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Juwelierin Kim-Eva Wempe „Die Apple Watch kommt an Emotionen mechanischer Uhren nicht ran“

Die Juwelierin Kim-Eva Wempe spricht über das Geschäft mit Uhren und Schmuck in schwierigen Zeiten, die günstigere Konkurrenz aus dem Netz und die Frage, weshalb sie in ihren Filialen keine Apple Watch verkaufen will.
16.07.2017 - 16:10 Uhr Kommentieren
Unternehmenschefin Wempe: Auf US-Präsident Donald Trump nicht gut zu sprechen. Quelle: Henning Bode/laif
Kim-Eva Wempe

Unternehmenschefin Wempe: Auf US-Präsident Donald Trump nicht gut zu sprechen.

(Foto: Henning Bode/laif)

Hamburg Im Erdgeschoss des Stammhauses an der Hamburger Steinstraße zeigt ein kleines Museum etliche Schätze aus der 139-jährigen Geschichte der Gerhard D. Wempe KG. In den Stockwerken darüber geht’s weitaus lebendiger zu. Dafür sorgt schon Kim-Eva Wempe, die das Familienunternehmen in der mittlerweile vierten Generation steuert – durch unruhige Zeiten, nicht nur wegen des gerade beendeten G20-Gipfels, als man dann doch ausnahmsweise einmal das Geschäft dicht machte.

Frau Wempe, an Hamburgs Top-Shoppingmeile Neuer Wall steht nicht nur Ihr Traditionshaus. Direkt daneben betreiben Sie neuerdings noch eine Uhrenboutique nur für die Preziosen von Patek-Philippe, eine weitere ausschließlich für Rolex soll im Herbst starten. Wollen Sie die Welt mit Uhrengeschäften zupflastern?
Das sicher nicht. Aber gerade mit diesen beiden Marken verbindet uns eine lange und tiefe Partnerschaft, so dass wir uns entschieden haben, beide in eigenen Räumen hier in Hamburg auch besonders zu inszenieren.

Verteilen Sie da die vorhandenen Umsätze nicht einfach auf mehr Ladenfläche?
Ich erwarte mir natürlich unterm Strich höhere Einnahmen, weil wir da ja auch neue Einkaufserlebnisse schaffen werden.

Wie viele Niederlassungen steuern Sie insgesamt?
Ende des Jahres werden es 34 sein, davon laufen 27 unter unserem eigenen Namen, sieben weitere sind mittlerweile reine Ein-Marken-Boutiquen. Neben vieren für Rolex und Patek haben wir unter anderem eine für Jaeger-LeCoultre in Frankfurt am Main und eine für A. Lange & Söhne in München.

Geht der Trend jetzt auch in Ihrer Branche zu sogenannten Mono-Brand-Auftritten?
Wir erleben einen anderen Konzentrationsprozess: Von den kleinen Städten bewegt sich der Handel eindeutig zu den Weltmetropolen und da zu immer attraktiveren Ladenflächen.

Bei den großen Modelabels flaut der Boom der eigenen Stores schon wieder ab. Warum soll es Ihrer Branche besser gehen?
Wir können uns dem Sog in die ganz großen Städte und Top-Lagen einfach nicht entziehen. Leider steigen die Mieten dort noch immer weiter, woran das Modebusiness ja auch nicht unschuldig ist, das nun die hohen Kosten beklagt.

Sie können sich die hohen Mieten also immerhin noch leisten?
Ich bin jedenfalls froh, dass ich nicht in der Modebranche aktiv bin, weil dort ja der wachsende Onlineverkauf alles durcheinanderwirbelt. Da bin ich selbst mit meinem eigenen Vater im Spaß schon aneinandergeraten.

Inwiefern?
Ich kaufe selbst gern Mode übers Netz ein und musste mir von ihm schon lachend anhören, ich sei eine „Mörderin des Einzelhandels“. Der Nachteil des stationären Modegeschäfts ist einfach: Ich kriege da oft meine Größe oder Farbe nicht. Also kann ich gleich bequemer online bestellen. Mode kauft man ja auch öfter. Unsere mechanischen Luxusuhren bestelle ich dagegen nicht mal eben zum Anprobieren nach Hause. Dazu braucht es Beratung, Ambiente, Expertise.

Sie sorgen sich also auch nicht wegen der wachsenden Konkurrenz etlicher Uhrenportale, auf denen ja selbst teuerste Zeitmesser heute deutlich günstiger angeboten werden?
Unsere Kunden sehen das natürlich und konfrontieren uns jeden Tag mit den Preisen dort. Unser Kommentar dazu: „Dann kaufen Sie Ihre neue Uhr bitte im Netz. Aber kommen Sie später nicht noch zum Echtheitscheck oder zur Reparatur.“ Und natürlich wissen die Leute, dass sie es im Netz nicht mit offiziellen Konzessionären zu tun haben, sondern mit einem weitgehend unkontrollierten digitalen Marktplatz, das Risiko von Fälschungen inklusive. Mit dem Online-Preisdruck können wir letztlich nicht mithalten. Unsere Aufgabe ist da auch eine ganz andere: Wir müssen aufpassen, dass die Preise nicht erodieren. Natürlich wird jede Marke nervös, wenn sie sieht, dass sie ihre offiziellen Verkaufspreise in krisenhafteren Zeiten mal nicht halten kann.

Welche Macht hat Wempe bei der Preisgestaltung?
Die sollten Sie nicht überschätzen. Das Einzige, was wir machen können: uns Seriosität, Kontinuität und Glaubwürdigkeit erarbeiten. Das schafft man zum Beispiel nicht, indem man anfängt, an Rabattschrauben zu drehen.

Und da verliert keiner der Akteure die Nerven, wenn’s mal schlechter läuft?
Wir als Familienunternehmen müssen wenigstens niemandem erklären, wenn die Umsätze mal zurückgehen. Auch ich muss dann vor allem Ruhe bewahren.

Jemand wie Sie wird sicher direkt zu Swatch-Patriarch Nick Hayek, Patek-Chef Thierry Stern oder seinem Rolex-Kollegen Jean-Frédéric Dufour durchgestellt, wenn’s mal ernst ist, oder?
Das mag schon sein, aber vielleicht auch deshalb, weil ich dieses Privileg nur in wirklichen Ausnahmefällen strapazieren würde.

Womit machen Ihre Filialen mehr Umsatz: Uhren oder Schmuck?
Als ich vor etwa 30 Jahren anfing, lag das Verhältnis noch bei 60 : 40 zugunsten der Uhren. Mittlerweile sind wir bei 80 : 20. Das liegt auch daran, dass seit zehn Jahren eben die chinesischen Touristen sehr stark sind, und die kaufen ausschließlich Uhren. Die Relationen stören mich nicht weiter, wenn ich weiß, dass auch mein Schmuckumsatz stetig wächst.

Was geben Wempe-Kunden im Schnitt für eine Uhr aus?
Etwa 8.000 Euro.

Gerade die Uhrenbranche hat im vergangenen Jahr eine Krise durchlebt. Woran lag’s vor allem?
Das hatte hauptsächlich mit der wachsenden Bekämpfung der Korruption in China zu tun. Uhren waren als „Geschenke“ plötzlich schwierig. Marken, die dort stark vertreten sind, hatten entsprechend mit empfindlichen Einbußen zu tun.

Auch Wempe musste zuletzt einen Umsatzeinbruch von zwölf Prozent auf nur noch 466 Millionen Euro verkraften. Woher rührte der?
Auch wir haben das wegbrechende China-Geschäft gespürt. Kaum waren die neuen Gesetze verkündet, brach auch der Tourismus ein. Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust: Einerseits müssen mir die Einbrüche natürlich Sorgen machen. Andererseits glaube ich, dass die Führung in Peking auf dem richtigen Weg ist, um dem riesigen Land klare rechtliche Strukturen zu geben. Das hilft uns am Ende dann auch wieder.

Leiden Sie eigentlich unter Donald Trump? Immerhin ist Ihre Boutique an der 5th Avenue in New York offenbar in der Sperrzone rund um Trumps Wolkenkratzer.
Sagen wir so: Wenn er so wirtschaftsfreundlich wäre, wie er immer behauptet, würde er seine Arbeitstreffen nicht dauernd dort abhalten. Die Mieter im Trump Tower selbst sind schwer getroffen. Wir haben einen Block weiter ebenfalls noch Einbrüche von rund 20 Prozent zu beklagen. Die ersten Monate seiner Regierungszeit waren schlimm: dauernd Absperrungen und Demonstrationen.

Wo kann Wempe noch expandieren?
Der Markt für Händler von Uhren und Schmuck, wie wir es sind, ist gesättigt. Da erlebt man allenfalls noch Finanzinvestoren, die aufkaufen. Die Aurum-Gruppe in Großbritannien zum Beispiel steht aktuell zum Verkauf. Ebenso Tourneau in den USA. Da sind leider Akteure unterwegs, die Unruhe in den Markt bringen und sich nach wenigen Jahren achselzuckend wieder aus der Branche zurückziehen, von der sie eh nichts verstehen. Auch Tourneau war einst wie wir ein Familienunternehmen und gehört mittlerweile bald dem dritten Finanzkonzern. Für die Entwicklung des Unternehmens war das nicht vorteilhaft.

Wie wird sich der Markt, aber auch Wempe dieses Jahr entwickeln?
Beide auf jeden Fall positiv. Die Krise des vergangenen Jahres scheint mir überwunden. Die Branche atmet wieder auf. Für unser Unternehmen rechne ich mit einem einstelligen Umsatzplus.

Als Apple seine Armbanduhr auf den Markt brachte, trat der US-Konzern an Sie heran, ob Sie die Uhren nicht vertreiben wollten. Warum entschieden Sie sich dagegen?
Ich habe die Uhr an einem Freitag total stolz nach Hause gebracht und wollte sehen, wie meine eigenen Kinder darauf reagieren, die 18 und 20 Jahre alt sind. Am Sonntagabend lag die Apple Watch noch verpackt auf dem Tisch. Wenn meine Kinder nur die Uhrzeit wissen wollen, schauen sie auf ihr Handy. Da dämmerte mir, dass das nicht so ein Knaller werden würde, wie Apple glaubte.

Immerhin macht der US-Konzern damit bereits Milliardenumsätze …
… und die Apple Watch ist inzwischen eine der größten Uhrenmarken der Welt. Stimmt schon. Aber sie kommt an die Emotionen mechanischer Uhren eben nicht ran. Das sind zwei völlig verschiedene Welten. In den USA selbst ist die Apple Watch übrigens viel wichtiger, auch weil die Amerikaner wohl einfach stolz darauf sind, endlich eine eigene Uhrenmarke zu haben.

Sie haben Ihre Ablehnung also nie bereut?
Nein, zumal Sie vielleicht ahnen können, was Apple für Vorstellungen hat, wenn es um die Margen geht. Es funktionierte schon bei anderen, ähnlichen Themen nicht: Auch goldene Handys wollen die Leute nicht beim Juwelier kaufen. Letztlich sind das Gebrauchsgegenstände.

Ist Apple mit seiner Digitalattacke Fluch oder Segen für die Uhrenbranche?
Am Ende tangiert Apple vor allem unser Terrain der Premiummodelle nicht. Aber natürlich gibt es Uhrenmarken im unteren Preissegment, die von der Apple Watch schwer getroffen wurden.

Ihr Mann ist Co-Gründer und -Chef des Modelabels Pyrate Style, bekannt für freche Lederkluften. Ist er so was wie Ihre wilde Seite?
Wenn Sie wüssten! Und mein Mann ist natürlich ganz seriös, er sieht nur ein bisschen wilder aus als ich.

Frau Wempe, vielen Dank für das Interview.

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