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Teoresi-Gründer Valter Brasso Wie eine kleine IT-Firma aus Italien zum Partner von Amazons Alexa wurde

Vor mehr als 30 Jahren hat der Informatiker Valter Brasso eine kleine IT-Beratung gegründet. Heute hat er 850 Mitarbeiter – und plant noch in diesem Jahr einen Zukauf.
20.04.2021 - 15:49 Uhr Kommentieren
Der 62-Jährige ist in Turin geboren, hat dort studiert und seine Firma aufgebaut. Quelle:  Teoresi
Valter Brasso

Der 62-Jährige ist in Turin geboren, hat dort studiert und seine Firma aufgebaut.

(Foto:  Teoresi)

Turin Der Rollstuhl, der sich in einer alten Villa im Norden Turins in Bewegung setzt, wird nicht per Hand geschoben. Es reicht ein einfacher Satz, damit sich die Reifen drehen: „Alexa, fahr zu Position B“, sagt einer der Entwickler von Teoresi. Wie von Geisterhand setzt sich das Gefährt in Bewegung, umfährt Hindernisse, stoppt, als sich jemand davorwirft – und kommt am gewünschten Ziel an.

Der Stuhl, mit Sensoren und Kameras ausgestattet, soll bald in Krankenhäusern zum Einsatz kommen. Im Internet der Dinge wird er mit Türen und Fahrstühlen kommunizieren, um Patienten autonom von einer Station auf die andere zu bringen.

Der Rollstuhl-Prototyp ist nur eine von vielen Innovationen, an denen Teoresi gerade arbeitet. 1987 gründete Valter Brasso das Unternehmen gemeinsam mit einem Partner als kleine IT-Beratung. Mittlerweile beschäftigt der 62-Jährige mehr als 850 Mitarbeiter, hat im Jahr 2020 knapp 50 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet und ist seit Kurzem auch noch einer der Technologiepartner von Alexa – als eines von zehn Unternehmen weltweit, das Produktlösungen für Amazons Sprachsteuerung entwickelt und einführt.

Ein Jahr lang arbeiteten sie für die Zertifizierung. „Die Kooperation mit Amazon Alexa ist ein weiterer wichtiger Entwicklungsschritt“, sagt Brasso. Immerhin belief sich der globale Marktanteil von Amazons „Echo“-Lautsprechern, in denen die Künstliche Intelligenz Alexa zum Einsatz kommt, laut dem Nachrichten-Dienstleister Business Wire im vierten Quartal 2020 auf 28,3 Prozent.

Laut Amazon gab es im Juli 2020 weltweit schon 9500 Marken, die mit Alexa kompatibel waren. In Deutschland besitzt mehr als ein Drittel aller Haushalte einen Sprachassistenten.

Sprachassistenten unterstützen in immer mehr Branchen

„Das ist ein großer Zukunftsmarkt“, meint Ingo Siegert vom Institut für Informations- und Kommunikationstechnik der Uni Magdeburg. Gerade würden Sprachassistenten vor allem für das Musikabspielen, Fragen nach dem Wetter oder das Stellen von Timern genutzt. Dabei sei das Potenzial viel größer: „Komplexe Abfragen lassen sich extrem vereinfachen. Für Leute, die technische Geräte nicht bedienen können oder nicht die Kraft dafür haben, sind Sprachassistenten eine große Erleichterung.“

Ein Zukunftsfeld sei die Pflege, prophezeit der Experte – aber auch bei der Steuerung von Zusatzdiensten im Auto würden Alexa und Co. bald noch viel stärker eingesetzt.

Das Auto war auch der Startpunkt von Teoresi. Gründer Brasso trieb schon immer die Suche nach neuen Technologien an: Der drahtige Chef mit dem grauen Vollbart ist gelernter Informatiker. Jahrelang war er Berater bei Fiat. 1998 entwickelte Teoresi eine Klima-Kontrolleinheit für den Autobauer, der wie Brasso aus Turin stammt.

Beriet Teoresi anfangs nur in IT-Fragen, kam Anfang der 2000er der Themenbereich Ingenieurtechnik dazu. Um den Kunden globale Technologielösungen anzubieten, setzte Brasso auf Partnerschaften mit großen Unternehmen. So gibt es heute etwa Kooperationen mit dem amerikanischen 3D-Drucker-Anbieter 3D Systems oder mit der Firma Intrepid Control Systems, die in Detroit Ingenieurtools für die Automobilindustrie entwickelt.

Rund 150 Kunden zählt Teoresi heute. Mittlerweile entwickelt das Unternehmen selbst maßgeschneiderte Lösungen, programmiert Software und baut Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine. Die Mitarbeiter forschen am autonomen Fahren, an vernetzten Geräten, Gestensteuerung, Telemedizin und Künstlicher Intelligenz.

Autoindustrie macht mehr als die Hälfte des Umsatzes aus

Auftraggeber sind neben Autoherstellern wie Lamborghini auch Eisenbahnunternehmen wie Bombardier, der Reifenhersteller Pirelli oder der deutsche Zulieferer Bosch. Aus der Nische hat sich Teoresi zum Hidden Champion für Innovationen entwickelt.

Die Autoindustrie macht zwar noch etwas mehr als die Hälfte des Umsatzes aus, aber längst entwickelt Teoresi auch digitale Lösungen für den Gesundheitssektor, die Landwirtschaft oder die Telekommunikationsindustrie. Sein Portfolio will Brasso noch weiter diversifizieren. „Starkes Wachstum gibt es gerade in den Bereichen Biowissenschaften und bei digitalen Finanzservices“, erklärt der Gründer.

Paolo Bizzarri, bei Teoresi für technologische Entwicklung verantwortlich, will zeigen, zu was allein Alexa fähig ist. Dafür schaltet er das Büro in Neapel auf den Bildschirm des Konferenzraums: Die Kollegen im Süden Italiens aktivieren per Sprachsteuerung einen Roboterarm, der verschiedene Tasten auf dem Display einer Waschmaschine drückt. „Mit diesem System lässt sich eine Fabrik im Niemandsland komplett remote steuern“, erklärt Bizzarri.

Ein paar Räume weiter wird an einem Assistenzsystem für Lkws geforscht. Ein Mitarbeiter sitzt vor Lenkrad und Gaspedal, wie bei einem Computer-Rennspiel. Das System erkennt, sobald sich der Lenkstil ändert – ein Signal für Übermüdung. Sofort gibt es Alarm und fordert zu einer Pause auf. Während Kameras erst geschlossene Augen erkennen, greift das System schon vor dem Einschlafen ein.

Umsatzverdoppelung in drei Jahren angepeilt

Bereits in den vergangenen zehn Jahren ist Teoresi kräftig gewachsen: Um fast 30 Prozent ist der Umsatz pro Jahr gestiegen – und die Zahl der Beschäftigten gleich mit. Erst 2008 entschloss sich Brasso, global zu expandieren. Heute gehören zu seiner Gruppe auch Firmen in den USA, im Schweizer Lugano und seit 2018 in München. In Deutschland gibt es mit Stuttgart zudem einen zweiten Standort, 20 Mitarbeiter arbeiten in der Bundesrepublik.

2013 lag der Umsatz bei rund elf Millionen Euro, 2019 waren es 49,1 Millionen. Selbst im Pandemiejahr konnte Teoresi um 400.000 Euro wachsen. Auch wenn die Fabriken der Kunden im Lockdown stillstanden: Bei Teoresi ging die Arbeit weiter. „In den nächsten drei Jahren wollen wir den Umsatz auf 100 Millionen Euro verdoppeln“, kündigt Brasso selbstbewusst an. Den Zuwachs will er durch organisches Wachstum erreichen.

Zusätzlich plant der kinderlose Chef Zukäufe. „Die Firma ist bei bester Gesundheit“, sagt Brasso, der noch immer die Firmenmehrheit hält. Weitere Gesellschafter sind Brassos Bruder Enzo, der seit 1994 auch im Management sitzt, sowie das Family Office von Moschini – Franco Moschini ist Präsident der Luxus-Möbelmarke Poltrona Frau.

Gewinne hat Teoresi immer wieder investiert. „Wir haben momentan die Kraft zuzukaufen“, sagt Brasso, „und werden das auch noch in diesem Jahr machen.“ Klar ist, dass Brasso längst auf weitere Märkte schielt, etwa Frankreich. Dort sitzen mit den Technologieberatern von Altran (50.000 Mitarbeiter) und Alten (mehr als 11.000 Mitarbeiter) aber auch seine mit Abstand größten Konkurrenten.

Mehr: Aus dem kleinen Laden seines Großvaters hat der Sizilianer Giuseppe Giglio einen Online-Luxushändler gemacht. Nun will er Farfetch und Mytheresa Konkurrenz machen.

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