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Traditionsmolkerei Kita „Käsemäuse“ hilft Bergader-Chefin Beatrice Kress gegen den Fachkräftemangel

Der Traditionsbetrieb Bergader kämpft gegen große Lebensmittelkonzerne und mit dem Fachkräftemangel. Die Chefin setzt nun auf besondere Fürsorge.
02.01.2019 - 22:00 Uhr Kommentieren
Die Chefin der Bergader Privatkäserei ist von Kindesbeinen an im Unternehmen. Quelle: Wolfgang Maria Weber
Beatrice Kress

Die Chefin der Bergader Privatkäserei ist von Kindesbeinen an im Unternehmen.

(Foto: Wolfgang Maria Weber)

Waging am See Bitte Schuhe ausziehen! Wer die neue Betriebs-Kita von Bergader besuchen möchte, der hat sich gefälligst an die Regeln zu halten. Auch Molkerei-Eigentümerin Beatrice Kress. Schließlich will die 67-Jährige den Kindern ihrer Mitarbeiter ein gutes Vorbild sein. Und überhaupt: „Im Familienunternehmen bin ich die Mama“, sagt sie – und die rennt ganz bestimmt nicht mit den Straßenschuhen über den Spielteppich.

Kress führt das oberbayerische Familienunternehmen aus dem idyllisch gelegenen Waging in dritter Generation. Selten einmal in ihrer 116-jährigen Geschichte hat sich die Firma so schwergetan, Mitarbeiter zu finden. Das hat nichts mit Bergader selbst zu tun, es ist vielmehr der leer gefegte Arbeitsmarkt der Region an der Grenze zu Österreich, der allen Betrieben zu schaffen macht.

„Wir haben Vollbeschäftigung“, stöhnt Kress. Auch Lars Meindl, Eigentümer der traditionsreichen Wanderstiefel-Manufaktur Meindl im nahegelegenen Kirchanschöring, berichtet, dass es kaum noch gelingt, neue Leute zu gewinnen, und Schuhmacherlehrlinge schon gar nicht.

Um attraktiver für junge Familien zu werden, hat Kress daher gerade direkt neben der Zentrale ihre erste firmeneigene Kita eröffnet, genannt „Käsemäuse“. Die 38 Plätze seien ruck, zuck ausgebucht gewesen, erzählt sie. Gleichzeitig ärgert sie sich.

Denn die Mutter zweier erwachsener Kinder hätte gerne größer gebaut. Aber die Gemeinde Waging habe sich verweigert, und auf die staatlichen Zuschüsse wollte Kress dann doch nicht verzichten. 1,44 Millionen Euro hat der Neubau verschlungen.

Immerhin, die Kita entspricht ganz ihren Bedürfnissen. Von frühmorgens bis spätabends wird in Waging in drei Schichten Käse hergestellt, daher können auch die Kleinen von fünf Uhr in der Früh bis nachts um halb elf betreut werden.

Das komme auch anderen jungen Familien aus der Gemeinde mit ihren rund 7.000 Einwohnern zugute, erläutert Kress. Die Kita stehe allen offen. „Das ist ein flexibles Angebot, das berufstätige Eltern wirklich entlastet“, betont Anja Preuster, Leiterin des Mütterzentrums in der nahegelegenen Kreisstadt Traunstein.

Arzttermine auf Firmenkosten

So wie mit der Kinderbetreuung, so versucht Kress auch an vielen anderen Stellen etwas für ihre gut 700 Beschäftigten zu tun. Die Mitarbeiter in der Werkhalle werden von Therapeuten betreut und erhalten regelmäßig individuell auf sie zugeschnittene Trainingspläne, um sich fit zu halten. Wer krank wird, dem beschafft sie auf Firmenkosten umgehend Facharzttermine.

In der Verwaltung wiederum bekamen die Leute höhenverstellbare Schreibtische. Auch Heimarbeit sei möglich. „Wir wollen junge, hochqualifizierte Leute ins Unternehmen holen und halten“, betont sie.

Wir können und wollen es uns nicht leisten, Geld aus dem Unternehmen zu ziehen. Beatrice Kress, Geschäftsführerin Bergader

Wenn sich Kress als „Mama“ ihrer Firma bezeichnet, dann meint sie das wörtlich. Sie kümmert sich höchstpersönlich um ihre Mitarbeiter – und ganz besonders um die jungen. Die 38 Lehrlinge ließ sie im Sommer das Molkereigelände mit Blumen bepflanzen. In diesem Jahr darf der Nachwuchs ein Geschäft daraus machen und in einer eigenen, kleinen Firma Bienenhonig vermarkten.

Weil die redegewandte Frau schon als Kind immer im Betrieb war, kennt sie einen großen Teil ihrer Belegschaft. Sie ist in ihrem Unternehmen für die Zahlen und das Personal zuständig. Um Entwicklung, Produktion und Vertrieb kümmert sich ein familienfremder Geschäftsführer.

Unter den Beschäftigten genießt sie einen guten Ruf. „Eine kollegiale, vertrauensvolle Zusammenarbeit ist ihr sehr wichtig“, sagt Jürgen Dorfer. Der Manager ist seit 16 Jahren im Unternehmen und damit einer der treuesten Mitarbeiter. Seit zwei Jahren ist er für das sogenannte Rohstoffmanagement verantwortlich, sprich: für die Milch.

Es sind nicht nur die eigenen Leute, die Kress am Herzen liegen. Regelmäßig organisiert Einkaufschef Dorfer Versammlungen, um etwas über die Sorgen der Bauern zu erfahren. Mit vielen Landwirten ist Kress seit Jahrzehnten bekannt. Meist sei sie selbst bei solchen Treffen mit den Lieferanten dabei, erzählt Dorfer: „Da steht sie dann Rede und Antwort.“

Es ist ein anspruchsvolles Geschäft, das Kress betreibt. Sie kämpft gegen gewaltige, milliardenschwere Milchverarbeiter wie Arla, Friesland Campina, Danone oder Müller Milch um den knappen Platz im Kühlregal. Den zahlreichen Lieferanten stehen aber nur vier große Abnehmer gegenüber, die Discounter Aldi und Lidl sowie die Supermarktketten Edeka und Rewe.

Der Filius ist fit für die Nachfolge

Dabei kommt ihr zugute, dass sich ihr Großvater, der Unternehmensgründer Basil Weixler, schon in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf Edelpilzkäse spezialisiert hat, eine lukrative Nische.

Bis heute ist Bergader für seinen Blauschimmelkäse bekannt, der unter dem Namen „Bavaria Blu“ in ganz Deutschland zu haben ist. Weichkäse vertreibt Kress mit der Bezeichnung „Bonifaz“. Das Unternehmen erzielte zuletzt einen Umsatz von 260 Millionen Euro.

Seit Jahrzehnten würde der Gewinn reinvestiert, beteuert Kress. „Wir können und wollen es uns nicht leisten, Geld herauszuziehen.“ Sohn Felix, ihr designierter Nachfolger, wird es künftig wohl ebenso halten. Nach zwei Generationen mit Frauen an der Spitze wäre ein Mann auf dem Chefsessel für die Beschäftigten etwas Neues.

Den richtigen Umgang mit den eigenen Leuten hat Kress ihrem Filius aber längst eingeimpft. Es sei wichtig, immer bescheiden aufzutreten, betont sie und ergänzt: „Wir nehmen alle ernst.“ Auch die kleinen Käsemäuse.

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