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Rutscher „Puky Racer “

Design und Technik wurden 1:1 vom Original übernommen. Die billigen Materialen (Gehäuse, Räder, Lenkrad) und schlechte Verarbeitung (Oberflächen) spiegeln die minderwertige Qualität wider.

(Foto: Aktion Plagiarius)

Schmähpreis Plagiarius Warum deutsche Produkte so oft gefälscht werden

Große Massen an billigen Kopien aus Asien überschwemmen den europäischen Markt. Mittelständler kommen oft nur schwer dagegen an.
09.02.2018 - 13:54 Uhr Kommentieren

Düsseldorf Das rote Rutschauto „Puky Racer“ erfreut sich großer Beliebtheit – nicht nur bei Kleinkindern, sondern auch bei chinesischen Produktfälschern. Auf Onlineshops wie Alibaba wird das Plagiat günstig angeboten. Das Dreiste: Design und Technik wurden eins zu eins vom Original übernommen. Allerdings wurden minderwertige Materialien verwendet – und dann auch noch schlecht verarbeitet. Der Puky Racer wurde beim Plagiarius-Wettbewerbs 2018 als dreiste Fälschung ausgezeichnet. Der Schmähpreis – ein Zwerg mit goldener Nase - wurde zum 42. Mal von der Aktion Plagiarius vergeben.

„Regelmäßig tauchen Teil- oder Komplettfälschungen unserer Produkte auf“, klagt Joachim Rao, Leiter Produktmanagement von Puky in Wülfrath. In China gelten Puky-Produkte als Statussymbole. Eine zunehmende chinesische Mittel- und Oberschicht ist immer öfter bereit, für das Original „Made in Germany“ entsprechend zu zahlen, so Rao. Andere ziehen günstige Imitate vor.

Gegen die große Masse an billigen Kopien aus Asien anzukommen ist für einen europäischen Mittelständler wie Puky sehr aufwendig. „Das kostet viel Zeit, Geld und Nerven“, sagt Rao. Sei man erfolgreich gegen eine Kopie vorgegangen, tauche diese oftmals kurz darauf wieder im Markt auf. „Das fühlt sich bisweilen an wie ein Kampf gegen Windmühlen. Nichtsdestoweniger gehen wir zum Schutz unserer Konsumenten konsequent gegen jedes Plagiat vor.“ Auch als ein ganzer Spielpark in Deutschland unter dem Namen „Puky“ eröffnen wollte.

Das sind die dreistesten Fälschungen des Jahres
Der „Plagiarius“
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Am Freitag wurde auf der Frankfurter Konsumgütermesse „Ambiente“ zum 42. Mal der „Plagiarius“ verliehen. Der Preis „adelt“ die besonders dreisten Unternehmen, die sich mit Plagiaten einen goldene Nase verdienen (daher auch die goldene Nase beim Zwerg). Ziel des Vereins Aktion Plagiarius ist es, Produktpiraten an den Pranger zu stellen und unseriöse Geschäftspraktiken ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.

(Foto: Aktion Plagiarius)
Vorratsdose „Hot Stuff“
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Produktdesign, Produktname, Werbe-Banderole sowie Koziol-Schrifttypo wurden 1:1 kopiert. Lediglich der Firmenname „Koziol“ wurde nicht übernommen.
Links Original: Koziol ideas for friends GmbH, Erbach, Deutschland
Rechts Plagiat: Vertrieb: Glocalize SPA, Santiago, Chile

(Foto: Aktion Plagiarius)
Silikonförmchen „Amorini“
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Das Produktdesign ist 1:1 kopiert. Verpackungsdesign und der Name „Siliko” sind ebenfalls nahezu identisch und damit irreführend.
Links Original: Silikomart S.r.l., Mellaredo di Pianiga, Italien
Rechts Plagiat: Vertrieb: Ningbo Globalway Industry & Trade Co., Ltd., Ningbo, China

(Foto: Aktion Plagiarius)
Käsereibe „Kasimir“
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Seit Jahren werden unterschiedlichste Plagiate des Koziol-Bestsellers „Kasimir“ vertrieben, in Asien, Spanien oder der Türkei. Jetzt wurden auch das Top-Schild inklusive Foto und die Gummibefestigung kopiert. Der spanische Distributor hat die Plagiate aus Läden und Internet entfernt und eine Unterlassungserklärung unterschrieben.
Links Original: Koziol ideas for friends GmbH, Erbach, Deutschland
Rechts Plagiat: Vertrieb über ein spanisches Warenhaus / Geschenkeläden mit Onlineshop

(Foto: Aktion Plagiarius)
Bad-Accessoire-Serie „Royal“
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Trotz minimaler Designunterschiede bei zweien der Accessoires ist der Gesamteindruck der Serien identisch. Die Materialien sind beim Plagiat billig, die Anbringung der Strass-Steine schludrig. Die Plagiate wurden vom Markt genommen.
Links Originale: Immanuel Industrial Co., Ltd., Tainan City, Taiwan
Rechts Plagiate: Vertrieb durch einen deutschen Online-Händler über Amazon.de

(Foto: Aktion Plagiarius)
Schweizer Taschenmesser „SwissChamp“
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Das Victorinox-Markenzeichen (Kreuz und Schild) verführt zum Kauf. Das mit der Originalmarke einhergehende Qualitätsversprechen wird aber von den extrem billigen Fälschungen nicht gehalten (unscharfe Messer, nicht funktionierende Lupe etc.). Die Identitäten der Online-Händler sind schwer zu ermitteln, eine Verfolgung ist oft schwierig.
Links Original: Victorinox AG, Ibach-Schwyz, Schweiz
Rechts Fälschung: Vertrieb über das Internet

(Foto: Aktion Plagiarius)
Rahmenprofil „e-X 14”
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Ursprünglich hat Karthäuser-Breuer die Original-Rahmenprofile von Inditec vertrieben. Seit Mitte 2017 stellt die Einzelfirma Raminkus optisch identische Rahmenprofile her und vertreibt diese selbst sowie über Karthäuser-Breuer.
Links Original: Inditec GmbH, Bad Camberg, Deutschland
Rechts Plagiat: Herstellung / Vertrieb: Raminkus Inh. Guido Minkus, Lindlar, Deutschland
Vertrieb: Karthäuser-Breuer GmbH, Köln, Deutschland

(Foto: Aktion Plagiarius)

Produkt- und Markenpiraterie wird oft als harmloses Kavaliersdelikt abgetan. So mancher mag sich vom Urlaub aus dem Süden eine vermeintlich günstige Gucci-Handtasche oder Rolex-Uhr als Souvenir vom Wochenmarkt mitgebracht haben. Was sich die wenigsten klarmachen: Hinter den Fälscherbanden steckt eine knallharte Industrie, die zum Teil Strukturen aus Drogen-, Waffen- und Menschenhandel nutzt.

„In Zeiten von Globalisierung und digitaler Kommunikation haben sich Kriminelle zu weltweiten Netzwerken zusammengeschlossen, die projektbezogen und flexibel agieren“, so Aliki Busse, Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz, die die Aktion Plagiarius berät. „Sie schmücken sich ohne Skrupel mit fremden Federn und produzieren überwiegend unter menschenverachtenden Arbeitsbedingungen.“

Das Geschäft ist äußerst lukrativ, die Margen sind meist gigantisch. Schließlich sparen sich die dreisten Kopisten die Ausgaben für Forschung, Entwicklung und Markenpflege. Allein 2016 beschlagnahmten die EU-Zollbehörden an den Außengrenzen 41 Millionen rechtsverletzende Produkte im Wert von 670 Millionen Euro. Was der Zoll aus dem Verkehr zieht, ist nur die Spitze des Eisbergs. Nach Schätzungen der OECD machten gefälschte oder plagiierte Produkte bis zu fünf Prozent der Importe in die EU aus, 2013 wären das 85 Milliarden Euro. Bis zu 2,5 Prozent des Welthandels sind von Fälschungen betroffen, das wären 461 Milliarden Dollar.

Markenpiraterie ist so alt wie die Geschichte der Marken selbst. Eines der ältesten Opfer von Markenfälschern ist das berühmte Eau de Cologne, Anfang des 18. Jahrhunderts vom Familienunternehmen Farina aus Köln kreiert. Die Farinas verkauften ihr Edelparfum mit der roten Tulpe als Markenzeichen an alle Höfen Europas. Mozart und Goethe waren Kunden wie auch Napoleon. Mit dem Erfolg kamen die Nachahmer.

„Unsere Firma hat mehr als 2000 Prozesse gegen 1200 Plagiate betrieben“, sagt Johann Maria Farina. Der Firmenchef in achter Generation hat selbst rund 100 Prozesse geführt. Den letzten gewann Farina 2006 vor dem Bundespatentgericht. „Am Eau de Cologne haben wahrscheinlich die Rechtsanwälte mehr verdient als wir“, scherzt er. „Die Familie Farina hat mit ihrem unermüdlichen Engagement dazu beigetragen, dass Warenzeichen registriert werden und Nachahmer leichter zur Rechenschaft gezogen werden“, sagt Christine Lacroix von der Aktion Plagiarius, die Farina-Imitaten eine ganze Ausstellung widmete.

Täter nutzen Anonymität des Internets
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