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Nomos-Chef Roland Schwertner Automatisch Außenseiter

Als Quereinsteiger hat der Düsseldorfer Roland Schwertner die Uhrenmarke Nomos aus der Versenkung geholt und eine Nische für puristisches Design gefunden. Inzwischen arbeitet er unabhängig von der Schweizer Konkurrenz.
31.12.2016 - 14:39 Uhr Kommentieren
Will sich bald operativ zurückziehen. Quelle: OSTKREUZ
Roland Schwertner

Will sich bald operativ zurückziehen.

(Foto: OSTKREUZ)

Berlin Die Straße entspricht dem Bild, das viele von Berlin haben: große, alte Häuser mit Hinterhöfen, kleine Restaurants und Cafés – und das alles entlang eines Kanals. Hier, mitten in Kreuzberg, hat sich eine Firma aus dem Erzgebirge versteckt: die Uhrenmanufaktur Nomos.

Der Mittelständler stellt in der Hauptstadt aber keine Zeitmesser her. Die Uhrenmanufaktur aus Glashütte bei Dresden hat nur ihr Marketing und Design in ein altes Hinterhofgebäude ausgelagert. Dort hat auch Roland Schwertner sein kleines Büro. „Ich bin hier nur Kunde“, sagt der große, leicht untersetzte Mann im schwarzen Pulli mit ironischem Understatement. „Roland Schwertner. Kunde“ steht denn auch auf seiner Visitenkarte der Tochterfirma Berlinerblau. In Wirklichkeit ist Schwertner Mehrheitsgesellschafter der von ihm gegründeten Manufaktur Nomos – und damit Teil einer ungewöhnlichen Erfolgsgeschichte.

Während viele Schweizer Luxusuhren-Marken zurzeit den größten Umsatzeinbruch seit der Finanzkrise beklagen, legt der kleine Wettbewerber aus Deutschland dieses Jahr „weit über 20 Prozent“ zu. Und in den nächsten fünf Jahren will Schwertner den Umsatz der Marke mit dem puristischen Design verdoppeln.

„Am Rande von Glashütte bauen wir gerade ein 1.000 Quadratmeter großes, zusätzliches Werk für die Fertigung“, erzählt der 63-Jährige. Denn das Geschäft läuft gut. In den vergangenen drei Jahren hat er den Umsatz verdoppelt. Konkrete Zahlen nennt er nicht. Den Erfolg erklärt er auf seine Art: „Wir arbeiten fleißig und bescheiden – das macht das Marketing für uns einfach: Wir erzählen einfach nur, wie es ist“, sagt er in dem Besprechungsraum, wo alle aktuellen Uhrenmodelle vor ihm auf dem Tisch ausgebreitet sind.

Der Mittelständler ist nicht börsennotiert, gehört nicht einem der großen Konglomerate wie der Schweizer Richemont-Gruppe mit Marken wie Cartier und A. Lange & Söhne, Swatch Group (Omega, Rado) oder der französischen LVMH-Gruppe (TAG Heuer, Hublot). Die Anteile teilen sich Schwertner (60 Prozent), die beiden Mitgeschäftsführer Uwe Ahrendt und Judith Borowski (je 15 Prozent) sowie ein stiller Mitgesellschafter und die Mittelstandsbank Sachsen (je fünf Prozent).

Schwertner und sein Partner Ahrendt haben die Marke seit 1992 aufgebaut und investiert, damit sie unabhängig wird von der mächtigen Schweizer Industrie. So haben sie vor zwei Jahren ein eigenes Assortiment entwickelt – das Herzstück einer Uhr, das über Genauigkeit und Robustheit entscheidet.

Damit löst sich das junge Unternehmen mit fast 300 Mitarbeitern in Glashütte und Berlin vom Schweizer System, von dem fast die ganze Uhren-Welt ihre Teile bezieht. Erst vor kurzem hat Nomos ein neues, flaches Automatikuhrwerk auf den Markt gebracht. Eine solche Entwicklung ist teuer. Schwertner hat aus dem laufenden Geschäft investiert, aber auch wie andere Firmen aus Ostdeutschland Fördergelder erhalten. Von den elf Millionen Euro, um das Swing-System zu entwickeln, bekam er rund fünf Millionen als Zuschuss.

Fangemeinde bei intellektuellen Trägern. Quelle: PR
Uhr von Nomos

Fangemeinde bei intellektuellen Trägern.

(Foto: PR)

Seine Strategie findet bei Fachleuten Anerkennung. „Nomos hat sich mit seiner puristischen Handschrift und seiner hohen Glashütte-Qualität einen wachsenden ‚Fanklub’ von designorientierten, eher intellektuellen Trägern aufgebaut“, sagt Strategieberaterin Sabine Meister, Inhaberin von Meister & Associates. „Die Inhaber verfolgen ihre Strategie mit aller Konsequenz.“ Zur Konsequenz gehört auch, dass sich die Kunden die meisten Uhren zu Preisen von 1.200 bis 4.000 Euro „für ein gutes Monatsgehalt“ (Schwertner) leisten können. Aber es gibt auch Exemplare für deutlich mehr als 10.000 Euro.

Quereinsteiger in der Uhrenbranche

Schwertner ist ein Quereinsteiger in der Uhrenbranche. Eigentlich hat der gebürtige Düsseldorfer mal Betriebswirtschaft in Dortmund studiert mit Schwerpunkt Steuern und Revision. Geschäftstüchtig war er damals schon. So hat er sich sein Studium mit Jobs in der Steuerberatung und Buchhaltung finanziert. Er arbeitete später in der IT-Branche und stieg für ein Jahr auf der Mittelmeerinsel Formentera aus. Dort lernte er seine Frau kennen, mit der er 20 Jahre zusammen war und einen heute 31-jährigen Sohn hat.

Dann lockte ihn neue Aufbruchstimmung Richtung Ostdeutschland. Zu Beginn des Jahres 1990 fuhr er, nur wenige Wochen nach dem Mauerfall, mit seinem Ford 20M Coupé nach Glashütte. Dorthin war er als Kind häufiger mit seinen Eltern zu seiner Tante gereist. Damals arbeitete er als IT-Berater für eine Quarzuhrenmarke aus Düsseldorf. Mit der wollte er für den Volkseigenen Betrieb (VEB) Glashütte einen Neuanfang wagen – und entwarf sogar eine Uhrenkollektion. Doch seine Vorstellungen und die des VEB-Managements lagen zu weit auseinander.

So versuchte er es mit etwas Startkapital von einem Freund selbst und holte 1992 die alte Marke Nomos aus der Versenkung. Er begann mit einem kleinen Team in Glashütte. Weil ihm die Banken keinen Kredit geben wollten, gewann er Manufactum für ein paar Jahre als Gesellschafter.

Die Journalistin Judith Borowski, die für Schwertner viele Jahre in Berlin arbeitete und heute in der Geschäftsführung für Marketing und PR zuständig ist, nennt Schwertners größte Stärke seinen Mut. „Er ist angstfrei, und er ist unglaublich schlau“, sagt sie. Er ist auf alle Fälle so schlau, dass er sich aus dem chinesischen Markt weitestgehend raushält, wo viele Konkurrenten heute leiden. Er konzentriert sich lieber auf Deutschland, wo er 70 Prozent des Umsatzes erzielt, und die USA.

Und er verlässt sich im Vertrieb auf den Fachhandel. Das könnte sich ändern: Er denkt darüber nach, „in Zukunft auch in eigenen Nomos-Läden zu verkaufen“. Als Erstes käme ein Laden in Berlin in Betracht – da, wo er vor kurzem eine eigene Wohnung bezogen hat.

Für die und für den Müßiggang wird er demnächst mehr Zeit haben. Denn Schwertner will sich bald aus dem operativen Geschäft zurückziehen und sich „auf die Funktion als Aufsichtsrat und Gesellschafter beschränken“. Sein Sohn steht bereit: Er versucht sich gerade schon in New York als Leiter des Amerika-Geschäfts.

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