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Mercari Japans Start-up-Star steht vor dem großen Sprung

Mercari ist der Star in Japans Start-up-Szene. Nach dem erfolgreichen Börsengang in Tokio soll nun der Durchbruch in den USA gelingen.
24.06.2018 - 10:00 Uhr Kommentieren
Das Unternehmen ist eine der raren Neugründungen Japans, die wenigstens den Hauch einer Chance auf globalen Starruhm haben. Quelle: Bloomberg
Börsengang von Mercari

Das Unternehmen ist eine der raren Neugründungen Japans, die wenigstens den Hauch einer Chance auf globalen Starruhm haben.

(Foto: Bloomberg)

Tokio Shintaro Yamada hat sich selbst die größte Stunde seines Unternehmerlebens geschlagen. Mit einem hölzernen Hammer schlug der 40-Jährige am Dienstag an die Glocke der Börse in Tokio, um den Handelstag zu eröffnen. Danach rechtfertigte sein Start-up, die Flohmarkt-App Mercari, seinen Star-Status mit einem spektakulären Börsengang.

Satte 100 Prozent über dem Ausgabepreis von 3000 Yen (etwa 25 Euro) wurde die Mercari-Aktie kurzzeitig gehandelt. Mit einem Marktwert von damals sechs Milliarden US-Dollar ist Mercari das erste börsennotierte japanische „Einhorn.“ Darunter versteht die Finanzwelt Start-ups mit mehr als einer Milliarde Dollar Marktwert.

Doch mehr noch: Mercari ist eine der raren Neugründungen Japans, die wenigstens den Hauch einer Chance auf globalen Starruhm haben.

Amazon, Google und Facebook nennt Seriengründer Yamada unbescheiden als Vorbilder für seinen jüngsten Erfolg. „Mercari wird in Länder in aller Welt gehen und Menschen grenzüberschreitende Transaktionen machen lassen“, versprach er am Dienstag. Und Yamada lässt es nicht bei Worten bewenden, sondern investiert von Anfang an im Ausland.

In den USA buhlt Mercari bereits seit 2014 um Kunden. Denn Yamada glaubt, mit einem Durchbruch in Amazons Heimat auch global Beachtung finden zu können. Das hat zwar noch nicht geklappt. Obwohl die App in Amerika 37 Millionen Mal auf Smartphones geladen wurde, dümpelt Mercari hinter Platzhirschen wie Ebay, Craigslist und Poshmark.

Doch statt aufzugeben, greift Yamada nun erst recht an. Voriges Jahr stellte Yamada mit John Lagerling einen ehemaligen Vizepräsidenten von Facebook ein und investiert massiv in Werbung. Außerdem versucht sich Mercari bereits in Großbritannien. Europa hat Yamada als nächstes ins Visier genommen.

Verkaufen in der Zeit der Smartphones

Sein Rezept ist dabei das gleiche wie in der Heimat Japan: Yamada verspricht, den Online-Handel mit gebrauchten Gütern durch radikale Vereinfachung und Optimierung für Smartphones zu revolutionieren. Genauer gesagt will er das Verkaufen zu einem kurzen Prozess machen.

Die Ware mit dem Handy fotografieren, den Verkaufspreis und die Bedingungen mit ein paar Klicks festlegen - drei Minuten sollen reichen, um die Ware online zu stellen. Zudem erleichtert Mercari den Versand und wickelt die Bezahlung ab. Dafür zwackt sich das Unternehmen zehn Prozent vom Verkaufspreis ab.

Besonders in Japan ist der digitale Flohmarkt trotz bestehender Konkurrenz zum Hit geworden. Mehr als 75 Millionen Mal wurde die App bereits daheim heruntergeladen. Mehr als zehn Millionen Japaner haben sogar schon über die App Waren aller Art verkauft, von Mode über Holzstiele für Eis am Stiel bis hin zu buntem Klopapier für Kinder.

„Es ist einfacher als mit anderen Anbietern“, erklärt eine Hausfrau in Tokio den Reiz der neuen App. Besonders die Möglichkeit, Name oder Adresse anonym zu halten, hat es ihr angetan. Das Ergebnis: Wegen der Investitionen in Wachstum macht Mercari zwar immer noch keinen Gewinn. Aber angetrieben vom Heimatmarkt sollen die Einnahmen im Ende März ablaufenden Bilanzjahr um etwa die Hälfte auf 230 Millionen Euro steigen.

Eine Geschäftsidee wird zum nationalen Hoffnungsträger

In seiner Heimat ist Yamada damit schon jetzt zu einem nationalen Hoffnungsträger geworden. Denn er zeigt, dass auch das Inselreich noch immer globale Unternehmer produzieren kann. Das Selbstbewusstsein Japan AG litt bisher darunter, dass die Hightech-Nation und zweitgrößte Volkswirtschaft Asiens im Einhorn-Ranking nur ein Entwicklungsland ist.

220 Einhörner zählte der Marktforscher CB Insights Ende 2017 weltweit. 75 wurden in Asien gesichtet. Doch während China etwa 60 und Indien etwa zehn jener nicht mehr so seltenen Fabelwesen beheimatet, war Mercari lange Japans einziges Exemplar. Inzwischen wird nach einer großen Investition vom Autobauer Toyota wird der Wert von Preferred Networks, ein Entwickler künstlicher Intelligenz, auf zwei Milliarden Dollar taxiert. Aber das Unternehmen wird noch nicht an der Börse gehandelt.

Die Regierung will diese Scharte nun auswetzen. Anfang Juni verhieß Japans Ministerpräsident Shinzo Abe in seiner neuesten Wachstumsstrategie, auch Japan zu einer Zuchtstation für global erfolgreiche Startups zu machen. Bis 2023 sollen 20 neue Einhörner durch die Welt traben. Das ist allerdings ein ambitioniertes Ziel. Denn dafür müssten die Gründer ihr Denken ändern.

Zwar hat auch in Japan die Zahl der Neugründungen zugenommen. Aber nur wenige Gründer griffen global an, erklärt Martin Schulz, Volkswirt am Fujitsu Research Institute in Tokio. „Ein Grund ist, dass viele Gründer mittelalte Angestellte großer Konzerne sind.“ Sie sehen eine Nische, die Japans Riesen vernachlässigen – und bleiben in ihr. „Zweitens geben sich auch junge Gründe oft relativ früh auf dem Niveau von Kleinunternehmen zufrieden“, meint Schulz.

Im Unterschied zu den USA setzen sie in der zweiten Phase nicht darauf, durch Fremdkapital global zu expandieren. Doch ob diese Wandel gelingt, ist unsicher. Denn Japans Wirtschaft gleicht einer Start-up-Falle. Anders als Chinas Wirtschaft ist Japans nicht groß genug, als dass Firmen daheim zu Riesen werden und dann global angreifen könnten. Gleichzeitig ist der heimische Markt mit mehr als 120 Millionen Einwohnern groß genug, um Start-ups auch daheim ein bescheidenes Auskommen zu sichern.

Seriengründer Yamada versucht seit langem sein Glück

Yamada ist einer der wenigen Japaner, der anders denkt. Ende der 1990er Jahre wurde er während der globalen Dotcom-Blase mit dem Startup-Fieber infiziert. Zuerst arbeitete er bei der Online-Mall Rakuten, deren Gründer Hiroshi Mikitani bis heute global zu expandieren versucht. 2001 gründete er dann als 23-jähriger sein eigenes Unternehmen Unoh, das neue Geschäfte entwickelte und verkaufte.

Zuerst konzentrierte er sich auf Internetdienstleistungen wie Online-Abos für Magazine. 2009 stieg Unoh in die Entwicklung von Online-Spielen bei – mit Erfolg. Unohs Stadtbau-Simulator „Machitsuku!“ wurde mit fünf Millionen Nutzern ein größerer Hit. 2010 ließ sich Yamada dann vom US-Gaming-Riesen Zynga schlucken.

Doch hielt der Japaner es nur zwei Jahre in dessen Management aus. 2012 stieg er aus und reiste er auf der Suche nach neuen Ideen um die Welt. 2013 gründete er dann daheim Mercari, immer mit der Welt und neuen Geschäften im Blick. Inzwischen nutzt er seine Plattform, um in Finanzdienstleistungen und den Fahrrad-Sharing zu expandieren.

Die Hürden sind allerdings hoch. Das scheint auch den Investoren zu dämmern. Bis Freitag sank Mercaris Aktienkurs auf 4550 Yen ab, rund ein Viertel unter seinem Spitzenwert. Nun muss Yamada zeigen, dass er im neuen Zeitalter der Vernetzung die Startup-Tradition des Auto- und Elektronikzeitalters anknüpfen kann. Im vorigen Jahrhundert haben zig Gründer Unternehmen wie Toyota, Honda, Panasonic und Sony von Garagenfirmen zu globalen Firmen aufgebaut.

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