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Neue Firmenzentrale von Webasto Die gläserne Fabrik von Stockdorf

Webasto, das waren früher Standheizungen. Heute steht der Name auch für Glasdächer. Mit dem Bau einer neuen Zentrale legt Chef Holger Engelmann die Basis für weiteres Wachstum. Er will in der Elektromobilität mitmischen.
13.10.2016 - 15:28 Uhr Kommentieren
Holger Engelmann, WEBASTO Chef Quelle: PR
Firmenchef Holger Engelmann

Peilt fünf Milliarden Euro Umsatz bis zum Jahr 2020 an.

(Foto: PR)

Stockdorf Manche Firmennamen sind ein Rätsel. Dass hinter Haribo Hans Riegel aus Bonn steckt, erschließt sich oft erst im Erwachsenenalter. Noch weniger ahnt man, dass sich hinter dem Namen des Autozulieferers Webasto Herr Wilhelm Baier aus Stockdorf verbirgt. Nur dass Webasto keine Gummibärchen, sondern Glasschiebedächer, Cabrioverdecke und Standheizungen für Autos herstellt. Das zu wissen gehört aber mittlerweile zum ABC in der Autoindustrie.

Die Nachfahren von Herrn Baier trafen sich am Dienstag, um in Stockdorf südlich von München das Richtfest der neuen Firmenzentrale zu begehen. Konzernchef Holger Engelmann sieht in dem Neubau einen konsequenten Schritt: Webasto wächst kräftig, und das historische Gebäudeensemble vor den Toren der Landeshauptstadt ist längst zu klein für die großen Ambitionen. 40 Millionen Euro wird der neue Glasriegel kosten, der ganz auf die Bedürfnisse des Unternehmens ausgerichtet ist.

Noch im zugig kalten Rohbau erklärt Engelmann seine Pläne: unten die Teststände, in denen Sturzregen, Wüstenklima und Polarkälte simuliert werden. Darüber sorgen die Projektteams dafür, dass die neuen Autodächer schnell bei Daimler, BMW, Renault in Serie gehen. „Die kurzen Wege werden uns in Zukunft viele E-Mails ersparen“, hofft Engelmann.

Was sich hinter deutschen Firmennamen verbirgt
Metro AG und Ceconomy
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Die Großhandels-Märkte unter dem Namen Metro (eigentlich: Metro Cash & Carry) und die Supermarktkette Real sind allgemein ein Begriff, die Elektronikhändler Saturn und Media Markt sowieso. All das war bisher ein Konzern: Metro. 2017 spaltet der Handelsriese sich nun auf: Supermarktkette und Großhandelsgeschäft werden weiter als Metro AG an der Börse geführt. Der bisherige Geschäftszweig Media-Saturn bekommt hingegen eine neue Dachgesellschaft namens Ceconomy. Die Aufteilung wird Metro nach Unternehmensangaben rund 100 Millionen Euro kosten.

(Foto: dpa)
Metro
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Unter dem Namen „Metro“ eröffnete der „Spar“-Kaufmann Wilhelm Schmidt-Ruthenbeck Ende 1963 seinen ersten Großhandelsmarkt, und zwar im Essener Ortsteil Vogelheim. Schmidt-Ruthenbeck habe sich den Namen ausgedacht, erinnerte sich ein Manager der ersten Stunde, weil er damit den Begriff „Metropole“ assoziierte. Sogar den Hollywood-Riesen Metro-Goldwyn-Mayer funkt der Duisburger an, um sich auf die Nutzung der Namensrechte zu verständigen. Doch die Amerikaner interessiert der Lebensmittelhändler im Ruhrgebiet nicht die Bohne. Generös verzichtet die Filmgesellschaft auf eine Entschädigung.

(Foto: Reuters)
Rimowa
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Das Kölner Familienunternehmen ist bekannt für seine hochpreisigen Rollkoffer aus Aluminium. Das Unternehmen mit rund 3.000 Beschäftigten machte im Geschäftsjahr 2015 einen Umsatz von rund 350 Millionen Euro und damit rund 28 Prozent mehr als im Vorjahr. Nun hat die französische Luxusgruppe LVMH für 640 Millionen Euro 80 Prozent des Unternehmens übernommen. Rimowa bedeutet „Richard Morszeck Warenzeichen“.

(Foto: dpa)
Tui
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Derzeit verhandeln die angeschlagene Fluggesellschaft Air Berlin und der Reisekonzern Tui über eine Fusion. Stimmt der Aufsichtsrat des Reisekonzerns Tui AG am 26. Oktober zu, wird die Flotte mit 41 Maschinen – immerhin Deutschlands drittgrößte Fluggesellschaft – mehrheitlich an einen neuen Firmenverbund abgegeben, an dem Tui nur noch 25 Prozent der Anteile hält. Die Abkürzung TUI steht übrigens für „Touristik Union International“.

(Foto: dpa)
Innogy (Energiekonzern, Essen)
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Innogy ist ein Produkt der Aufspaltung von RWE. Das Unternehmen umfasst das Ökostromgeschäft, die Stromnetze und den Vertrieb des Energieriesen. Der Name kombiniert die Begriffe „Innovation“, „Energy“ und „Technology“ und wird bereits seit längerem im RWE-Konzern verwendet. 2002 übernahm der Energieversorger das britische Unternehmen Innogy, das daraufhin in RWE npower umbenannt wurde.

(Foto: Innogy)
RWE
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Der sogenannte RWE-Tower, Zentrale des Energiekonzerns RWE in Essen. Der Name des Unternehmens steht für Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk.

(Foto: dpa)
Haribo (Süßigkeitenhersteller, Bonn)
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1920 gegründete Johann „Hans“ Riegel in Bonn der Süßwarenkonzern Haribo. Die Unternehmensbezeichnung leitet sich aus den beiden ersten Buchstaben des Vor- und Nachnamens von Hans Riegel sowie den beiden ersten Buchstaben des Standortes (Bonn) ab.

(Foto: dpa)

Webasto ist neben Brose, Hella und Knorr-Bremse einer der familiengeführten Zulieferer in Deutschland, die es geschafft haben, im Kielwasser der großen deutschen Autohersteller ihr Geschäft zu globalisieren. Familiengeführt, aber extern gemanagt. Engelmann ist erst der dritte Firmenchef, der das 1901 gegründete Unternehmen führt. Was einst als Manufaktur für Autoverdecke im beschaulichen Voralpenland begann, ist heute ein Global Player. Jedes zweite Cabrioverdeck oder Glasschiebedach auf der Welt kommt von Webasto. 12.000 Menschen produzieren von Mexiko bis China für die Stockdorfer.

In diesem Jahr wird der Konzern erstmals mehr als drei Milliarden Euro umsetzen und eine Umsatzrendite von sechs Prozent erreichen, sagt Engelmann im Gespräch mit dem Handelsblatt. Da in den Büchern bereits Projekte für mehr als zehn Milliarden Euro stehen, ist das Ziel, bis 2020 mehr als fünf Milliarden Euro umzusetzen, realistisch. „Vor allem in China kommen wir gerade an die Kapazitätsgrenzen“, sagt Engelmann.

Das liegt an dem Boom der Glaspanoramadächer, die erst seit wenigen Jahren unter den Sonderausstattungen eines Mittelklasseautos zu finden sind. Peugeot machte 2003 den Anfang und ließ sich von Webasto für das Modell 307 ein Glasdach in Stockdorf konstruieren. Der Raumeffekt bestach die Kundschaft. Über Daimler kamen auch schnell die übrigen deutschen Autohersteller auf die Idee, Panoramadächer in ihre Modelle einzubauen. Der kleine Luxus schlägt allerdings mit einem Preisaufschlag von weit über 1000  Euro zu Buche. Seitdem gilt: Je größer das Auto, desto mehr Glas muss aufs Dach. „Die Kunden wollen immer längere und größere Dächer, wir müssen bereits bis an die Außenkanten der Karosserie“, sagt Engelmann. Fast jedes fünfte Auto auf der Welt wird mittlerweile mit Glasdach gebaut. Webasto ist mit einem Marktanteil von mehr als 50 Prozent klar die Nummer eins.

Cabrio-Weltmarkt hat sich halbiert

Ein Erfolg, der sogar Webasto überrascht hat. Denn lange Zeit stand die Firma für Standheizungen. Doch zu den milden Wintern hierzulande kamen die Sanktionen gegen Russland, wo Standheizungen in jede große Limousine gehören. 2009 stand mit Edscha der größte Rivale für Cabriodächer zum Verkauf, und Engelmanns Vorgänger Franz-Josef Kortüm griff mit Unterstützung von Eigentümer und Aufsichtsratschef Werner Baier zu. Doch nach der Finanzkrise änderte sich der Markt, statt des Cabrios kam plötzlich der Geländewagen in Mode. Und der braucht ein festes Dach. Mehr noch: „Mit China geht der größte Wachstumsmarkt an den Cabrios vorbei“, sagt Engelmann. Denn im Smog von Peking oder Schanghai fährt man besser nicht offen. Der Weltmarkt für Cabrios hat sich binnen eines Jahrzehnts auf knapp 400.000 Autos halbiert. Webasto musste schon zwei Standorte in Portugal und England schließen. Eine bittere Lektion.

Doch da war ja noch das Glaspanoramadach. Schneller als die Konkurrenz erkannte Webasto, dass dieses Ausstattungsdetail in China genauso ins Auto gehört wie Massagesitz und Duftspender. Zehn Werke produzieren die Glasdächer mittlerweile für Webasto, das elfte ist geplant. Spätestens 2018 soll das China-Geschäft mehr als eine Milliarde Euro erlösen. Eine exponierte, aber keineswegs sichere Position.

„Dass wir bei einem Marktanteil von 50 Prozent angegriffen werden, ist klar“, sagt Engelmann mit Blick auf chinesische Rivalen, die den Erfolg allzu gerne kopieren. Deshalb entwickelt Webasto ständig weiter – und hat Erfolg: Eine Innovation filtert das Infrarotlicht und senkt so die Temperatur im Auto. Ende September zeichnete BMW seinen Zulieferer für das „Sky Lounge Panoramadach“ mit dem „Supplier Innovation Award“ aus. Der selbstleuchtende Panoramahimmel wird vor allem in der Siebener-Reihe eingebaut. Webasto sei kein reiner Teilelieferant mehr, „sondern zugleich Systementwickler und Innovationspartner“, lobt der Großkunde aus München.

Drei Viertel des Umsatzes entfallen nun auf die Glasdächer. Die müssen in Zukunft leichter werden. Glas im Dach verändert den Schwerpunkt der Autos und erhöht den Spritverbrauch. Webasto setzt deshalb auch leichtes Polycarbonat ein, doch der Werkstoff ist teuer. Zugleich sucht man nach Weiterentwicklungen. Licht und Farbe sind erst der Anfang, langfristig werden die Innenflächen der Autos zu Displays, glaubt Engelmann. Das gilt erst recht, wenn tatsächlich eines Tages der Computer das Steuer übernimmt. Vielleicht klappt der Fahrer dann den Sitz nach hinten, und das Glasdach zeigt dann ein Entspannungsvideo. Nichts scheint mehr unmöglich zu sein.

Engagement im Batteriegeschäft wird geprüft

Doch auf Glasdächer allein mag sich Engelmann lieber nicht verlassen. „Wir wollen in die Elektromobilität“, sagt der Webasto-Chef. Ein Hebel ist die Expertise bei Standheizungen. So könnte Webasto Systeme für Einfamilienhäuser anbieten, bei denen das Auto im Winter geladen und vorgeheizt wird. Auch ein Engagement im Batteriegeschäft wird geprüft. „Wir kennen die Anforderungen der Autohersteller und haben ein weltweites Netzwerk“, sagt Engelmann. Denkbar seien Kooperationen mit Batterie- oder Zellherstellern, die bislang noch nicht in der Autoindustrie verdrahtet sind und mit denen Webasto bestimmte Nischen bedienen könnte. Auch Zukäufe seien denkbar, sagt Engelmann. Mit einer Eigenkapitalquote von 44 Prozent ist Webasto solide finanziert.

Sicher ist: Der Name muss nicht geändert werden. Mit dem Neubau bleibt die Zentrale nun auch die nächsten Jahrzehnte in Stockdorf. Und auch die Familie stehe langfristig zum Unternehmen, hieß es am Rande der Feierlichkeiten. In einem Jahr sollen dann rund 500 Beschäftigte in das neue Gebäude umziehen. Gut sichtbar für alle Cabrio-Fahrer und Glasdachbesitzer. Die wählen die Strecke durch Stockdorf gerne für den obligatorischen Schönwetterausflug von München an den Starnberger See.

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