Neuer Risikokapitalfonds von E-Ventures Wie Konzerne exklusiven Zugang zu Startup-Szene suchen

Mitarbeiter des Schnäppchenportals Groupon: Start-up-Beteiligung als strategisches Investment.
Berlin Was hat der Autobauer Porsche mit Empfängnisverhütung zu tun? Auf den ersten Blick nichts. Auf den zweiten aber einiges. Denn Porsche ist an einem Fonds beteiligt, der in Start-ups investiert. Unter anderem in Natural Cycles. Die schwedische Firma hat eine App entwickelt, mit der Frauen herausfinden, an welchen Tagen sie schwanger werden können.
Nach Informationen des Handelsblatts hat die Beteiligungsgesellschaft E-Ventures aus Hamburg gerade einen neuen Risikokapitalfonds in Höhe von 150 Millionen Euro aufgelegt. Ein erheblicher Teil des Geldes stammt von bekannten Konzernen wie Porsche, Haniel, Metro, Oetker und Rewe. Auch Otto ist wieder dabei. Der Handelskonzern ist seit 2008 einer der Hauptgeldgeber von E-Ventures.
„Die Beteiligung ist ein strategisches Element unseres Zukunftsprogramms. Wir wollen uns damit den Zugang zu innovativen Start-ups genauso wie zu neuen Technologien sichern – und schließlich unser Netzwerk stärken“, sagt Lutz Meschke, stellvertretender Vorstandschef der Porsche AG. „Aber natürlich sind auch Renditeaspekte für uns von Interesse.“ Es geht den Konzernen gar nicht darum, das eine Start-up zu finden, das perfekt zu ihrem Geschäftsmodell passt. Sie wollen wissen, was in ein paar Jahren interessant sein wird.
Im Portfolio von E-Ventures befinden sich hauptsächlich Tech-Firmen, die sich an Endkunden richten. Die Berliner Auktionsplattform Auctionata etwa oder die britische Designboutique Farfetch. Bislang hat E-Ventures in bekannte Namen wie das Schnäppchenportal Groupon investiert, das 2011 an die Börse ging. Und dessen Aktien zuletzt heftig verloren.
Auf der Suche nach Gewinnbringern identifiziert das Team mit Büros von Berlin über Moskau bis San Francisco Meta-Trends. „Wir informieren unsere Investoren über Trends, die wir sehen, auch dann, wenn wir uns gegen eine Beteiligung entscheiden“, sagt Christian Leybold, Partner bei E-Ventures. Regelmäßig gebe es Zusammenkünfte von Gründern und Konzernen. Keines der 30 Dax-Mitglieder ist noch ohne Start-up im Portfolio.
„Wir erleben gerade ein Comeback des Corporate Venturing“, sagt Eva-Juliane Jerratsch von P+P Pöllath und Partners. Die Kanzlei strukturiert nicht nur einen großen Teil der deutschen Risikokapital-Fonds, sie berät auch bei Transaktionen. Nach dem Platzen der New-Economy-Blase Anfang des Jahrtausends hätten sich viele Konzerne aus dem Geschäft zurückgezogen, sagt Jerratsch, jetzt seien sie wieder da.
Oftmals würden die Unternehmen dabei zweigleisig fahren. Sie investierten für den besseren Einblick zuerst in einen Fonds und dann gezielt in einzelne Firmen.
Wer direkt in Start-ups investiert, braucht nicht nur viel Geld, sondern auch Erfahrung und ein gutes Netzwerk. Hinzu kommt: Die besten Firmen können sich ihre Geldgeber aussuchen. Fonds, die ein spezielles Start-up-Wissen mitbringen, sind in der Szene gefragt.
Selbst ein Konzern wie Bosch, der schon Hunderte Millionen Euro in Start-ups investiert hat, steckt bewusst Kapital in andere Fonds, um möglichst viele Ideen zu sehen. Beispielsweise in den High-Tech-Gründerfonds. In diesen halbstaatlichen Risikokapitalgeber haben nicht nur viele Dax-Konzerne investiert, sondern auch Mittelständler wie Cewe, Tengelmann oder Zeiss.
Oder Gisbert Rühl, Chef von Klöckner und Co, der sich in Berlin ein eigenes Start-up aufgebaut hat. Und parallel Anteile in den Fonds von Paua Ventures investiert, eine kleinere Berliner Wagniskapitalgesellschaft. Bei den Profis, sagt Rühl, würden sich doch viel mehr gute Start-ups bewerben als bei einem Stahlhändler aus Duisburg.
Erst in der vergangenen Woche wurde bekannt, dass Unternehmen wie Haniel, Werhahn und Viessmann in Cherry investiert haben, einen noch sehr jungen Fonds, aufgelegt von drei ehemaligen Gründern aus Berlin. Man beteilige sich zunächst an Fonds, um viele Start-ups kennen zu lernen, begründet Werhahns Finanzchefin Kathrin Dahnke den Schritt. „Wir wollen sehen, ob es da Ideen und Technologien gibt, die wir in unseren Unternehmen auch umsetzen können“, betont Haniel-Chef Stephan Gemkow.
Die Cherry-Gründer Christian Meermann und Filip Dames bauten einst Zalando mit auf, Daniel Glasner war an Quandoo beteiligt, einer Reservierungsplattform, die im vergangenen Jahr für 200 Millionen Euro nach Japan verkauft wurde. Die Start-ups von Cherry bekommen nicht nur Geld, sondern auch die Erfahrung ihrer Geldgeber. Deshalb kriegt Cherry jede Menge Bewerbungen. „Wenn du nicht in dem Umfeld verankert bist, wirst du immer nur Sachen sehen, die alle anderen schon abgelehnt haben“, sagt Daniel Glasner. „Wir kennen die Buschtrommel“, sagt E-Ventures-Partner Leybold. Und dass die Ansprüche an die Geldgeber gestiegen seien. E-Ventures ist seit zwanzig Jahren am Markt, engagiert aber immer wieder neue Leute aus der Szene.
Denn Geld verdienen muss der Fonds auch. Von den rund 25 Unternehmen, in die E-Ventures mit seinem neuen Fonds über eine Laufzeit von zehn Jahren finanzieren werde, würden schätzungsweise höchstens fünf am Ende den Gewinn einspielen. Der Rest wird ein Versuch gewesen sein. Auch das gehört zum Wesen von Risikokapital.