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Interview Geschäftsführer von Munich Strategy: „Das Modell Exportweltmeister braucht ein Update“

Sebastian Theopold, Geschäftsführer von Munich Strategy, über die Folgen der Pandemie für den Mittelstand – und seine Erwartungen an die neue Bundesregierung.
13.10.2021 - 04:00 Uhr Kommentieren
„Auch in Deutschland hat die Krise gezeigt, dass Geschäftsmodelle angepasst werden müssen.“ Quelle: Munich Strategy
Sebastian Theopold

„Auch in Deutschland hat die Krise gezeigt, dass Geschäftsmodelle angepasst werden müssen.“

(Foto: Munich Strategy)

Mit Familienunternehmen ist Sebastian Theopold bestens vertraut. Als Gründer und Chef von Munich Strategy begleitet er sie auch international bei Projekten und Transaktionen. Für das Handelsblatt ermittelt die Strategieberatung jährlich die 100 wachstums- und ertragsstärksten Mittelständler Deutschlands.

Herr Theopold, die Pandemie schwächt sich ab. Dem Mittelstandsbarometer der KfW zufolge ist das Geschäftsklima im September aber zum dritten Mal in Folge gesunken. Woran liegt es?
Zunächst mal sind wir alle überrascht, wie gut der Mittelstand insgesamt durch die Krise gekommen ist. Dazu haben sicherlich auch politische Maßnahmen beigetragen: Coronahilfen, Kurzarbeit und die Mehrwertsteuersenkung. Wir haben aber weiter massive Störungen im System: Lieferkettenprobleme, Rohstoff- und Personalmangel und die hohen Baupreise belasten die Unternehmen. Wir raten unseren Kunden nach wie vor, keine allzu großen Risiken einzugehen.

Sind Unternehmer durch die Krise generell vorsichtiger geworden?
Es hat erfolgreiche Unternehmen schon immer ausgezeichnet, eine gute Balance zwischen Wachstums- und Widerstandskraft zu schaffen. Auf einen solch dramatischen Einschnitt wie eine Pandemie kann man sich kaum vorbereiten.

Die befürchtete Pleitewelle ist aber ausgeblieben.
Ja. Entscheidend war dabei auch, dass der deutsche Mittelstand eine breite, branchenübergreifende Struktur hat. Er ist nicht von einem Sektor abhängig – anders als etwa in Spanien: Dort hängt vieles am Tourismussektor mit seinen Hotels und Dienstleistungen. Da hat die Krise natürlich voll eingeschlagen. Doch auch in Deutschland hat die Krise gezeigt, dass Geschäftsmodelle angepasst werden müssen.

Wie ist die aktuelle Lage?
Wir erleben eine starke Zweiteilung. Die einen Unternehmen haben die Krise gut überstanden, haben sie vielleicht sogar genutzt, um noch stärker zu werden. Andere werden nur noch durch die politischen Maßnahmen am Leben gehalten.
Die Schere zwischen erfolgreichen und nicht erfolgreichen Unternehmen geht immer weiter auseinander, die Gewinner haben ein dreimal höheres Wachstum als die Verlierer. Die Pandemie hat Probleme schonungslos offengelegt: schlechte Geschäftsmodelle, ungesicherte Finanzierungen oder eine unzureichende Kundenbeziehung.

Was zeichnet Firmen aus, die gut durch die Krise gekommen sind?
Sie haben eine Art Paralleluniversum aufgebaut: Statt in Schockstarre zu verfallen, haben sie strategisch Kurs gehalten und weiter investiert. Ihre langfristigen Strategien haben sie an die Situation angepasst. Auch die Größe spielt eine Rolle: Größere Firmen konnten Prozesse schneller digitalisieren – und damit auch im Lockdown beim Kunden sichtbar bleiben.

Wie lange wird die Pandemie noch nachwirken?
Lange, denn sie hat dazu geführt, dass sich globale Probleme, die es vorher schon gab, verstärkt haben. Die internationale Wirtschaft war lange von der Welt der 90er-Jahre geprägt. Die Mauer war gefallen, alles wurde nach WTO-Vorbild multinational. Überall sollten ähnliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen gelten.
Nun werden Grenzen wieder sichtbarer. Wir erleben einen massiven Wandel im globalen Kapitalismus. Produktionsketten können an nationalen Grenzen enden. Es wird wieder relevanter, welche Rohstoffe man vor Ort vorrätig hat. Wer etwa abhängig von China ist, kann große Probleme bekommen.

Sollten sich deutsche Mittelständler also wieder stärker auf den europäischen Markt ausrichten?
Das traditionelle Betriebssystem der deutschen Wirtschaft, das Modell Exportweltmeister, braucht jedenfalls dringend ein Update. Die Welt teilt sich gerade neu auf in drei Blöcke: Amerika, Asien und Europa. Die Gefahr besteht, von den jeweils anderen Blöcken abgeschottet zu werden. Und das ist natürlich Gift für exportorientierte Unternehmen. Entweder muss man in allen drei Regionen möglichst autarke Strukturen etablieren – oder sich eben darauf konzentrieren, den EU-Markt umfassend zu erschließen.

Trauen Sie dem Mittelstand zu, sich hier entsprechend anzupassen?
Ich bin da optimistisch. Die Unternehmer sind in der Lage, diesen Zeitenwandel mitzugehen. Wir haben sehr viele innovative Mittelständler in Zukunftsfeldern wie Gesundheit, Nachhaltigkeit, Mobilität und demografischem Wandel.

Nach der Bundestagswahl bahnt sich nun eine Koalition aus SPD, Grünen und FDP als neue Regierung an. Welche Impulse erwarten Sie für den deutschen Mittelstand?
Besonders Grüne und FDP werden hoffentlich die Digitalisierung und Entbürokratisierung angehen. Aber auch die Außenpolitik braucht frischen Wind – sie hat in einem schwachen Wahlkampf keine Rolle gespielt. Unternehmen brauchen von der Politik eine klare Orientierung zur Position Europas in der Welt. Es fehlt ein Gegengewicht zu Marktverzerrungen, etwa beim Technologietransfer nach China.

Ein Schwerpunkt der neuen Regierung wird auch der Klimaschutz sein. Welche Herausforderungen und Chancen sehen Sie hier?
Das deutsche Ziel, bis 2045 klimaneutral zu sein, ist richtig und wichtig. Dabei darf man aber nicht vergessen: Der deutsche Mittelstand ist im Kern industriell. Strom ist in Deutschland so teuer wie in keinem anderen Industrieland, was zu Standortnachteilen führt. Wichtig ist, die Unternehmen bei der Dekarbonisierung mitzunehmen und klare Rahmenbedingungen vorzulegen. Innerhalb dieser muss der Markt entscheiden, welche Konzepte sich durchsetzen.

Herr Theopold, vielen Dank für das Interview.

Mehr: Mit guten Ideen an die Spitze: Das sind Deutschlands 100 wachstumsstärkste Mittelständler.

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