Christiana Riley Amerika-Chefin der Deutschen Bank: „Wir haben die Bank kleiner und stärker gemacht“

Seit gut zwei Jahren führt sie die Geschäfte in New York.
New York Für den großen Moment ist auch Michael Bloomberg vergangene Woche auf die Terrasse des neuen Gebäudes gekommen. Der frühere New Yorker Bürgermeister schnitt gemeinsam mit Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing und Amerika-Chefin Christiana Riley das Band durch, um die offizielle Eröffnung der neuen Deutsche-Bank-Zentrale in Manhattan zu symbolisieren.
Bloomberg hatte maßgeblich dabei mitgewirkt, die Stadt nach den Terroranschlägen vom 11. September wieder aufzubauen, von denen auch die Deutsche Bank stark betroffen war. Nun, 20 Jahre später, soll der Einzug ins neue Gebäude auch eine neue Ära markieren.
Seit gut zwei Jahren führt Riley die Geschäfte in New York und hat die Bank zuerst durch eine große Restrukturierung mit dem Abbau Tausender Stellen und dann durch die Coronakrise gesteuert. Wie bei anderen Wall-Street-Häusern geht es jetzt für die Deutsche Bank darum, vom wirtschaftlichen Aufschwung zu profitieren und möglichst viel aus dem Boom an den Kapitalmärkten herauszuholen. „Wir haben die Bank erfolgreich kleiner und stärker gemacht“, sagt Riley im Gespräch mit dem Handelsblatt. Die gesteckten Ziele habe die Bank „entweder erfüllt oder übertroffen“.
Rund ein Fünftel der 5000 Banker aus New York ist bereits in das neue Bürogebäude umgezogen, der Rest folgt in den kommenden Monaten. Die personelle Verkleinerung war wegen der kurzen Kündigungsfristen in den USA bereits nach sechs Monaten beendet. Die Bank trennte sich unter anderem vom Aktienhandelsgeschäft.
Die schlankere Struktur wird laut Riley auch von den amerikanischen Regulierungsbehörden begrüßt, die die Bank in den vergangenen Jahren immer wieder für ihr schlechtes Risikomanagement und Defizite bei der Geldwäscheprävention kritisiert und ihr Strafen in Milliardenhöhe auferlegt hatten. „Wir können die Plattform, die wir hier betreiben, nun besser kontrollieren“, gibt sie zu. Das habe das Institut robuster gemacht, „was am Ende auch das Vertrauen der Regulierer in die Bank gestärkt hat“.
Hohe Nachfrage nach grünen Bonds
Das heißt jedoch nicht, dass die Bank nicht noch von alten Problemen eingeholt werden könnte. Erst im Mai erhielt sie einen Rüffel von der US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Bei einer jährlichen Bewertung monierte die Fed, dass die Deutsche Bank bei den vereinbarten Verbesserungen in Sachen Risikomanagement und Compliance hinterherhinke, was mit dem Sachverhalt vertrauten Personen zufolge zu Strafzahlungen führen könnte. Riley wollte sich dazu nicht äußern. Das Verhältnis mit den Regulierern zu verbessern hatte sie bei ihrem Antritt im Juli 2019 zum wichtigsten Ziel erklärt.
Am Mittwoch legt die Deutsche Bank ihre Zahlen für das dritte Quartal vor. Analysten erwarten erneut einen soliden Gewinn für die Frankfurter. Bereits die großen US-Rivalen JP Morgan, Goldman Sachs und Co. hatten zuletzt gezeigt, dass gerade der Boom bei Fusionen und Übernahmen die Kassen der beratenden Banken füllte. Wachstum sieht die Amerikachefin derzeit auch im Geschäft mit Anleihen, speziell wenn es um den Wandel zu einer Wirtschaft mit neutraler CO2-Bilanz gehe.

Christiana Riley (l.) und Handelsblatt-Korrespondentin Astrid Dörner.
Die Themen Ökologie, soziales Engagement und ethische Unternehmensführung (Ecology, Social, Governance, kurz: ESG) erleben gerade einen regelrechten Boom in der Finanzbranche. Bei sogenannten ESG-Linked Bonds können Unternehmen ihre Finanzierungskosten senken, wenn sie bestimmte Nachhaltigkeitsziele einhalten. Bei der Emission dieser Anleihen habe die Deutsche Bank ihren Marktanteil in den vergangenen zwei Jahren verdoppeln können, sagt Riley.
Die Debatte um sogenannte Greenwashing-Vorwürfe bei der Deutsche-Bank-Tochter DWS habe auf das Geschäft keinen Einfluss. Die ehemalige Nachhaltigkeitschefin der DWS hatte dem Fondshaus vorgeworfen, sich bei der Klassifizierung der Vermögenswerte nach außen viel grüner darzustellen, als es in Wahrheit der Fall sei. Die DWS hat die Vorwürfe zurückgewiesen, aber die US-Börsenaufsicht SEC ermittelt. Ob das ein neuer Rückschlag auch für die Deutsche Bank in den USA ist, dazu wollte sich Riley nicht äußern. „Ich konzentriere mich auf die Strategie der Deutschen Bank und darauf, was wir unseren Kunden anbieten. Der Dialog mit ihnen ist unglaublich robust“, erklärte sie.
Zu groß, zu alt
Was den Umzug betrifft, war die Deutsche Bank das letzte große Finanzhaus, das noch eine Adresse an der „echten“ Wall Street hatte. Doch das Gebäude war zu groß geworden und hätte auch dringend renoviert werden müssen. Die nun eingeweihte neue Zentrale in Manhattans Büroviertel Midtown liegt näher an den Kunden der Bank und ist ganz auf das Post-Corona-Zeitalter ausgerichtet: Auf jeder Etage gibt es Bereiche, in denen sich Mitarbeiter spontan zusammensetzen können, um Dinge zu besprechen. „Das ist schließlich das, warum wir heute ins Büro kommen. Wir haben gezeigt, dass wir die stille, produktive Arbeit sehr gut von zu Hause erledigen können“, sagt Riley.
80 Prozent der Mitarbeitenden in New York können zwei Tage pro Woche von zu Hause arbeiten. Alle hätten ohnehin längst einen Laptop, mit dem von überall aus gearbeitet werden könne. Damit setzt sich die Bank von großen US-Häusern wie JP Morgan und Goldman Sachs ab, die stärker darauf pochen, dass die Banker wieder wie vor der Pandemie jeden Tag ins Büro kommen.

Die große Terrasse mit Blick auf den Central Park ist schon jetzt zum zentralen Treffpunkt geworden.
Im neuen Gebäude der Deutschen Bank hat deshalb auch nicht mehr jeder Banker seinen festen Schreibtisch. Auf 150 Mitarbeitende kommen 100 Arbeitsstationen. Es gibt Pingpong- und Billardtische. Die große Terrasse mit Blick auf den Central Park ist schon jetzt zum zentralen Treffpunkt geworden.
Wie praktisch alle Arbeitgeber in den USA bekommt auch die Deutsche Bank die Folgen eines Phänomens zu spüren, das „die große Resignation“ genannt wird. Mitarbeiter sind nach der Pandemie deutlich eher bereit, ihren Arbeitsplatz zu wechseln. Mobiles Arbeiten und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie stehen deshalb für viele im Vordergrund. Riley zufolge kann die Deutsche Bank inzwischen wieder mehr Menschen für sich begeistern: So habe das Institut in diesem Jahr 40 Prozent mehr Bewerbungen auf in etwa die gleiche Anzahl offener Stellen bekommen als ein Jahr zuvor.
Banges Warten auf Basel IV
Mit Sorge beobachtet Riley unterdessen die geplanten Umsetzungen für das internationale Reformpaket für Banken, „Basel IV“ genannt. Das Paket, das nach der globalen Finanzkrise beschlossen wurde, wird von europäischen und amerikanischen Regulierern für ihre Banken entsprechend umgesetzt. Europäische Manager haben die Sorge, dass die Institute dabei gegenüber den Wall-Street-Häusern im Nachteil sein könnten.
Riley verfolgt dabei die Entwicklungen in den USA genau und hält ihre Kollegen in der Zentrale auf dem Laufenden. „Es ist ein Dialog, in den wir in Europa sehr involviert sind“, sagt sie, „vor allem wenn es darum geht, dass wir keine weiteren wettbewerblichen Verzerrungen bekommen.“ Die zuständige Kommissarin der Europäischen Union, Mairead McGuinness, will ihre Vorschläge am Mittwoch offiziell vorstellen.
Dokumente, die dem Handelsblatt vorliegen, zeigen allerdings, dass die EU-Kommission in wichtigen Fragen eine harte Linie fährt. Das betrifft vor allem die für die Deutsche Bank relevante Frage, wie stark die Nutzung interner Modelle eingeschränkt werden soll. Die EU-Kommission will diese international vereinbarten Vorschriften ohne wesentliche Abstriche einführen, was die Eigenkapitalquote der Deutschen Bank senken könnte. Dieser Aspekt dürfte bei Vorlage der Zahlen zum dritten Quartal eine wichtige Rolle spielen.
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