Fritz-Kola-Gründer Wiegert Limo-Service made in Germany

Mit 7000 Euro gestartet.
Berlin Mirco Wolf Wiegert ist demonstrativ gelassen. Im grauen Kapuzenpullover mit dem Schriftzug „Anjola“ lächelt der jungenhaft wirkende 40-Jährige alle Bedenken weg. „Wir müssen beobachten, was während der Europameisterschaft passiert ist. Aber ich glaube nicht, dass wir etwas verlieren“, sagt der Mitinhaber von Fritz-Kola. Bislang jedenfalls haben sich die Verkaufszahlen nicht verändert.
Dabei läuft die Offensive europaweit, und sie ist detailliert geplant. Der Coca-Cola-Konzern nutzt die an diesem Sonntag endende Fußballeuropameisterschaft in Frankreich, um seine Marke glänzen zu lassen. Selbst mit dem Sammelbildchen-Hersteller Panini haben sich die Amerikaner dafür zusammengetan. Ihr Ziel: die Dominanz des Marktführers weiter ausbauen – auch gegen junge Konkurrenten wie eben Fritz-Kola.
Seit dem Jahr 2003 füllen Wiegert und sein Mitgründer Lorenz Hampl Fritz-Kola ab. Gestartet mit 7000 Euro Firmenvermögen haben die einstigen Pfadfinder-Freunde heute ein Unternehmen, das laut Bundesanzeiger allein 2014 gut 1,3 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftete. Umsatzzahlen und Absatzmengen gibt das Unternehmen nicht bekannt.
Fritz-Kola gibt es längst nicht mehr nur in Hamburg, sondern bundesweit und sogar im europäischen Ausland. In Szenebars und in einigen Supermärkten hat der Newcomer die Vorherrschaft von Coca-Cola bereits gebrochen. „Fritz-Kola ist für uns inzwischen wichtiger als Coca-Cola“, sagt der Betreiber eines großen Supermarkts im Hamburger Stadtteil St. Pauli. Anders als andere Trendgetränke ist Fritz-Kola nach einem rasanten Start nicht schnell wieder abgestürzt – im Gegenteil: Rund um die Cola ist mit Limonaden und Schorlen eine Markenfamilie entstanden. Dazu kommt seit kurzem die Bio-Limo „Anjola“.

In Szenebars und in einigen Supermärkten Coca-Cola verdrängt.
Was ist das Geheimnis hinter dem Erfolg? Fritz-Kola sei eben der Erste gewesen, sagt Wiegert. Ganz stimmt das nicht: Schon kurz vor Fritz-Kola mischten Enthusiasten die damals geänderte Rezeptur der alten Afri-Cola nach und verkauften ihre Premium-Cola an Szenegastronomen. Premium-Cola gibt es noch heute, ähnlich wie Fritz-Kola abgefüllt in kleinen Standard-Glasflaschen.
Allerdings versteht sich Premium-Cola zugleich als ein Labor für neue, nachhaltige und soziale Wirtschaftsformen – und lehnt schnelles Wachstum daher anders als Wiegert ab. Den drängt es ganz offensichtlich nach vorn: 21 Stellen sind derzeit auf der Website der Firma ausgeschrieben, die meisten davon im Vertrieb – das Absatzgebiet reicht bis nach Tschechien, Polen und in die Niederlande.
Die Ersten? Nicht ganz.
Die Außendienstler braucht Wiegert auch, um Einzelhändlern und Gastronomen die eigene Vision zu erklären, die Fritz-Kola authentisch halten soll: Die Marke soll ebenfalls nachhaltig sein, etwa durch Glasflaschen und Bio-Saft in den Schorlen. Sie soll Bars helfen, sich mit wertigem Sortiment von der Konkurrenz abzusetzen. Das Gleiche gilt für Supermärkte: Edeka und Rewe profilieren sich gegenüber den Discountern, die längst Plastikflaschen mit Coca-Cola im Angebot haben. Der US-Getränkekonzern drängt zugleich mit seiner deutschen Entwicklung, der Bio-Limonade Vio Bio, in dieselbe Nische wie Wiegert mit „Anjola“.
Auch die übrige Konkurrenz schläft nicht: Die alten deutschen Cola-Marken Sinalco und Afri-Cola wollen expandieren, nachdem sie Verträge mit Abfüllern geschlossen haben, denen der Coca-Cola-Erzrivale Pepsi gekündigt hat, um seine Abfüllung bei Radeberger zu konzentrieren.
Wiegert hat dabei den Vorteil, seine Marke seit der Gründung ziemlich konsequent geführt zu haben – von der Schriftart über das Logo aus den Köpfen der beiden Gründer bis hin zu zielgruppengerechten Slogans wie „Koksen ist Achtziger“, die auf den hohen Koffeingehalt der Cola verweisen.
„Im Prinzip gibt es drei wichtige Gründe für den Erfolg von Fritz-Kola: ein pfiffiges Werbekonzept, die Entscheidung auf Mehrweg zu setzen sowie eine konsistente Preispolitik ohne Aktionen, die einem mit anderen Marken die Tränen in die Augen treiben“, sagt Günther Guder vom Verband des Getränkefachgroßhandels GFGH.
Afri-Cola hingegen hat mehrfach Rezept und Design verändert, neue Konkurrenten wie Ali-Cola können gegen Fritz nur selten punkten. „Der Markt ist fordernd. Das finde ich gut“, sagt Wiegert. Er spielt das Spiel der Branche mit: Plakatwerbung und eigene Marken-Kühlschränke gehören ebenso dazu wie Verträge mit den Gastronomen.
Alte Pfadfindertugenden helfen bei der Arbeit
„Bei mir gehen Hobby und Beruf oft in eins“, sagt Wiegert. Schließlich habe er sich schon als Student für die Selbstständigkeit entschieden, um eigene Ideen verwirklichen zu können. In der Zusammenarbeit mit dem gleichberechtigten Partner Hampl würden dabei alte Pfadfindertugenden helfen, meint der studierte Diplom-Kaufmann: Aufrichtigkeit und Zuverlässigkeit.
Mehr gefürchtet als die Coca-Cola-Offensive zur Fußball-EM hätte er eine erfolgreiche Olympia-Bewerbung Hamburgs, bekennt Wiegert offen. „Das wäre ein Risiko für uns gewesen“, meint er. Olympia-Sponsor Coca-Cola hätte dann wohl noch mehr Werbedruck in Deutschland entfacht – und auf Exklusivrechte im Umfeld der Spiele pochen können.
Insofern ist das jetzige Werbespektakel nur ein fader Abklatsch.
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