Öffnungsstrategie Mittelstandsforscherin fordert „wertschätzende, offene Kommunikation“ und endlich Strukturpolitik

Der Forscherin fehlt eine langfristige Strukturpolitik.
Vor der nächsten Schaltkonferenz von Kanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten am Mittwoch meldet sich die Präsidentin des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn, Friederike Welter, zu Wort. Ihr Rat ist gefragt, wenn es um die Mittelstandspolitik geht, in Corona-Zeiten gilt das noch einmal mehr. Die Wissenschaftlerin fordert echte Perspektiven für den Mittelstand in der Covid-19-Pandemie.
Die 58-Jährige betont, dass zwar nicht alles gleichzeitig öffnen könne, es aber zu einer „wertschätzenden Kommunikation gegenüber dem Mittelstand“ kommen müsse. Dazu gehört es laut Welter, „nicht nur wahllos Öffnungen in Aussicht zu stellen, sondern auch offen zu kommunizieren, welche Branchen aufgrund ihres Geschäftsmodells – nämlich diejenigen, bei denen es um Menschenansammlungen geht oder die mit der Mobilität der Bevölkerung verbunden sind – nicht unmittelbar geöffnet werden können“, sagte sie dem Handelsblatt.
Dazu gehörten bestimmte Bereiche des Kultursektors, die Touristik und teilweise auch die Gastronomie. „Für diese Branchen und Unternehmen mit einem hohen Infektionsrisiko könnte es besser sein, über einen längeren Zeitraum Hilfen bereitzustellen.“ Dabei müssten unter Umständen auch längerfristige Einbrüche in der Unternehmensentwicklung bedacht werden, weil sich das Konsumentenverhalten auf Dauer ändert. Grundsätzlich seien regional differierende Öffnungsstrategien aufgrund des Infektionsschutzgesetzes von Dezember 2020 möglich, soweit übergeordnete Länderinteressen dem nicht entgegenstehen.
Was der Forscherin jedoch noch immer fehlt, ist eine langfristige Strukturpolitik. Eine umfassende Teststrategie solle die Hygienekonzepte ergänzen und „könnte absehbar auch Öffnungen für Bereiche mit einem hohen Infektionsrisiko ermöglichen“.
Die Wissenschaftlerin hält eine europäische Koordination der Öffnungen und Schließungen für sinnvoll, da nationale Grenzschließungen nicht wirklich die Verbreitung der Virusmutationen verhinderten. „Sie sind aber mit erheblichen Kosten für den industriellen Mittelstand verbunden.“ Wesentlich sinnvoller erscheint ihr daher eine EU-weit koordinierte Strategie des Testens und Nachverfolgens im Umfeld der nationalen Grenzen.
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