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Risikokapital Pandemie schürt Existenzangst bei Start-ups

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Ob daraus nach der Krise ein Geschäft wird, ist noch offen

Mit dem Wechsel ins Homeoffice bauten die knapp 200 Mitarbeiter ein neues Modell: Choco vermittelt nun in zwölf Städten Lieferungen aus dem Großhandel direkt an Verbraucher – seit einigen Tagen auch in Berlin, Hamburg und München. Einen „Pivot“, die radikale Änderung des Geschäftsmodells, müssen normalerweise nur Start-ups versuchen, deren Modell grundsätzlich nicht funktioniert. Zurzeit tun es unzählige.

Ob daraus nach der Krise ein Geschäft wird, ist noch offen. Immerhin habe Choco in Paris in den ersten drei Tagen 2000 Lieferungen an Privatleute vermittelt, sagt Khachab. „Unser Fokus in diesem Jahr wird sein dazu beizutragen, dass die Branche wieder aus der Krise kommt“, sagt er. Mögliche Gewinne aus dem Privatlieferservice will er an Gastronomen verteilen. Dabei hilft, dass Choco gut finanziert ist. Investoren wie Target Partners und Bessemer hatten erst im Oktober 33,5 Millionen Dollar in das Food-Start-up investiert.

Auch das ist ungewöhnlich: In guten Zeiten zögern schnell wachsende Start-ups die nächste Finanzierungsrunde eher länger hinaus, um ihre Macht über das Unternehmen zu wahren oder mit höheren Ist-Zahlen in die nächste Verhandlung gehen zu können. Aktuell dagegen saugen sich viele in „opportunistischen Finanzierungsrunden“ mit Kapital voll, selbst wenn ein Großteil der letzten Finanzierung noch auf dem Konto liegt – schließlich weiß niemand, wie schlimm die Krise noch wird.

Das gilt auch für die beiden bis dato am höchsten bewerteten, nicht-börsennotierten Tech-Unternehmen der USA – aber unter unterschiedlichen Vorzeichen: Für die Zimmervermietungs-Plattform Airbnb bedeuten Corona und die daraus folgenden Reisebeschränkungen einen radikalen Einbruch des Geschäfts, in manchen Großstädten um mehr als 80 Prozent.

Zwar sehe man Wachstum bei Langzeitvermietungen von mehreren Monaten über die Plattform und wolle diese Möglichkeit nun aktiver bewerben, sagt Chris Lehane, Cheflobbyist von Airbnb, dem Handelsblatt – das sind etwa Stadtbewohner, die vor der Corona-Ansteckung aufs Land flüchten. Doch aus seiner Tourismuskrise hilft das Airbnb noch lange nicht.

Obwohl Airbnb nach eigenen Angaben rund vier Milliarden Dollar liquide Mittel hat, besorgte sich das Unternehmen aus San Francisco in den vergangenen Wochen von Investoren insgesamt zwei Milliarden Dollar in Eigenkapital und Krediten. Die Notfinanzierung kommt das Unternehmen teuer: Die Kredite sind mit rund zehn Prozent verzinst, teilweise können sie in Airbnb-Anteile umgewandelt werden. Das allerdings zu einer Unternehmensbewertung, die mit rund 18 Milliarden Dollar derzeit nur noch gut halb so hoch ist wie bei der letzten Finanzierungsrunde.

Fintechs dürften profitieren

Ganz anders der Beinahe-Nachbar von Airbnb in San Franciscos Soma-Distrikt: der Finanzdienstleister Stripe. Erst im September hatte Stripe von Investoren wie Andreessen Horowitz, Sequoia oder Google Ventures 250 Millionen Dollar zu einer Bewertung von 35 Milliarden Dollar erhalten. Vergangenen Donnerstag verkündete Stripe dann, die Runde um 600 Millionen Dollar zu erweitern – sogar zu einer leicht höheren Bewertung von 36 Milliarden Dollar.

Stripe ist ein Coronagewinner, aber kein ganz offensichtlicher: Das von den irischen Brüdern John und Patrick Collison gegründete Unternehmen startete mit der Abwicklung von Onlinezahlungen. Inzwischen hilft es, Unternehmen online zu gründen und so „das Bruttoinlandsprodukt des Internets zu steigern“, wie die Gründer ihre Vision zusammenfassen.

Zwar ist das Bruttoinlandsprodukt der Welt aktuell im freien Fall, doch das gilt vor allem für die Offline-Welt. Eben hat Stripe den boomenden Videokonferenzanbieter Zoom als Kunden gewonnen, davor bereits Lieferdienste wie Just Eat und Instacart oder den US-Fernsehsender NBC, der bald seinen Streamingdienst Peacock startet. Restaurants und Bauernhöfe nutzen Stripe, um ein Liefergeschäft aufzubauen. „Unternehmen, die den Start ihres Onlinegeschäfts aufgeschoben haben oder keinen Grund dazu hatten, haben diesen Sprung nun praktisch über Nacht gemacht“, sagt John Collison.

Viele Start-ups, die Dienstleistungen in der Online- und der Offline-Welt verbinden, geraten unter die Räder – zumindest solange ihre Dienste nicht zu den wenigen, ganz essenziellen Dienstleistungen wie Lebensmittellieferungen zählen. Sofar Sounds, Airbnb, aber auch börsennotierte Tech-Unternehmen wie Uber oder die Restaurant-Bewertungsplattform Yelp, die gerade 1000 Mitarbeiter entlassen und deren Aktie seit Anfang des Jahres knapp die Hälfte ihres Wertes verloren hat.

Wer dagegen auf rein digitale Dienstleistungen setzt, hat weiter Chancen auf Investments zu attraktiven Bedingungen. Viele Beispiele kommen aus dem Finanztechnologie-Bereich: Das Berliner Start-up Trade Republic, ein Onlinebroker, hat gerade 67 Millionen Dollar von US-Investoren wie Accel oder Peter Thiels Founders Fund erhalten.

Trade Republics Vorbild, das US-Start-up Robinhood, soll laut Berichten an einer 250-Millionen-Dollar-Finanzierung arbeiten, obwohl es in den turbulenten letzten Börsenwochen mehrfach überlastet war – oder genau deswegen.

Carta, das eine Software zum Management von Start-up-Anteilen betreibt, soll laut Berichten eine Finanzierungsrunde über 200 Millionen Dollar anpeilen, die seine Bewertung auf rund drei Milliarden Dollar beinahe verdoppeln würde. Trotzdem hat Carta eben 161 Mitarbeiter oder 16 Prozent der Belegschaft entlassen.

Auch die Unternehmer, denen die Investoren noch eine Zukunft zutrauen, rüsten sich erst mal für eine schwere Zeit.

Längst nicht alle Start-ups, die zurzeit noch Geld erhalten, sind Krisengewinner. Aber sie zeigen, dass sie die Coronaschäden für ihr Geschäft durch kluge Pivots kurzfristig eindämmen können. Und dass sie langfristig in eine Post-Pandemie-Welt passen, in der die Wirtschaftsleistung des Internets weit höher sein wird als vor der Krise.

Mehr: In den USA wächst der Widerstand gegen die Macht der Lieferdienste.

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