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Beyond Meat, Impossible Foods, Oatly Veggie-Fleisch und Hafermilch: Marktanteil alternativer Proteine soll rasant wachsen

Jede zehnte Portion Fleisch, Fisch, Ei oder Milch wird bis 2035 durch tierfreie Varianten ersetzt, sagt eine BCG-Studie voraus. Der Umbruch lockt die Investoren.
24.03.2021 - 00:02 Uhr 1 Kommentar
Die US-Fast-Food-Kette hat eine Partnerschaft mit dem Vegan-Start-up geschlossen. Das Pattie für diesen McPlant-Burger kommt von Beyond Meat. Quelle: Reuters
Beyond Meat bei McDonald’s

Die US-Fast-Food-Kette hat eine Partnerschaft mit dem Vegan-Start-up geschlossen. Das Pattie für diesen McPlant-Burger kommt von Beyond Meat.

(Foto: Reuters)

Düsseldorf Veggie-Burger, Hafermilch und fleischfreie Wurst liegen im Trend. Von Nischenprodukten für überzeugte Veganer sind sie heute in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Selbst in Fast-Food-Ketten von McDonald’s bis Starbucks sind vegane Alternativen heute Standard. Bei der größten deutschen Burgerkette Hans im Glück zum Beispiel ist schon fast jeder dritte verkaufte Burger veggie oder vegan.

Die Abkehr von Fleisch- und Milchprodukten ist mehr als ein Lifestyle-Hype. „Wir stehen erst am Anfang eines großen Wandels“, konstatiert Benjamin Morach, Partner der Strategieberatung BCG.

Geht die Entwicklung so weiter, wird jede zehnte Portion Fleisch, Ei oder Milch bis 2035 durch tierfreie Varianten ersetzt: entweder auf Pflanzenbasis, fermentiert mit Mikroorganismen wie Pilzen und Algen oder aus Zellkulturen im Labor gezüchtet. Der Umsatz dürfte von heute 40 Milliarden auf dann 290 Milliarden Dollar im Jahr steigen. Das wäre mehr als das heutige Bruttoinlandsprodukt von Finnland.

Dies ist das Ergebnis der Studie „The Protein Transformation“ der Strategieberatung BCG und der Beteiligungsfirma Blue Horizon. Die Schweizer haben in mehr als 50 Firmen für alternative Proteine investiert und dafür bis dato mehr als 650 Millionen Dollar Kapital eingesammelt.

Die Abkehr von tierischen Proteinen hat messbar positive Effekte auf die Umwelt und das Klima. Jede Portion Spaghetti Bolognese, die mit pflanzlichen Fleischalternativen gemacht wird, spart so viel Treibhausgas ein, wie ein neues Auto auf zehn Kilometern Fahrt ausstößt.

Sinkt der Konsum von Fleisch und Eiern durch Alternativen wie von BCG vorausgesagt, ließe sich damit bis 2035 mehr als eine Gigatonne CO2-Äquivalent einsparen. So viel Kohlendioxid erzeugt ganz Japan in einem Jahr. Zugleich würden 39 Milliarden Kubikmeter Wasser eingespart, genug um die Stadt London 40 Jahre mit Wasser zu versorgen, ermittelte die Studie.

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Gehen technologische Innovationen noch schneller und gibt es ein vorteilhaftes regulatorisches Umfeld – etwa bei der Zulassung von Laborfleisch oder einer umfassenden Besteuerung von Treibhausgasen –, würde sich die Entwicklung rasant beschleunigen. Dann entfielen 2035 statt elf Prozent sogar 22 Prozent des gesamten Proteinmarkts auf Alternativen.

Fleischkonsum in Deutschland sinkt

Mit dramatischen Folgen für die traditionelle Landwirtschaft: Der Konsum von Fleisch, Eiern und Milchprodukten in Europa und Nordamerika dürfte in dem Szenario 2025 seinen Höhepunkt erreichen und danach zurückgehen. In Deutschland sank der Fleischverzehr 2020 bereits um 750 Gramm auf 57,3 Kilo im Jahr. Das ist der niedrigste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen vor zehn Jahren, so das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft.

„Alternative Proteine werden tierischen Proteinen schon bald in Geschmack, Textur und Preis in nichts mehr nachstehen“, prophezeit Morach von BCG. Milchprodukte sind da am weitesten. Sie werden 2035 nach der Prognose der Unternehmensberatung mengenmäßig mehr als die Hälfte der Alternativproteine ausmachen.

Start-ups sind dabei die Innovationsführer bei alternativen Eiweißen. „Der Markt ist vor allem für neue, kleinere Marken chancenreich“, betont Morach. Aktuell entstehen zahlreiche regionale Herausforderer, die mit pflanzlichen Proteinen den Markt aufmischen wollen.

Börsenpionier Beyond Meat

Weltweite Ambitionen hat Beyond Meat aus Kalifornien. CEO Ethan Brown peilt für seine Produkte im Jahr 2023 Preisparität mit Fleischprodukten an. Das Start-up stellt seit 2009 Burgerpatties aus Erbsenprotein her, daneben Würstchen, Hack und Hackbällchen. Die gibt es an rund 122.000 Verkaufsstellen von Walmart bis McDonald’s in 80 Ländern.

Im Mai 2019 legte Beyond Meat einen fulminanten Börsengang hin. Die Marktkapitalisierung liegt derzeit bei mehr als acht Milliarden Dollar. Zwar stieg der Nettoumsatz 2020 um 37 Prozent, erreichte aber gerade einmal 407 Millionen Dollar. Obwohl Beyond zuletzt einen Nettoverlust von 52 Millionen Dollar machte, bleiben die Hoffnungen der Anleger groß.

Auch Impossible Foods, der Rivale von Beyond Meat, weckt Börsenhoffnungen. Gründer Patrick Brown, zuvor Professor für Biochemie der Stanford University, entwickelte 2011 den blutähnlichen Stoff Häme. Der wird aus Soja gewonnen und imitiert so eine saftig-blutige Fleischkonsistenz.

Fleisch aus Pflanzen: Das US-Start-up Impossible Foods wird mit rund vier Milliarden Dollar bewertet. Quelle: Reuters
Impossible Foods

Fleisch aus Pflanzen: Das US-Start-up Impossible Foods wird mit rund vier Milliarden Dollar bewertet.

(Foto: Reuters)

Auch Impossible Foods stellt pflanzliche Burgerpatties, Wurst und Hack her. Verkauft werden die Burger unter anderem bei Burger King, Starbucks und seit Corona auch in etwa 11.000 Supermärkten der USA.

Für die Expansion hat Impossible Foods bisher 1,5 Milliarden Dollar Kapital eingesammelt – auch von Prominenten wie Bill Gates, Jay-Z und Serena Williams. Umsatzzahlen kommuniziert das Unternehmen nicht. Bewertet wird Impossible mit rund vier Milliarden Dollar.

Oatly steht kurz vor dem Börsengang

Ein Börsengang steht beim schwedischen Hafermilchhersteller Oatly kurz bevor und soll bis zu eine Milliarde Dollar einspielen. Die Brüder Rickard und Björn Oste spezialisierten sich in den 90er-Jahren auf Milchersatzprodukte ohne Soja. Der Umsatz der Firma verdoppelte sich 2019 auf fast 200 Millionen Dollar. Die Schweden sammelten im vergangenen Jahr 200 Millionen US-Dollar von Investoren wie Blackstone und Oprah Winfrey ein.

Ein weiteres viel versprechendes Start-up ist Eat Just, gegründet 2011 in Kalifornien. „Made from plants not chickens“ lautet das Motto von CEO Josh Tetrick. Neben Ei-Ersatz aus Mungobohnen züchtet Eat Just Hähnchenfleisch aus Zellkulturen. Dafür wurde eine spezielle Nährlösung und Applikationen entwickelt. Im Dezember wurden in Singapur „Chicken Nuggets“ von Eat Just als weltweit erstes Laborfleisch zugelassen – ein Meilenstein.

„Wir wollen nicht nur Nuggets züchten, sondern eines Tages auch Steaks in Wagyu-Qualität“, kündigte Matt Riley, globaler Vertriebschef von Eat Just, zuletzt im Handelsblatt an. „Das soll genauso viel kosten wie ein normales Rindersteak. Aber unser Laborfleisch schadet weder Tieren noch Umwelt.“

Fast sechs Milliarden Dollar für Vegan-Firmen

Start-ups für alternative Proteine ziehen immer mehr Investorengelder an. Von 2010 bis 2020 kamen insgesamt 5,9 Milliarden Dollar zusammen, wie das gemeinnützige Good Food Institute ermittelte. 3,1 Milliarden Dollar wurden allein 2020 investiert. Dabei erhielten pflanzliche Ersatzprodukte mit 4,4 Milliarden Dollar die höchste Summe. Die Investorenrunde Series F von Impossible Foods vor einem Jahr war mit 500 Millionen Dollar die größte in der Branche überhaupt.

Firmen, die auf mikrobielle Eiweiß-Fermentation setzen, etwa durch Hefen oder einzellige Algen, bekamen insgesamt eine Milliarde Dollar Kapital. Die Series-C-Runde von Perfect Day war mit 300 Millionen Dollar die größte.

Auch Start-ups für Laborfleisch aus Zellen sind gefragt. Sie haben bislang 490 Millionen Dollar eingesammelt. Memphis Meats Series B war die größte Runde mit 186 Millionen Euro. Aleph Farms aus Israel stellte im November sein Ribeye-Rindersteak vor, das aus Zellkulturen in 3D gedruckt wird. Fleisch oder Milch, die aus tierischen Zellen im Labor gewonnen werden, sind laut BCG-Studie erst 2032 preislich und geschmacklich konkurrenzfähig mit natürlichem Fleisch.

Um Technologien für alternative Proteine zu perfektionieren und auf ein industrielles Niveau zu heben, wären insgesamt Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe nötig, rechnet die BCG-Studie vor. Denn bei Massenproduktion und Vertrieb sind klassische Hersteller im Vorteil.

Fleischkonzerne werden zu Proteinproduzenten

Längst sind neben Start-ups auch traditionelle Fleisch- und Milchverarbeiter im Vegan-Bereich aktiv – von Tysons Foods, über Cargill, Danone bis zum deutschen Veggie-Vorreiter Rügenwalder Mühle. Sie definieren sich zu „Protein-Herstellern“ um. Der deutsche Geflügelschlachter PHW (Wiesenhof) hat in Supermeat aus Israel investiert, das Geflügelfleisch aus Zellkulturen züchtet. PHW ist auch europäischer Vertriebspartner des Beyond-Burgers.

Das kalifornische Start-up produziert Ei-Ersatz aus Mungobohnen und züchtet Hühnchenfleisch im Labor. Quelle: Just Egg
Eat Just

Das kalifornische Start-up produziert Ei-Ersatz aus Mungobohnen und züchtet Hühnchenfleisch im Labor.

(Foto: Just Egg)

Auch Cargill, drittgrößter Fleischproduzent der Welt, forscht an pflanzlichen Burger-Patties, Chicken-Nuggets und veganem Ei-Ersatz. „Anders als die Beyond Meats dieser Welt deckt Cargill die gesamte Lieferkette von den Zutaten alternativer Proteine bis zum Verarbeiten ab“, betonte Innovationschef Florian Schattenmann gegenüber dem Handelsblatt. So hat der Konzern 100 Millionen Dollar in die US-Firma Puris investiert. Diese stellt Erbsenproteine her, auch für Beyond. Cargill ist auch in Memphis Meat und Aleph Farms investiert.

Asien ist der größte Markt

Auch wenn viele Start-ups aus Amerika oder Israel stammen. Die Konsumenten sitzen meist woanders. Mehr als zwei Drittel des Geschäfts mit alternativen Proteinen wird 2035 in Asien gemacht, so die Studie. „Auch regulatorisch ist Asien uns einen Schritt voraus, etwa bei der Zulassung von zellbasiertem Fleisch“, sagt Björn Witte, CEO von Blue Horizon.

Chinas Fünfjahresplan sieht laut Morach vor, den CO2-Ausstoß um 18 Prozent zu senken: „Das könnte das Marktwachstum für alternative Proteine deutlich beschleunigen.“

Vegan-Gründer Timo Recker folgt bereits dem Asientrend. Der Sohn eines Fleischunternehmers verkaufte sein Düsseldorfer Start-up Like Meat mit 120 Mitarbeitern im September an Livekindly, das zu Blue Horizon gehört. Bewusst gründete er seine nächste Vegan-Firma in Singapur. Next Gen Foods verkauft Hähnchenimitat aus Soja. Recker hofft, von dort eine globale Vegan-Marke aufbauen zu können.

Mehr: Nicht nur Beyond Meat: Wie Anleger vom Vegan-Trend profitieren können

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  • Das ist eine gute und eine schlechte Nachricht gleichzeitig. Gut, weil die Chancen groß sind, dass diese Form der industriellen Nnahrungsproduktion und Versorgung etwas weniger schlecht für das Klima und die Gesundheit des Einzelnen sind als konventionelle Tierproduktion. Schlecht, weil es Großkonzerne, industriepolitische Machtspiele und Ausbeutung mit sich bringen wird. Eine wirklich nachhaltige und gesunde Ernährung kommt weder durch weiter so wie bisher nur mit anderen Rohstoffen, noch durch eine der Markt wird uns gut versorgen Mentalität. Wir müssen uns dazu neu ausrichten und anders leben.

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