versicherungen entwickelt. Diese soll dabei helfen, Schäden vor Ort elektronisch am Tablet zu erfassen.
Zudem erleichtert sie den Regulierern die Einschätzung, indem sie ähnliche Fälle mit Künstlicher Intelligenz analysiert. „Wir wollen der Versicherungsbranche helfen, ihre Schadensbereiche zu transformieren“, sagt Mahlow. Für diese Mission hat er nun sieben Millionen Euro unter anderem vom Londoner Risikokapitalgeber Notion Capital eingesammelt.
Mahlow verspricht den Versicherern zwei Effekte: Einerseits sollen sie durch den Einsatz seiner Software Geld sparen, indem ihre Mitarbeiter Schadenssummen nicht mehr zu hoch einschätzen. Andererseits sollen ihre Versicherten zufriedener werden. Wie geht das zusammen?
Es gebe keinen starken Zusammenhang zwischen der Höhe der Auszahlungen und der Zufriedenheit der Kunden, meint Mahlow: „Untersuchungen zeigen, dass der Kunde keine maximale Auszahlung will, sondern den Zustand vor dem Schaden zurückhaben will.“ Versicherer zahlten vor allem Dritten zu viel – also Dienstleistern und Reparaturbetrieben.
Drei Viertel aller Schäden können die Versicherer ohne Besuch vor Ort regulieren – doch diese machen nur ein Fünftel der ausgezahlten Summe aus, rechnet Mahlow vor. Das große Sparpotenzial liege also bei den größeren Schäden. Zudem beschleunige seine Software die Erfassung der Schäden. Versicherte können des Weiteren über einen Status-Tracker abfragen, wie es um die Bearbeitung steht.
Zurich lobt das Produkt
Zu den ersten Nutzern gehört die Zurich Versicherung. „Wir sind quasi Kunden der ersten Stunde“, bestätigt ein Zurich-Sprecher. „Unser Feedback fällt positiv aus. Wir nehmen Claimsforce als innovatives, kundenorientiertes Unternehmen wahr, das seinen Weg sicherlich machen wird.“ Weiterer Kunde ist etwa die Vereinigung „Die Regulierer“.
Noch ist Claimsforce im kleinen Maßstab im Einsatz: Rund 250 Menschen nutzten die Software, sagt Mahlow. Für den Start hatte er bereits Gründungskapital von mehreren Investoren wie La Famiglia und Point Nine bekommen.
Der Gründer erhofft sich mehr Standardisierung. Die Probleme der Versicherer kennt er aus seiner Zeit als Branchenberater unter anderem bei BCG. Zudem hat er in St. Gallen zum Thema Schadensregulierung promoviert. „Viele Schäden werden vom Regulierer in hohem Freiheitsgrad geschätzt“, hat er beobachtet. Die Einschätzung sei also sehr individuell.
Die Datenerfassung soll den Regulierern anhand der Auswertung von Vergleichsfällen eine genauere Einschätzung ermöglichen. Dabei werden etwa Gebäudeschäden nach einzelnen Gewerken erfasst, um die Komplexität zu reduzieren. „Über die Zeit wird der Algorithmus immer besser – und damit die Arbeit der Regulierer“, verspricht der 36-Jährige.
Sein Ziel mit dem frischen Geld ist Expansion. „Wir wollen ein etablierter und anerkannter Technologiepartner werden“, sagt Mahlow. 30 Menschen beschäftigt er derzeit bei einem „unteren siebenstelligen Umsatz: Ende 2021 sollen 80 bis 100 Menschen bei Claimsforce arbeiten und von Hamburg aus auch die Expansion in die USA vorantreiben“. „In Hamburg kann man sehr stabile Start-ups aufbauen“, sagt er. Es sei dort kein Problem, gute Mitarbeiter zu bekommen und zu halten.
Mit dem nun eingesammelten Geld will er zwei bis drei Jahre auskommen. „Für unsere Ziele brauchen wir nicht viel Geld. Das Geschäftsmodell lässt sich nach der Entwicklungsphase schnell skalieren und profitabel machen“, erwartet der Betriebswirt. Daher sei es trotz Corona nicht schwer gewesen einen Investor zu finden – im Gegenteil, es hätten sich Geldgeber von sich aus gemeldet.
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