Kongress für Familienunternehmen In jedem Anfang wohnt ein Zauber inne

Die Quandt-Erbin Susanne Klatten ist Schirmherrin des Familienunternehmer-Kongresses an der Universität Witten-Herdecke.
Witten-Herdecke Fünf junge Herren in dunklen Anzügen singen a capella vom Neuland: „Mut zum Wandel brauchst Du hier“. Sie bahnen sich lautstark ihren Weg durch die angereisten 270 Unternehmer. #Neuland lautet das Motto des 16. Familienunternehmer-Kongresses an der Universität Witten-Herdecke. Und dann kommt auch schon bald das, worauf Familienunternehmer, Studenten und Medienvertreter wohl am meisten gewartet haben: Die Rede der Schirmherrin des Kongresses: Susanne Klatten.
Die öffentlichkeitsscheue Unternehmerin, Quandt-Erbin, BMW-Anteilseignerin und Aufsichtsrätin und Aufsichtsratsvorsitzende der SGL Carbon SE spricht nur selten in der Öffentlichkeit. Hier tut sie es. Auch weil das Motto so gut zu ihr passt: #Neuland. Auf sie, die auf Elektromobilität setzt, auf Ökologie in der Ökonomie, sie, die erkennt, dass es Grenzen des Wachstums gibt. Noch weiß sie nicht, ob sie erfolgreich sein wird, was sie aber weiß ist, dass Neuland betreten genauso wichtig wie schwierig ist, genauso sinnvoll, wie anstrengend: „Neuland, das ist für uns als Unternehmer die größte Herausforderung. Die Unsicherheit ist unser ständiger Begleiter“, ruft sie den Unternehmern zu. Es laste ein Druck auf ihnen: „Auch unsere Unternehmen müssen sich erneuern, sonst drohen sie bedeutungslos zu werden. Das ist ein Gesetz - in der Natur, wie auch in der Welt der Wirtschaft.“
Klatten erklärt, dass sie die Häme im Netz unter der Überschrift „# Neuland“ vor einem halben Jahr nicht ganz nachvollziehen konnte, als die Kanzlerin feststellte: „Das Internet ist für uns alle Neuland“. „Seien wir doch ehrlich: Die damit verbundenen Umwälzungen haben wir noch gar nicht abschließend durchdrungen.“
Jeder Unternehmer brauche sein eigenes Konzept von Fortschritt, sagt Klatten. „Wohlgemerkt: Fortschritt - das heißt nicht Fortdauer oder Fortbestand. Die dauerhafte Bestandssicherung kann - und das möchte ich an dieser Stelle deutlich sagen - nicht das Kernziel eines Unternehmens sein. Auch nicht eines Familienunternehmens.“ Am Schluss ihrer Rede zitiert sie aus dem Gedicht „Stufen“ von Hermann Hesse: „In jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben.“
NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin wollte in seiner Begrüßungsrede mit Susanne Klatten darüber diskutieren, ob nicht doch der Erhalt des Unternehmens eine wichtige Antriebsfeder der Familienunternehmen sei. Darüber hinaus glaubt er, nun den Geheimcode der Familienunternehmen geknackt zu haben. Und der laute: enkelfähig sein. Bei einer Veranstaltung habe er den Begriff enkelfähig benutzt, da habe sich ein Unternehmer gemeldet, der Begriff käme von ihnen, schließlich heiße das unternehmenseigene Magazin so. Das Unternehmen heißt Haniel, doch das sagte Duin nicht. Auch Frau Underberg-Ruder habe sich zu Wort gemeldet. Die Verwaltungsratschefin von Underberg habe gesagt, der Begriff sei von ihr, doch er, Duin und das andere Unternehmen dürften ihn nutzen. Doch ganz egal, wer der Urheber sei, er sehe in den Gesichtern der Familienunternehmer gleich, dass sie spüren, was damit gemeint sei.
Zum Schmunzeln und Nachdenken brachte das Publikum aber vor allem der Verfahrenstechniker Michael Braungart, von der Erasmus Universität Rotterdam. Unser ständiges Moralisieren bringe der Umwelt ebenso wenig wie unser schlechtes Gewissen. Wir könnten nicht ständig irgendwelche Grenzwerte erhöhen, wenn wir nicht grundsätzlich neu denken. Wir brauchen nicht einen möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck, sondern einen möglichst großen, eben positiven. Wir müssen mit Innovationen und Qualität etwas Gutes, neues schaffen, und nicht „das falsche perfekt oder das perfekte falsch machen“. Genau deshalb seien Kinder so wichtig, ihnen müsse man sein Handeln erklären, und eben deshalb seien auch Familienunternehmer so wichtig, auch sie müssten ihren Kindern erklären womit sie ihr Geld verdienten. Und da wäre es doch allemal besser ihnen zu erklären, dass man effektiv etwas für die Umwelt tut als etwas effizient vermeidet.
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