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Klimaschutz So sollen die Kunden vom Jet in den Zug gelockt werden

Bahn und Luftverkehr haben einen Aktionsplan entwickelt, um den Umstieg auf die Schiene zu erleichtern. Laut Umfragen ist die Bahn vielen Deutschen bisher noch zu umständlich.
15.04.2021 - 12:58 Uhr Kommentieren
Die ICE-Strecke von Köln nach Frankfurt ist ein Beispiel dafür, wie der Umstieg vom Jet auf den Zug funktionieren kann. Quelle: dpa
ICE am Flughafenbahnhof in Frankfurt

Die ICE-Strecke von Köln nach Frankfurt ist ein Beispiel dafür, wie der Umstieg vom Jet auf den Zug funktionieren kann.

(Foto: dpa)

Frankfurt Auch wenn Corona derzeit viele Themen überlagert – in der Luftfahrtbranche weiß man, dass ein Thema nicht vom Tisch ist: die Klimabelastung durch den Luftverkehr. Gemeinsam mit der Deutschen Bahn wollen Airlines und Airports den Kunden im innerdeutschen Verkehr den Umstieg auf die Schiene erleichtern.

„Nur wenn wir noch mehr Verkehr auf die Schiene verlagern, schaffen wir die Klimaziele. Das ist ein Kraftakt, den wir nur gemeinsam bewältigen können“, sagte Ronald Pofalla, im Vorstand der Deutschen Bahn für das Thema Infrastruktur zuständig.

Ein Jahr lang diskutierten Vertreter beider Seiten über die richtige Strategie, um mehr Kunden vom Jet in den Zug zu locken. Der wesentliche Kern des am Donnerstagvormittag vorgestellten gemeinsamen Aktionsplans: Erst soll das Angebot auf der Schiene verbessert werden, dann werden die Airlines auf ihrer Seite die entsprechenden Angebote anpassen und reduzieren.

Hintergrund des gemeinsamen Engagements dürfte vor allem der wachsende Druck sein, beim Thema Klimaschutz tätig zu werden. Immerhin werden gerade Kurzstreckenflüge oft von Initiativen wie „Fridays for Future“ kritisiert. Gleichzeitig wollen alle Beteiligten ein mögliches Verbot von inländischen Flügen, wie es vor wenigen Tagen in Frankreich beschlossen wurde, verhindern.

Zubringerzüge statt Zubringerflügen haben zudem für die Fluggesellschaften den Vorteil, dass sie die oft nicht profitablen Inlandsflüge streichen können, ohne um Fluggäste für internationalen Flüge bangen zu müssen.

Für die Verlagerung auf die Schiene müssen allerdings Angebot und Preis stimmen – nur dann lassen sich nach Erfahrungen der Luftfahrtbranche die Kunden überzeugen. „Eine Verlagerung per Dekret ist im Luftverkehr nicht sinnvoll“, sagte Stefan Schulte, der Chef des Flughafenbetreibers Fraport und Präsident des Flughafenverbands ADV. Die Fluggäste würden dann etwa ins Ausland ausweichen.

Beim Thema Preis ist die Lage unübersichtlich. Auf vielen Strecken ist die Bahn billiger als das Flugzeug, doch Billigairlines haben in der Vergangenheit mit Kampfpreisen dafür gesorgt, dass manchmal der Jet eben doch günstiger ist.

Viel entscheidender ist deshalb das Angebot. Ist die Reisezeit auf der Schiene signifikant länger als der Flug, greifen viele Kunden doch zum Flugticket, selbst wenn dieses teurer ist. Als Grenze gilt eine Fahrzeit von maximal drei Stunden.

Bislang wollen nur wenige Deutsche auf den Zug umsteigen

Bisher sind jedenfalls nur wenige Deutsche bereit, den Zug statt das Flugzeug zu nehmen, wenn beide Verkehrsmittel zur Verfügung stehen. In einer Umfrage der Umweltorganisation Germanwatch zeigte sich Ende März, dass lediglich 42 Prozent der volljährigen Deutschen einen Flug durch eine Bahnfahrt ersetzen würden, sofern der Preis vernünftig ist. In Ländern wie Frankreich (61 Prozent), den Niederlanden (55 Prozent) oder Polen (54 Prozent) ist die Bereitschaft größer. Vielen Deutschen gilt die Bahn noch als zu umständlich, wenig zuverlässig und vor allem zu langsam.

Andererseits zeigt die Strecke von Köln nach Frankfurt, dass der Umstieg klappt, wenn das Angebot gerade beim Thema Tempo stimmt. Nachdem die Bahn hier vor vielen Jahren die Hochgeschwindigkeitstrasse in Betrieb genommen hatte, stellte die Lufthansa ihrerseits die Verbindung zwischen beiden Städten ein. Daran wollen die Bahn und die Luftverkehrsbranche nun anknüpfen.

So sollen verstärkt Sprinter zwischen wichtigen deutschen Städten eingesetzt werden – ohne viele Zwischenhalte und mit kürzeren Reisezeiten. Damit will die Bahn eine Alternative für jene Flüge bieten, bei denen der Passagier nur von einer deutschen in die andere deutsche Stadt will – der sogenannte lokale Verkehr. „Wir bleiben nicht stehen, wir werden die Infrastruktur ausbauen und die Reisezeiten weiter verkürzen“, sagte Berthold Huber, im Bahn-Vorstand für den Personenverkehr verantwortlich.

Gleichzeitig soll der Zug auch für Kunden attraktiver werden, die zum Flughafen wollen, um von dort in die Ferne zu reisen. Hier gibt es einige Themen, die die Beteiligten auf beiden Seiten angehen wollen. Der Fahrplan der Bahn soll besser mit den Flugplänen der Airlines abgestimmt werden, und Tickets sollen gemeinsam vermarktet werden. Ebenso soll die Führung gerade der ausländischen Fluggäste am Flughafen und am Bahnhof verbessert werden, etwa durch mehrsprachige Ansagen und Schilder.

Ein Problem bei der Anreise zum Flughafen mit der Bahn ist nach wie vor, dass der Kunde sein Gepäck selbst bis zum Schalter schleppen muss. Quelle: imago images/Michael Matthey
Einchecken am Flughafen Hannover

Ein Problem bei der Anreise zum Flughafen mit der Bahn ist nach wie vor, dass der Kunde sein Gepäck selbst bis zum Schalter schleppen muss.

(Foto: imago images/Michael Matthey)

Auch das aus Passagiersicht leidige Thema Gepäck-Handling soll optimiert werden. Wer das Flugzeug als Zubringer nutzt, ist es gewohnt, dass sein Gepäck automatisch umgeladen wird. Das erwarten die Kunden auch bei einer Anreise mit dem Zug. In einem ersten Schritt sollen Bahnreisende nun die „Fastlane“ nutzen können, „um ihr Gepäck möglichst schnell loswerden zu können“, so Huber. Weitere Maßnahmen würden derzeit geprüft.

Eine große Baustelle ist zudem die mangelhafte Anbindung des zweitgrößten deutschen Flughafens in München an den Fernverkehr. Derzeit läuft hier eine Machbarkeitsstudie, inwieweit der Airport an den Fernverkehr angeschlossen werden kann. „Das ist aber auch eine Entscheidung, die die Politik in München und Berlin treffen muss“, sagte Pofalla.

Klimaeffekte sind überschaubar

Werden alle Maßnahmen tatsächlich realisiert, schätzen Bahn und Luftverkehrswirtschaft, dass 20 Prozent der innerdeutschen Fluggäste vom Jet auf die Schiene gelockt werden könnten. Bezogen auf das Vorkrisenjahr 2019 wären das 4,3 Millionen Passagiere jährlich.

Die Effekte bei den Emissionen wären zwar überschaubar. Das liegt vor allem daran, dass der innerdeutsche Flugverkehr nur etwa 0,3 Prozent aller CO2-Emissionen im Land ausmacht. Durch den Umstieg auf die Schiene könnte davon ein Sechstel eingespart werden. Das größere Einsparpotenzial gibt es auf der Langstrecke, die weltweit für drei Prozent aller CO2-Emissionen verantwortlich ist.

Doch aufseiten des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) und der Bahn ist man überzeugt, dass man nichts unversucht lassen sollte, die Klimabelastung zu reduzieren. „Das ist nur ein kleiner Teil, aber wir wollen auch an diesen kleinen Baustein heran, um das Klima zu verbessern“, sagte Peter Gerber, CEO der Lufthansa-Tochter Brussels Airlines und zugleich Präsident des BDL.

Klar ist indessen: Ohne Investitionen in die Bahn ist der Aktionsplan kaum zu realisieren. Hier hat die Deutsche Bahn aber schon jetzt einen gewaltigen Nachholbedarf. Allein für den geplanten „Deutschlandtakt“ hat man laut Pofalla 1000 Baustellen identifiziert. Es wird also wohl noch dauern, bis alle Elemente des Aktionsplans umgesetzt werden können.

Mehr: Bahn fährt Rekordverlust ein und erwartet erst 2022 wieder Gewinn

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