Putzmeister Ein Schwabe zu Gast bei Chinesen

Mit dem internationalen Geschäft kennt man sich bei Putzmeister aus. Hier zu sehen ist die Verladung eines Pumpfahrzeugs für Arbeiten am havarierten japanischen Atomkraftwerk Fukushima.
Stuttgart Wenn Norbert Scheuch von seinem neuen chinesischen Eigentümer erzählt, weiß er, dass sich viele seiner Zuhörer vorkommen müssen wie damals die Zeitgenossen bei Marco Polos Erzählungen von einer fernen Welt. "Die kulturellen Unterschiede sind riesig, die Kommunikation schwierig, die Korruption fließend", sagte der Putzmeister-Chef vor Familienunternehmern in Stuttgart. „Aber je länger ich in einem chinesischen Unternehmen arbeite, desto gelassener werde ich.“
Nach der Übernahme des schwäbischen Betonpumpen-Herstellers durch Sany rückte er als erster Deutscher in den Vorstand eines chinesischen Großkonzerns. Einmal im Monat nimmt er in China an den Vorstandssitzungen teil. „Ich bin dort der einzige Nicht-Milliardär", scherzt Scheuch. Denn die sechs anderen Vorstände seien gleichzeitig die Eigentümer. Die Sitzungen seien sehr diszipliniert. Keiner quatschte dazwischen, erst am Ende werde diskutiert und entschieden.
Die spontane Kommunikation sei natürlich schwierig. „Jedes Wort muss mit Dolmetscher übersetzt werden“, erzählt Scheuch. Kein Wunder, dass er inzwischen jeden Tag ein bisschen Chinesisch übt. Schon jetzt reicht es für etwas Small Talk.
Die Sprache ist aber nicht die einzige Umstellung. Sany gilt zwar als das größte privatwirtschaftliche Unternehmen in China, Politik spielt in dem kommunistischen Einparteienstaat aber eine entscheidende Rolle. War Sany-Gründer Liang Wengen bislang in Peking bestens verdrahtet, muss der seit dem Regierungswechsel neue Kontakte aufbauen. „So fehlt er tagelang dem Unternehmen“, sagt der Putzmeister-Chef.
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Sein berufliches Abenteuer hat Scheuch dem Unternehmensgründer zu verdanken. Karl Schlecht hatte Putzmeister zum Weltmarktführer bei Betonpumpen mit über einer halben Milliarde Umsatz aufgebaut. Doch dem 80-Jährigen fehlte ein Nachfolger. In diesem Frühjahr überraschte er mit dem Verkauf an den über 20-mal größeren Sany-Konzern für einen Preis von 525 Millionen Euro. Noch nie zuvor hatte ein chinesisches Unternehmen einen so bedeutenden deutschen Mittelständler gekauft.
Am schwäbischen Stammsitz Aichtal waren die Ängste groß, die Chinesen holten sich das Know-how und machten den Laden dann dicht. „Natürlich müssen wir unsere Zeichnungssätze nach China schicken, damit Sany dort seine Produkte verbessert", berichtet Scheuch. Im Umsetzen klarer Vorgaben seien die chinesischen Ingenieure schnell. „Aber wehe, da muss noch ein wichtiges Restproblem eigenständig gelöst werden", sagt Scheuch. „Da kann ein deutscher Ingenieur wertvoller sein als hundert chinesische“.
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