Meist sind es Aroma, natürliches Aroma oder Extrakt, die den Geschmack ausmachen. Für den Verbraucher ist es schwer, sich in diesem Begriffs-Dschungel auf der Verpackung zurechtzufinden. Der Rechtsstreit um ein angebliches chemisches Vanillearoma in der Voll-Nuss-Schokolade von Ritter Sport zeigt, dass Verbraucherschützer peinlich genau auf die richtige Kennzeichnung achten. Unterschieden wird vor allem zwischen „Aromen“ und „natürlichen Aromen“.
Steht allein „Aroma“ oder „Aromastoff“ auf der Verpackung, wurde dem Lebensmittel eine im Labor chemisch hergestellte Substanz zugefügt. Die früher in Deutschland geltende Unterscheidung in „künstlich“ und „naturidentisch“ gibt es nicht mehr. „Künstlich“ war ein chemisch hergestelltes Aroma. Als „naturidentisch“ durfte ein Aroma bezeichnet werden, wenn eine in der Natur vorkommende Substanz lebensmittelchemisch hergestellt wird. Der Begriff „naturidentisch“ war von Verbraucherschützern als Täuschung kritisiert worden.
Eine weitere Variante zur Aromengewinnung ist die Extraktion eines Stoffes, etwa mithilfe von Wasser oder Alkohol. Vanilleextrakt zum Bespiel wird mithilfe von Alkohol aus der Vanilleschote herausgezogen.
Die Stiftung Warentest hat die Ritter-Sport-Schokolade Voll-Nuss als mangelhaft bewertet. Sie bemängelte unter anderem, dass ein chemisch hergestellter Stoff als „natürliches Aroma“ deklariert worden sei und nicht als „Aroma“. Es handelt sich um den Stoff Piperonal mit Vanille- und Mandelgeruch, der natürlich unter anderem in Blütenölen und in Pflanzen wie Pfeffer und Dill vorkommt.
Ritter Sport erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen die Behauptung der Stiftung Warentest, dagegen legten die Verbraucherschützer Widerspruch ein. Dem Unternehmen zufolge wurde der Stoff von einem Aromahersteller in einem physikalischen Verfahren aus Pflanzen gewonnen und kann daher als „natürliches Aroma“ deklariert werden.
Aromastoffe dürfen nicht gesundheitsgefährdend sein und den Verbraucher nicht irreführen. In der EU prüft seit 2008 die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nach strengen Kriterien, ob bei einem Aroma eine Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen werden kann.
Seit April 2013 gilt eine EU-weit gültige Positivliste, die jährlich aktualisiert werden soll. Auf ihr sind alle zugelassenen synthetisch gewonnenen sowie durch chemische Verfahren isolierte Aromastoffe und natürliche Aromastoffe aufgeführt. Für die EU-Positivliste wurden rund 3000 Aromen auf ihre Sicherheit untersucht, übrig blieben zunächst 2100 zulässige Aromastoffe, 400 weitere werden noch getestet.
Nach der EU-Verordnung für Biolebensmittel dürfen für Bioprodukte nur „natürliche Aromastoffe“ oder „Aromaextrakte“ eingesetzt werden. Manche Biohersteller verzichten auch auf natürliche Aromen und verwenden lediglich Aromaextrakte.
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Ich find's schade, dass die Stiftung Warentest aufgibt (obwohl es sicherlich klüger ist). Jetzt werden wir wohl nie erfahren, was der Holzmindener Aromahersteller Symrise da zusammengebraut hat, um den Geschmack der Ritter-Sport-Schoko-Tafeln aufzupeppen. Der begründete Verdacht, dass das Aroma aus der Retorte stammt, bleibt leider.
Das Problem, dass die Lebensmittelhersteller bei der Zutatenangabe kräftig tricksen, bleibt damit auch. Viele Handelsblatt-Leser (und auch -Redakteuere?) scheint das nicht zu stören: Ob der Erdbeergeschmack im Jogurth tatsächlich von den verarbeiteten Erdbeeren stammt oder aus dem Labor, scheint vielen hier egal zu sein: Hauptsache billig!
Dass Ritter Sport überhaupt auf den Zusatzstoff Piperonal zurückgreifen muss, zeigt, dass bei der Auswahl der Kakaosorten weniger auf Qualität, denn auf den Preis geschaut wurde. Bei der Verwendung höherwertiger Kakaosorten wäre der Zusatz nämlich überhaupt nicht notwendig - da hätte die Schokolade auch einfach so gut geschmeckt.
Durch den Zusatz von Piperonal wird also eine Qualität vorgegaukelt, die von Natur aus nicht vorhanden ist. Für den normalen Verbraucher ist das aber nicht zu erkennen. Vom üblichen Sprachgebrauch her wird der Verbraucher davon ausgehen, dass mit "natürlichem Aroma" wohl Vanilleextrakt gemeint ist.
Von daher hat die Geschichte auch weiterhin ein ziemliches "Geschmäckle", auch wenn Ritter Sport sich als Sieger fühlt.
Volkmar Heitmann
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Typisches Vorgehen eines Unternehmens: Warum denn das Produkt verbessern, wenn man sich mit Winkeladvokatentum einem Gutachten entziehen kann?
jetzt mit harten Schadenersatzforderungen gegen die Stiftung nachfassen!
Na endlich, auch Stiftung Warentest ist nicht "Gott"
Da bin ich ja beruhigt, kann wieder bedenkenlos Ritter Sport essen.