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Stifteproduzent Per Ledermann Edding für die Fingernägel

Die Digitalisierung zwingt den Stiftehersteller Edding, neue Geschäftsfelder zu suchen. Das führt zu kuriosen Produkten – und einer Aktie auf Jahreshoch. Verantwortlich dafür: Der Sohn des Gründers, der schon mit 15 gefragt wurde, ob er die Firma leiten will.
21.03.2017 Update: 22.03.2017 - 13:46 Uhr Kommentieren
Die Marke ist in den Sprachgebrauch übergangen wie Tempo oder Tesa. Quelle: Imago
Filzstifte von Edding

Die Marke ist in den Sprachgebrauch übergangen wie Tempo oder Tesa.

(Foto: Imago)

Ahrensburg Bei der Frage nach Graffiti verweist Edding-Chef Per Ledermann auf seine Tochter. Die 17-Jährige habe mit den Lack-Sprühdosen wunderbar ihr Fahrrad neu lackiert, Glasvasen verziert und die Fensterrahmen am Wintergarten der Nachbarn blau gestaltet. Auf Wunsch der Nachbarn, versichert Ledermann.

Hinter der Beschreibung, was mit Graffiti alles möglich ist, steckt eine Botschaft: Ledermann will dem Filzstiftehersteller Edding einen Platz in der Zukunft sichern. Farbsprühdosen ins Produktportfolio aufzunehmen ist eine der Ideen, mit denen der 41-jährige Gründersohn die freien Aktionäre des Familienunternehmens überzeugen konnte. Der Kurs der seit den 1980er-Jahren notierten Aktie hat sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren fast verdoppelt und rangiert derzeit auf einem Allzeithoch. Edding liefert ein Lehrbeispiel für ein Unternehmen, das fast ausschließlich mit einem Produkt identifiziert wird – und sich aus dieser Abhängigkeit befreit, indem es in angrenzende Kategorien expandiert.

„Wir wollen analoge Lösungen suchen, in denen Edding einen Unterschied machen kann“, sagt Ledermann. Sein Unternehmen hat früh erfahren, wie die Digitalisierung das Geschäft bedroht: Groß geworden ist Edding als Lieferant für Logistiker, die mit den Stiften ihre Pakete beschrifteten. Die markigen Filzstifte sind heute oft überflüssig, sie wurden in der Logistik abgelöst durch Aufkleber mit Strichcodes. Ledermann reagiert darauf nicht nur, indem er digitale Produkte wie Whiteboards oder die riesigen Touchscreens der niederländischen Tochter Legamaster anbietet, sondern auch, indem er neue Einsatzmöglichkeiten für Farbe sucht. Und so fügte Ledermann seinem Ursprungsgeschäft immer neue Produkte hinzu: erst Druckerpatronen, dann Spraydosen, schließlich sogar Nagellack.

Mit Graffiti und Nagellack in die Zukunft. Quelle: PR
Per Ledermann

Mit Graffiti und Nagellack in die Zukunft.

(Foto: PR)

1960 gründeten Carl-Wilhelm Edding und Volker Ledermann, Per Ledermanns Vater, das Unternehmen. Von Beginn an fertigten sie wenig selbst, sondern kauften meist bei Zulieferern. 1988 stieg Namensgeber Edding aus, seine Anteile brachte das Unternehmen an die Börse. Nach der Wiedervereinigung kaufte Edding das Stiftewerk der DDR-Marke Markant. Heute entsteht dort hochautomatisiert gut die Hälfte der Stifte.

„Mein Vater hat mich schon mit 15 gefragt, ob ich einmal das Unternehmen führen möchte“, erinnert sich Ledermann. Damals sagte er zu – sonst hätte sich der Vater vielleicht von seinen Anteilen getrennt, vermutet der Sohn. So konnte sich der heute 84-Jährige Senior in den Aufsichtsrat zurückziehen und mehr Zeit für die Pferdezucht in Namibia aufbringen. Der Sohn studierte Jura, sattelte einen MBA in den USA drauf. „Schon im Studium habe ich die Musteraufgaben im Kopf auf Edding angewandt. Da war ich mir sicher, dass ich dahin gehöre.“ Zunächst allerdings ging es zu einer Tourismusberatung nach Nahost – bis der Vater anrief. Der hatte inzwischen etliche Vorstände verschlissen – mal passten die Manager nicht auf den Posten, oft aber funkte ihnen der Eigentümer dazwischen. „Zwei Tage habe ich mich mit meiner Frau beraten“, erzählt Ledermann. Dann sagte er zu und wurde mit 29 Jahren Finanzvorstand. „Ich habe dem Vorstand signalisiert: Ich brauche euch, ich habe wenig Erfahrung“, sagt er. Als Familienmitglied fand er jedoch schnell in seine Rolle und im damaligen Vorstandschef Benno Lohausen einen Mentor. Dankbar ist er auch seinem Vater: „Als ich gekommen bin, hat er den Aufsichtsrat verlassen, weil er den eigenen Sohn nicht kontrollieren wollte. Was er bei den Externen nicht geschafft hat, hat er bei mir eingehalten“, sagt Ledermann. So sei der Senior heute ein guter Ratgeber.

Jetzt auch noch Nagellack

Herausforderungen gibt es genug. Ledermann ließ ermitteln, dass zehn Prozent des Edding-Umsatzes bis 2020 durch Digitalisierung und neue Wettbewerber auf der Kippe stehen. Edding will gegensteuern, indem sich die Firma mehr auf Privatkunden konzentriert. Die Firma vertreibt inzwischen Stifte, mit denen sich Porzellan anmalen lässt. Kindergärten nutzen abwaschbare Farben, und auch den Trend zu Ausmalbüchern für Erwachsene nutzt Edding. Der Umsatz ist so 2015 um 9,5 Millionen Euro auf 138 Millionen Euro gestiegen. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern lag bei 12,2 Millionen Euro. Zahlen für 2016 gibt es noch nicht.

Die ungewöhnlichste Markenneuerung ist allerdings der Nagellack. Doch anders als bei den Spraydosen, die schnell siebenstellige Umsatzwerte erzielten, fehlt Ledermann damit noch der gewünschte Erfolg. Von den größeren Ketten ist er bislang nur in einigen Müller-Filialen, sonst bei regionalen Parfümerien und sogar in Papeterien vertreten. Noch ist Edding halt eher für Schreibwaren bekannt. Doch Ledermann hat mit Hilfe des Marktforschers GfK ergründen lassen, wo eine Lücke für Edding liegen könnte. Demnach gebe es Kundinnen, die beim Nagellack vor allem auf Nutzwert achteten: Haltbarkeit, Farbbrillanz, leichte Auftragbarkeit. Entsprechend lautet der Slogan des Nagellacks: „Power statt Püppchen“.

Einfacher als die Positionierung von Edding-Lippenstift läuft der Generationenwechsel. Weite Anteile sind an Ledermann und die beiden Schwestern, die ebenfalls im Unternehmen arbeiten, übertragen worden. 2016 wurden auch die jüngsten Kinder der drei Geschwister beteiligt – noch vor der Erbschaftsteuerreform. Die nächste Generation soll so an das Unternehmen herangeführt werden, etwa durch Werksbesichtigungen und Schulungen. „Die Gesellschafter müssen genau wie die Mitarbeiter Edding-Tinte im Blut haben“, sagt der Firmenchef. Einen Zwang, ins Unternehmen zu wechseln, gebe es aber nicht. Ledermanns ältester Sohn etwa hat sich für ein Medizin-Studium entschieden.

Die stimmberechtigten Stammaktien, die die Familie komplett hält, sind gepoolt, eine Familien-Charta soll zusätzlich Einigkeit bringen. „Einer der ersten Sätze der Charta lautet: Alle Familienmitglieder haben den Anspruch, finanziell unabhängig vom Unternehmen zu sein“, berichtet Ledermann. Er will so vermeiden, dass die Familie auf Ausschüttungen besteht, die das Unternehmen schwächen könnten. An der Börse will Ledermann bleiben: Das zwinge Edding, professionell und transparent zu arbeiten.

Bislang kann sich die Familie denn auch auf das Unternehmen verlassen: Das markentypische Edding-Rot habe das Unternehmen in den 57 Jahren seines Bestehens noch nie für die Bilanz gebraucht, sagt Ledermann.

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