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Shortlist des Deutschen WirtschaftsbuchpreisesWie Herr Lee erfolgreich – und China groß wurde

Felix Lee erzählt die Geschichte seines Vaters, die eng verwoben ist mit dem Aufstieg von VW in China. Dabei bietet er kritische und kaum bekannte Einblicke.Dana Heide 09.09.2023 - 11:00 Uhr Artikel anhören

Autor Lee beschreibt, ohne zu langweilen, einen Teil der jüngeren Geschichte Chinas und den atemberaubenden Aufstieg des Landes zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt.

Foto: IMAGO/Xinhua

Berlin. Im April 1978 steht unangekündigt eine Delegation um Yang Keng, damals chinesischer Minister für Land- und Industriemaschinen, vor den Werkshallen von Volkswagen in Wolfsburg. Weil niemand sonst Chinesisch kann und die Gäste kein Deutsch, wird Wenpo Lee geholt. Damit beginnt die Erfolgsgeschichte von VW in der Volksrepublik – an der der gebürtige Chinese und Motorenentwickler Lee großen Anteil haben wird.

Sein Sohn Felix Lee, Journalist und ehemaliger Chinakorrespondent der „taz“, hat auf rund 250 Seiten unterhaltsam und kenntnisreich die bewegte Lebensgeschichte seines Vaters aufgeschrieben – die eng mit der Entwicklung Chinas verbunden ist.

Nun ist Lees Buch auf der Shortlist für den 17. Deutschen Wirtschaftsbuchpreis, der von Handelsblatt, Frankfurter Buchmesse und Goldman Sachs vergeben wird. Bei der Auswahl hatte die Jury den Leitsatz der Auszeichnung im Blick: „Wirtschaft verstehen“.

Felix Lee: China, mein Vater und ich. Ch. Links Verlag, Berlin 2023, 256 Seiten, 22 Euro. Foto: Handelsblatt

Autor Lee beschreibt, ohne zu langweilen, einen Teil der jüngeren Geschichte Chinas und den atemberaubenden Aufstieg des Landes zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Dabei verwebt er die Erfahrungen seines Vaters und seine eigenen in Deutschland immer wieder mit der Geschichte seiner in der Volksrepublik gebliebenen Verwandten.

Wenpo Lee flieht mit gerade mal zwölf Jahren Ende der 40er-Jahre von China nach Taiwan. Rund 13 Jahre später bricht er mit einem braunen Lederkoffer nach Deutschland auf, um Maschinenbau zu studieren.

Doch während Wenpo Lee eine Familie gründet und die Lees in Westdeutschland am wirtschaftlichen Aufschwung teilhaben, leiden die Verwandten in China unter Hunger. Im Winter 1980 nimmt der Vater das erste Mal seine Familie mit in die alte Heimat. Sohn Felix ist damals vier Jahre alt und ergriffen von dem großen Unterschied zwischen dem Lebensstandard in Deutschland und dem in China, wo die Verwandtschaft nicht einmal über eine eigene Toilette verfügt.

Volkswagens Anfänge in China

Mit der wirtschaftlichen Öffnung kommt jedoch auch in China langsam die Wende. Lee beschreibt, wie der Lebensstandard von Tanten, Onkeln, Cousins und Cousinen von Besuch zu Besuch immer weiter steigt.

Neben der anschaulichen Beschreibung des Aufstiegs Chinas gibt das Buch gleichzeitig einen kritischen und kaum bekannten Einblick in die Anfänge Volkswagens in China.

Auf der einen Seite beschreibt Lee den unternehmerischen Mut, den es brauchte, um in dem durch den chinesischen Machthaber Mao Zedong heruntergewirtschafteten Land Potenzial zu sehen – VW baute seine eigene Fahrzeugproduktion in China zu einer Zeit auf, in der es in dem Land kaum geteerte Straßen gab und es Bauern sogar verboten war, ihr Obst und Gemüse zu verkaufen. So richtig glaubte Volkswagen selbst zunächst nicht daran, dass sich normale chinesische Bürger einmal die Autos der Wolfsburger leisten könnten – Zielkunden waren vor allem Beamte, Parteisekretäre und Taxiunternehmen.

Treffen mit Jiang Zemin

Doch das Unternehmen wurde schnell eines Besseren belehrt. „Nach relativ kurzer Zeit hatten einige Privatleute eben doch schon genug Geld, um sich ein Auto zu kaufen“, schreibt der Autor. Sein Vater Wenpo Lee hatte einen großen Anteil daran, dass Volkswagens Projekt in China gelang. Bei den Gesprächen mit den chinesischen Vertreter traf er einmal sogar den späteren Staatspräsidenten Jiang Zemin.

Doch der Autor Lee beleuchtet auch die kritischen Aspekte der Geschäfte von VW in China – etwa die fragwürdigen Zugeständnisse , zu denen die Wolfsburger zugunsten des Geschäfts immer wieder bereit waren. Ein Beispiel: Nach der brutalen Niederschlagung der Protestbewegung auf dem Platz des Himmlischen Friedens wurde China international zum Paria. Die meisten westlichen Firmen verließen das Land. VW jedoch blieb.

„Früher war China abhängig von Volkswagen, heute ist Volkswagen abhängig von China“, schreibt Lee. Das, so der Autor, sei nicht allein ein Problem für die VW-Manager, sondern eines für ganz Deutschland.

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Denn ein Konflikt mit China würde vor allem zwei Branchen treffen: den Maschinenbau und die Autoindustrie. „Kein anderes Unternehmen würde es allerdings schwerer treffen als VW“, schreibt Lee. Der Autor geht sogar so weit, dass es das Ende des Unternehmens bedeuten könnte, würde es das Chinageschäft verlieren.
Ein äußerst lesenswerter Einblick in die Entwicklung Chinas.

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