Geoeconomics: Transatlantisches Endspiel über die Ukraine

Der Post war etwas schwer zu verstehen. Aber wenn man ihn mehrmals gelesen hatte, dann wurde es klar. Donald Trump läutet das transatlantische Endspiel über die Ukraine ein.
Wenn die Nato-Staaten bereit seien, sofort auf russisches Öl zu verzichten, und wenn sie sich darauf einigen würden, China mit Zöllen zwischen 50 bis 100 Prozent zu belegen, dann wäre er bereit, dem gleichzutun, und der Krieg würde schnell zu Ende gehen. Natürlich nicht sein und Putins Krieg, sondern der seines Vorgängers Joe Biden und seines ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj.
Zunächst einmal: Trump hat hier einen Punkt, und zwar keinen unwichtigen. Was Sanktionen anbelangt, hat Europa, wie in allem, immer auf die USA geschaut. Diese sollten harte Sanktionen verhängen, um der russischen Wirtschaft sowie dem russischen Staatshaushalt zu schaden. Man selbst hatte leider keine andere Wahl, als weiterhin russisches Öl zu beziehen und damit dem Diktator in Moskau rund 20 Milliarden Dollar jährlich in seine Kriegskasse zu spülen. Sekundärsanktionen würden ja auch nicht gehen, hieß es.
Freigabe des eingefrorenen russischen Vermögens an die Ukraine? Sorry, aber schwierig, wir wollen ja Europa als Investitionsstandort nicht gefährden, so die Argumentation. Und auch die Sanktionierung der Schattenflotte ist bislang eher halbherzig.
Europa, das die Bedeutung des Ausgangs des russischen Aggressionskriegs für die europäische Sicherheit als fundamental bezeichnet, war zu keinem Zeitpunkt bereit, den Preis dafür zu zahlen, den eine solche Aussage logischerweise nach sich gezogen hätte.
Und in diese Bigotterie stößt Donald Trump vor. Nicht weil er Europa zum Handeln zwingen will, sondern weil er eine Exit-Strategie für die USA für diesen Krieg und vor allem für sich selbst sucht. Eine, an deren Ende nicht er als Verlierer dasteht, sondern andere, unter anderen die von ihm ohnehin so verachteten Europäer.
Trump formuliert Bedingungen, von denen er weiß, dass die Europäer sie nicht erfüllen können
Wenn es ihm mit seinem Vorschlag ernst gewesen wäre, dann hätte er nicht die Nato-Staaten, sondern die EU-Staaten adressiert, denn auch er weiß: Die Nato kann keine Sanktionen verhängen. Petitesse, ein typisches Trump-Versehen? Mitnichten.
Indem er die Nato-Europäer auffordert, adressiert er nicht nur die sanktionsunwilligen Ungarn und Slowaken, sondern vor allem die Türkei, die von Beginn an keine Sanktionen gegen Russland mitgetragen hat. Und damit formuliert Trump Bedingungen für US-Sanktionen, von denen er weiß, dass sie nicht erfüllt werden (weil einige Staaten sie nicht erfüllen wollen).
Europa wusste, dass so ein Vorschlag aus dem Weißen Haus kommen würde, und ist, wie immer, nicht in die Initiative gekommen, sondern hat abgewartet, bis die Trump-Administration vorgelegt hat. Und nun liegt der Ball im Spielfeld der Europäer, die ihn nicht aufnehmen und schießen werden.
Damit aber liefern sie Trump den perfekten Grund, sich aus der US-Unterstützung für die Ukraine zurückzuziehen. Denn wenn die Europäer auf die Sanktionsbombe, die Trump vorgeschlagen hat, und die in der Tat den russischen Staatshaushalt massiv treffen würde, nicht eingehen, warum sollten die USA allein die politischen und ökonomischen Lasten der weiteren Sanktionierung Russlands und seiner Partner tragen? Der amerikanischen Bevölkerung wäre dies nur schwer zu vermitteln.
Die Verlierer stehen bereits fest
Und ein Rückzug der USA aus dem Sanktionsregime gegen Russland würde auch verhindern, was Trump unbedingt verhindern will. Dass der Eindruck entsteht, dass dieser Krieg nach mittlerweile sechs Monaten Amtszeit auch sein Krieg ist. Trumps Krieg. Und die Unfähigkeit, ihn zu beenden, auf ihn zurückfällt.
Damit aber würde eine weitere Strategie Europas scheitern, die seit der Amtsübernahme Trumps das Bemühen der Europäer in Washington kennzeichnet. Nämlich die USA so lange in diesem Konflikt zu halten, bis Trump realisiert, dass es auch sein Krieg ist. Dem kommt der US-Präsident nun zuvor und schießt den Ball in die Hälfte der Europäer, wo er aller Wahrscheinlichkeit nach liegen bleiben wird.
Und bleibt er dort, liefern die Europäer den USA den perfekten Vorwand, sich aus der Ukraineunterstützung endgültig zu verabschieden (was nicht bedeutet, dass die von den Europäern finanzierten Waffenlieferungen aufhören) und den Weg der Normalisierung der amerikanisch-russischen Wirtschaftsbeziehungen weiter zu beschreiten.






Stattdessen, wie sich viele seit dem Trump-Putin-Treffen in Alaska erhofft haben, wohnen wir gerade nicht dem Endspiel um eine politische „Lösung“ des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine bei, sondern sind eher Beobachter eines transatlantischen Endspiels um eine gemeinsame Politik gegenüber Russland, bei dem die Verlierer bereits feststehen: die Europäer und vor allem die Ukraine.
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Erstpublikation: 17.09.2025, 10:57 Uhr.







