Schwan-Stabilo Kosmetik-Chef Karas Halal für die Schönheit

Der Manager entwickelt bei Schwan-Stabilo Kosmetikstifte für jede Haut und jedes Klima.
Heroldsberg Tiefgrüne Streuobstwiesen, ein Schäfer zieht mit seiner Herde vorbei. Fränkische Idylle in Heroldsberg. Jörg Karas hat trotzdem die weite Welt im Blick. „Im Islam sind die Augen für viele Frauen die einzige Möglichkeit, sich auszudrücken“, erläutert der Chef von Schwan-Stabilo Cosmetics. Daher haben seine Forscher jetzt Kosmetikstifte entwickelt, die islamischen Standards entsprechen, also „halal“ sind.
Das ist nicht so einfach. Tiere müssen beispielsweise nach islamischen Regeln geschlachtet werden, wenn ihre Bestandteile in die Stifte gelangen. Die Arbeiter dürfen die Maschinen auch nicht mit Alkohol reinigen. Doch der Aufwand lohnt sich. „Der Markt wird sich in zwei Jahren verdoppeln“, ist Karas überzeugt. In Indonesien dürfe in einigen Jahren nur noch halal-gerechte Kosmetik in den Regalen stehen.
Schwan-Stabilo Cosmetics ist in der Öffentlichkeit so gut wie unbekannt. Das liegt daran, dass die mittlerweile wichtigste Sparte des Familienunternehmens Schwan-Stabilo ihre Eyeliner und Lippenstifte nicht unter dem eigenen Namen vertreibt. Stattdessen liefern die Franken an große Labels der Kosmetikindustrie wie Avon, Revlon, LVMH oder Procter & Gamble.
Für den Mittelständler ist die Kosmetik wirtschaftlich viel bedeutender als die jedermann bekannten Buntstifte. Die Sparte ist größer, sie wächst stärker. Karas treibt den Bereich von einem Rekord zum nächsten. Die Zahlen des am 30. Juni beendeten Geschäftsjahres legt die 161-Jahre alte Familienfirma erst im Oktober vor. Doch es sei wieder einmal sehr gut gelaufen, heißt es.
Voriges Geschäftsjahr waren die Erlöse der Gruppe um sieben Prozent auf 600 Millionen Euro geklettert. Die Kosmetik legte gut sieben Prozent auf 320 Millionen Euro zu. Das liegt nicht zuletzt am experimentierfreudigen Karas. Der 46-Jährige hat inzwischen selbst vegane Kosmetikstifte im Angebot. Auch dafür mussten seine 200 Forscher und Entwickler lange tüfteln. Bienenwachs ist die Basis vieler Griffel und Rot wird häufig aus Läusen gewonnen. Beides verbietet sich als Rohstoff für vegane Stifte.
Wenn der verheiratete Vater von zwei Kindern einen besonders schönen Stift vorführt, streicht er sich die Farbe schon mal auf den Handrücken. „Wir verkaufen Emotionen“, sagt er mit leiser Stimme.
Der Chemiker führt die Kosmetiksparte seit zwei Jahren. Schwan-Stabilo kennt er in- und auswendig. Gleich nach der Promotion in Heidelberg ging er Ende der 90er-Jahre zu der fränkischen Firma. Die Gegend um Heroldsberg ist schön, aber sie ist nicht der Nabel der Kosmetikindustrie. Karas ist deshalb viel unterwegs, um die neuesten Entwicklungen nicht zu verpassen. „Die Trends kommen aus New York, Schanghai, Paris – und Heroldsberg“, sagt er augenzwinkernd.
Vom Büro bis in die Fertigung sind es nur ein paar Meter, die Labors liegen nebenan. Zwei Kollektionen bietet Karas im Jahr an. Die Stifte unterscheiden sich gewaltig. Farbe, die in gemäßigten Klimazonen einen ganzen Tag hält, würde auf den Augenlidern der Damen in der feuchten Hitze von Singapur schon nach drei Stunden verlaufen. Für jedes Klima und jeden Hauttyp die passende Rezeptur zu finden, das reizt den Naturwissenschaftler. Doch Karas sieht weniger die chemischen Formeln, er weiß, dass seine Kunden Träume kaufen: „Es fällt mir nicht schwer, mich damit zu identifizieren.“
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