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Ranking Mit guten Ideen an die Spitze: Das sind Deutschlands 100 wachstumsstärkste Mittelständler

Eine hohe Innovationskraft sowie Mut zum Risiko – das zeichnet erfolgreiche Mittelständler aus. Die 100 Wachstums-Champions hat Munich Strategy ermittelt.
13.10.2021 - 04:00 Uhr Kommentieren
Das Offenburger Unternehmen belegt in diesem Jahr Rang eins des „Top 100“-Rankings. Quelle: Peter Huber Kältemaschinenbau
Fertigung bei Peter Huber Kältemaschinenbau

Das Offenburger Unternehmen belegt in diesem Jahr Rang eins des „Top 100“-Rankings.

(Foto: Peter Huber Kältemaschinenbau)

Köln Karbonbeton, ein Holz-Lehm-Gemisch oder doch lieber Gipsfaser? Welche innovative Wand ermöglicht im Haus das beste Raumklima? Unter diesem Aspekt untersuchen derzeit Studierende der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK) Baumaterialien von Kleusberg.

Der Mittelständler ist Partner im Projekt „Nachhaltiges Bauen“ der HTWK. Das Ziel ist die Einführung neuer, möglichst umweltverträglicher Materialien beim Hausbau. Es geht ebenfalls um den Umweltschutz: Die neuen Wände von Kleusberg sollen zudem helfen, die Klimabilanz von Gebäuden insgesamt zu verbessern.

Innovativ ist auch die Verwertung der Bauteile von Kleusberg. Die Module des Wissener Unternehmens sind größtenteils rückbaubar, ihr Material ist wiederverwertbar. Und sogar bei der Errichtung eines Hauses spart Kleusberg Ressourcen ein.

Laut Unternehmensangaben können etwa Schulen oder Bürogebäude binnen weniger Tage komplett entstehen – was den Maschineneinsatz stark verringert. Kunden wissen die Innovationskraft des Mittelständlers zu schätzen. Allein in den sechs deutschen Kleusberg-Werken werden pro Woche mehr 4500 Quadratmeter Gebäudefläche gefertigt.

Rund 250 Millionen Euro setzte Kleusberg zuletzt um – ein jährliches Plus von 14,1 Prozent seit 2016. Die durchschnittliche Ebit-Marge der vergangenen fünf Jahre beträgt 15,5 Prozent. Damit schaffte es Kleusberg als Neueinsteiger gleich auf Rang 17 im diesjährigen Ranking „Top 100“ der wachstums- und ertragsstärksten Mittelständler.

Diese Rangliste ermittelt die Strategieberatung Munich Strategy jährlich in Kooperation mit dem Handelsblatt. Untersucht wurden mehr als 4000 Mittelständler in Deutschland aus ganz unterschiedlichen Branchen.

Die 100 Top-Firmen haben im Durchschnitt in den vergangenen fünf Jahren ihren Umsatz jährlich um elf Prozent gesteigert – und sie können bei der Ebit-Marge im Schnitt 14,7 Prozent vorweisen.

Wie es Familienunternehmen generell schaffen, sich wirtschaftlich durchzusetzen – das untersucht Markus Thomzik, Forschungsprofessor am Institut für angewandte Innovationsforschung an der Ruhr-Universität Bochum. „Mittelständler verdanken ihr Wachstum in erster Linie ihrer Innovationskraft“, sagt er.

Ein Blick auf die Statistik zeigt: Hinter den USA liegt Deutschland bei der Einreichung von Patenten beim Europäischen Patentamt auf Platz zwei. „Es mangelt uns in Deutschland nicht an Ideen“, sagt Thomzik. Er sieht Nachholbedarf an anderer Stelle: „Vielen Unternehmen in Deutschland fehlt die Risikobereitschaft, ihre Ideen in marktfähige Produkte umzuwandeln. Erfolgreiche Mittelständler aber suchen dieses Risiko.“

Labor statt Reißbrett

Gute Ideen in wirtschaftliche Erfolge ummünzen – das gelingt dem Sieger des „Top 100“-Rankings: Peter Huber Kältemaschinenbau. Für den Hersteller von Temperiergeräten für Forschung und Industrie stehen ein durchschnittliches Umsatzwachstum der vergangenen fünf Jahre von 21,5 Prozent und eine durchschnittliche Ebit-Marge von 23,5 Prozent zu Buche. So schaffte Peter Huber Kältemaschinenbau den Sprung von Platz fünf nach ganz vorn.

Jüngste Innovation des Offenburger Mittelständlers ist ein Temperiersystem für den Einsatz im Automobilbau. Das Gerät sorgt etwa dafür, dass Tests von Batterien auch bei Arbeitstemperaturen von unter minus 40 Grad Celsius möglich sind. Eine Verbesserung der Pumptechnik sorgt dafür, dass das unverzichtbare dickflüssige Kältemittel auch dann noch funktionstüchtig bleibt.

Für den Vorstandsvorsitzenden Daniel Huber sind Innovationen „essenziell, um Marktführer zu bleiben“. Das Unternehmen verfügt über eine für jeden Mitarbeiter einsehbare Innovationsstrategie. Darin geht es vor allem darum, geeignete Voraussetzungen für Innovationen zu schaffen. Das dreiseitige Papier fordert für die 25 Mitarbeiter starke Forschungs- und Entwicklungsabteilung größtmögliche Freiheiten. Niemand soll im Alltagsgeschäfts derart ausgelastet sein, dass die Kreativität eingeschränkt wird.

„Wir geben für Forschung und Entwicklung deutlich mehr aus als andere Branchenteilnehmer“, sagt Huber. Großen Wert legt er auf die Geschwindigkeit, mit der Ideen umgesetzt werden. „Bei uns steht der Prototyp eines Geräts oft schon im Labor, noch bevor er am Reißbrett fertig ist.“ Die Nähe zu den Kunden helfe dabei, herauszufinden, welche Produkte der Markt braucht. Huber verweist auf mehr als 1000 Kundenbesuche pro Jahr.

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Ein hoher finanzieller Einsatz für die Forschung – seit vergangenem Jahr wird das von der Bundesregierung über ein neues Förderinstrument belohnt. Am 1. Januar 2020 trat das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung in Kraft. In Deutschland steuerpflichtige Unternehmen haben seither einen Rechtsanspruch auf eine Unterstützung in Form der sogenannten Forschungszulage.

„Die steuerliche Förderung soll die Forschungsaktivitäten insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen anregen“, umreißt das Bundesfinanzministerium das Ziel. Das neue Instrument trifft auf reges Interesse. Die Behörden haben inzwischen schon 2373 Anträge bewilligt – 83 Prozent der Antragsteller kamen zum Zuge.

Krise fördert das Umdenken

Experte Thomzik hält die Wirkung staatlicher Innovationsförderung dennoch für begrenzt – und warnt vor Bequemlichkeit: „Innovationen werden in Köpfen gemacht“, sagt er. „Nichts ist gefährlicher, als sich auf den Erfolgen von gestern auszuruhen.“

Als Beispiel nennt Thomzik die Autoindustrie, die den Schwenk hin zur Elektromobilität zu lange hinausgezögert habe und nun teils von der ausländischen Konkurrenz überholt werde. Eine neue Innovationskultur im Land zu schaffen, das hält Thomzik für eine Generationenaufgabe. Es gelte, die vorherrschende Denkweise einer Nullfehlertoleranz mit einer stärkeren Anerkennung von Risikobereitschaft zu verbinden. „In Unternehmen muss die übliche Nullfehlertoleranz in der Routine die Fehlerkultur des Innovators finanzieren“, sagt Thomzik.

Mehr Risikobereitschaft – das könnte in Unternehmen auch eine Folge der Corona-Pandemie sein. Das legt eine Umfrage unter 100 Mittelständlern des Baden-Badener Peter Hertweck Forums im September dieses Jahres nahe.

Das Ergebnis: Manager entscheiden ausgangs der Krise beherzter. 56 Prozent der Befragten haben eine Beschleunigung bei Veränderungen in der eigenen Firma ausgemacht. Ein gutes Drittel (36 Prozent) gibt an, dass auf Managementebene Entscheidungen zügiger fallen. Die veränderten Rahmenbedingungen aufgrund der Pandemie hätten dazu geführt, dass viele Unternehmen ihre Planungen für die 2020er-Jahre schneller als geplant umsetzen werden, heißt es in der Analyse.

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Entscheidungsfreude erwartet auch Christian Frank von seinen Mitarbeitern. „Bei uns darf und soll jeder mutig sein“, sagt der Vorstandsvorsitzende von Sikora. Der Mittelständler entwickelt und produziert in Bremen Mess- und Regeltechnik sowie Sortiersysteme für die Industrie.

„Wir leben von 50 Jahren Innovation“, verweist Frank auf die Unternehmensgeschichte. Doch ausruhen will man sich auf den Erfolgen nicht. Rückschläge bei der Forschung und Entwicklung sind einkalkuliert: „Nicht alles kann auf Anhieb klappen. Dieses Risiko gehen wir bewusst ein. Denn wenn wir keinen technologischen Vorsprung vor dem Wettbewerb haben, könnten wir uns nur über den Preis differenzieren. Das wäre als Mittelständler schwierig.“

Mit durchschnittlich 12,8 Prozent Umsatzwachstum und einer Ebit-Marge von im Schnitt 23,5 Prozent in den vergangenen Jahren machte Sikora im Ranking von Munich Strategy acht Plätze gut und landet aktuell auf Rang zehn. Der Anteil des Auslandsgeschäfts am Umsatz beträgt bei den Top-100-Unternehmen 60 Prozent. Bei Sikora sind es sogar 96 Prozent – mit Schwerpunkt auf Asien.

Staatliche Innovationsförderung bringt bei Sikora die Produktentwicklung voran. Ein Mitarbeiter beschäftigt sich ausschließlich damit, welche Förderungen für das Unternehmen infrage kommen und welche Voraussetzungen – etwa Partnerschaften mit Unis – geschaffen werden müssen, um sie zu erhalten. Zehn Prozent des Umsatzes fließen laut Vorstandschef Frank in die Forschung und Entwicklung. Jeder fünfte Mitarbeiter von Sikora ist in dieser Abteilung beschäftigt.

Jüngste Innovation ist ein Chip für ein Gerät, das mithilfe von Radarwellen die Dicke von Rohrwänden misst. Der Halbleiter wurde gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft und an Hochschulen entwickelt und sorgt für mehr Genauigkeit bei der Produktion. Radarwellen vermessen den Durchmesser eines Rohrs und die Wanddicke. Ein Computer wertet die Daten aus. Ist die Wand zum Beispiel zu dick, wird automatisch korrigiert. Das ist gleich doppelt effizient: Fehlerhafte Produktionen werden vermieden, zudem wird Material eingespart.

Mehr: „Das Modell Exportweltmeister braucht ein Update“, sagt der Geschäftsführer von Munich Strategy

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