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Kolumne Homo oeconomicusBeata Javorcik: In Zukunft könnten wir mehr Staatseigentum sehen

Der Staat schlägt zurück: Vor allem in weniger fortgeschrittenen Ländern droht durch zunehmenden Staatseinfluss eine Politisierung der Unternehmen und die Rückkehr zur Günstlingswirtschaft. 22.11.2020 - 11:26 Uhr Artikel anhören

Beata Javorcik ist Chefökonomin der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) und Professorin für Wirtschaft an der Universität Oxford.

Foto: Handelsblatt

Während die Coronakrise weiterhin die Welt in Atem hält, weicht die unsichtbare Hand des Marktes zunehmend der sichtbaren Hand des Staates. Die Frage ist heute nicht mehr, ob der Staat eine Rückkehr feiert, sondern welche Form seine Präsenz haben wird.

Drei Entwicklungen haben Rufe nach einer wieder stärkeren Rolle des Staates in der Wirtschaft laut werden lassen: Die globale Finanzkrise 2008/09, der Klimawandel und wachsende Ungleichheit. Tatsache ist, dass heute in postkommunistischen Gesellschaften 45 Prozent der Bevölkerung eine Ausweitung des Staatseigentums befürworten.

Die Coronakrise hat diesen Trend beschleunigt und könnte dauerhaft die Haltung der Bürger verändern. Frühere Epidemien haben nachweislich das Vertrauen in Marktwirtschaft und Demokratie untergraben, während zugleich Menschen, die während schwerer Rezessionen oder Gesundheitskrisen das Erwachsenenalter erreichen, allgemein eine positivere Haltung zu öffentlichem Eigentum haben.

In Zukunft könnten wir mehr Staatseigentum sehen, wenn Regierungen Unternehmen durch Übernahme von Beteiligungen oder Verstaatlichungen auffangen. In den hochentwickelten Ländern könnte dies zu Diskussionen führen, ob die Steuerzahler einen gerechten Anteil an der Belohnung bekommen, sobald sich die Wirtschaft erholt. Völlig zu Recht.

Aber in weniger fortgeschrittenen Ländern werden wir mit noch ernsteren Fragen konfrontiert: Wird die Rolle des Staates die Führung der Unternehmen politisieren? Wird sie zu Günstlingswirtschaft und der Entstehung von Interessengruppen führen, die transparente Privatisierungen unmöglich machen? Insofern ist der Titel des jüngsten Transition-Report der europäischen Förderbank EBRD „Der Staat schlägt zurück“ nicht nur Feststellung, sondern auch Warnung.

Staat ist vor allem in den Bankenbereich zurückgekehrt

Der Bankensektor ist wohl der Bereich, in dem der Staat bereits am sichtbarsten zurückgekehrt ist. In vielen Ländern haben staatliche Banken seit der globalen Finanzkrise mehr und mehr an Bedeutung gewonnen, mit positiven wie negativen Folgen.

Einerseits haben sie gelegentlich mehr Risikobereitschaft gezeigt, indem sie neuen Unternehmen Kredite gewährt haben, die sie ohne langjährige Bonität von privaten Banken nicht bekommen konnten. Andererseits waren Staatsbanken anfällig für politische Einmischung in ihre Kreditvergaben, was zu einer weniger effizienten Verteilung von Ressourcen und schwächerem Wirtschaftswachstum führte.

Verbesserungen in der Führung staatlicher Betriebe und Banken sind dringend notwendig. Sie sollten keine indirekten finanziellen Unterstützungen genießen, die ihnen Vorteile gegenüber privaten Mitbewerbern verschaffen.

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Das bedeutet: keine bevorzugte Finanzierung, keine bevorzugte Steuerbehandlung, keine weichen Haushaltsvorgaben und keine subventionierten Zuschüsse. Das bedeutet auch sicherzustellen, dass Transaktionen zwischen Staatsbetrieben auf rein kommerzieller Basis abgewickelt werden. Andernfalls wird die Ausweitung des Staatseigentums die Chancengleichheit zulasten des Privatsektor verschieben.

Mehr: Überall in Europa und schießen wegen der Rettungspolitik die Staatsquoten in die Höhe

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