McKinsey-Studie Drei Viertel der deutschen Mittelständler beklagen Ausfälle in Lieferketten

Die Coronakrise setzt kleine und mittelgroße Firmen unter Druck.
Düsseldorf Die Coronakrise trifft den deutschen Mittelstand schwer. Nach einer Umfrage der Strategieberatung McKinsey unter mehr als 500 Entscheidern von mittelständischen Unternehmen in Deutschland sind 73 Prozent von Ausfällen in ihren Lieferketten betroffen. Die Befragung wurde in der letzten Aprilwoche durchgeführt.
Jedes vierte Unternehmen überlegt demnach, Teile der Lieferketten seltener auszulagern. Das ist laut Umfrage vor allem in der IT- und Finanzdienstleistungsbranche und weniger im Maschinenbau oder in der Autoindustrie der Fall.
Mehr als die Hälfte der Befragten hat ihren Betrieb noch gar nicht oder nur zum Teil wieder aufgenommen. Fast zwei Drittel der Unternehmen erwarten Umsatzeinbrüche in diesem Quartal, fast jeder zehnte Betrieb erwartet, dass die Erlöse um mehr als 50 Prozent zurückgehen werden. Immerhin: Genauso viele Firmen rechnen in diesem Quartal damit, dass ihr Umsatz zulegen wird.
Besonders überraschend ist: 77 Prozent der befragten Entscheider äußern sich trotz der Corona-Probleme optimistisch bezüglich der Zukunft. Niko Mohr, Mittelstandsexperte und Seniorpartner im Düsseldorfer Büro von McKinsey, beobachtet statt „German Angst“ „German Optimismus“.
Dieser Optimismus sei allerdings nicht monokausal erklärbar. Deutschland sei bislang zumindest aus gesundheitlicher Perspektive gut durch die Krise gekommen. Das trage seinen Teil zur positiven Stimmung bei.
Und: „Trotz mehrheitlich schlechter kurzfristiger Umsatzerwartungen hat der deutsche Mittelstand Vertrauen in die eigene Stärke – und das zu Recht“, sagt der Experte.
Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit
Die Mehrheit der Unternehmen erwartet kurzfristig negative Umsatzentwicklungen. Aber es gibt auch Betriebe, die mit einer positiven Entwicklung rechnen und überzeugt sind, sogar gestärkt aus der Krise hervorzugehen.
Viele Faktoren bedingen diese zukünftige Umsatzentwicklung, etwa die die Dauer des Nachfrageschocks oder die Entwicklungen im internationalen Handel – „aber auch die Tatsache, wie flexibel und unternehmerisch der Mittelstand mit dieser Krise umgeht“, sagt Mohr.
Einige stärkten beispielsweise ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit, indem sie Lücken im Bereich der Digitalisierung schließen oder neue Geschäftsmodelle testen.
Eine Umfrage der Berater von AvS International Trusted Advisors bei 16 namhaften Familienunternehmen ergänzt die Ergebnisse der McKinsey-Befragung. Die internationale Beratungsfirma berät Familienunternehmen und Family Offices. Demnach hat sich die Krise bisher ganz unterschiedlich auf die Betriebe ausgewirkt.
Eine Reihe von Familienunternehmen, zum Beispiel im Bereich der Lebensmittelverpackungen oder der Medizintechnik, haben von einem deutlichen Umsatzanstieg profitiert, „der durch Panikkäufe der Verbraucher oder durch staatliche Käufe im Gesundheitswesen ausgelöst wurde“, erklärt Andreas von Specht. Er ist Gründungspartner von AvS.
Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen aus der Autoindustrie, im Transportwesen und im Gastgewerbe hätten dagegen drastische Umsatzeinbrüche hinnehmen müssen. Der CEO eines Automobilzulieferers prognostiziere, dass sein Unternehmen im April und Mai einen Umsatzrückgang von minus 80 Prozent und für 2020 einen Rückgang von minus 40 Prozent erleiden würde.
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