Kommentar: Polens absurde Volksabstimmungen zeigen die Grenzen direkter Demokratie


Worüber abgestimmt wird, entscheiden oft die Regierungen allein – und beeinflussen damit das Ergebnis.
Eine politische Entscheidung, die nicht beeinflusst ist vom taktischen Kalkül der Parteien und die dem Willen des Volkes entspricht – das soll ein Referendum leisten.
Es gibt Situationen, in denen solche Abstimmungen durchaus sinnvoll sind. Das Grundgesetz sieht etwa vor, über die Zusammenlegung von Bundesländern das Volk direkt entscheiden zu lassen.
Doch meistens werden Referenden aus anderen Gründen angesetzt. Die rechtspopulistische Regierung in Polen fragt nun allen Ernstes die Wähler, ob sie illegale Migration gut finden. Die Antwort darauf ist so vorhersehbar wie irrelevant. Und es ist auch nicht so, als wolle die Regierung irgendeine Frage der Migrationspolitik lieber in die Hände des Volkes legen.
Das Kalkül ist ein ganz anderes: Die Abstimmung soll möglichst viele rechte Wähler an die Urnen locken. Die Parlamentswahl findet zum gleichen Termin statt. Jeder durch das Referendum angelockte Migrationsgegner nutzt der Regierungspartei PiS.
So wird das wunderbare Instrument der Volksabstimmung missbraucht als zusätzlicher Trumpf im parteitaktischen Spiel.
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Und so ist es leider oft. Auch die Idee, die Briten über den Austritt aus der EU abstimmen zu lassen, war ein taktisches Manöver und getrieben von Populisten. Von den Folgen wird sich das Land in absehbarer Zeit nicht erholen.
Es gibt Beispiele dafür, dass Referenden Blockaden in Sachfragen lösen und sich sogar politische Systeme verbessern lassen können. Beides ist etwa in Italien schon passiert. Und die Schweiz macht vor, dass sich Abstimmungen auch im politischen Tagesgeschäft sinnvoll einsetzen lassen.


Aber wenn eine Partei im Wahlkampf plötzlich ihre Liebe zur direkten Demokratie entdeckt, sollte man immer genau hinschauen.





