Kommentar Bei Boris Johnson müssen auf große Worte endlich große Taten folgen

In aktuellen Umfragen sinken die Beliebtheitswerte des Regierungschefs. Das Krisenmanagement der britischen Regierung hat für Unmut gesorgt.
In gewohnt wenig bescheidener Manier hat Boris Johnson sein Investitionsprogramm präsentiert: Im mittelenglischen Arbeiterstädtchen Dudley verglich der britische Premierminister seine Offensive mit dem berühmten Aufbauprogramm des US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt, dem sogenannten „New Deal“. Fünf Milliarden Pfund will die Regierung für Infrastrukturprojekte ausgeben und dem Corona-geplagten Volk damit eine Perspektive geben.
Das Versprechen dürfte bei vielen gut ankommen. Johnson hofft, vor allem eine Wählergruppe damit für sich zu gewinnen, und zwar jene Briten, die traditionell mit der Arbeiterpartei Labour sympathisieren, bei den Wahlen im Dezember aber zur konservativen Regierungspartei übergewechselt waren. Diese zweifeln inzwischen wohl aber immer mehr daran, dass der Premier ihnen zu einem besseren Leben verhelfen kann.
In aktuellen Umfragen sinken die Beliebtheitswerte des Regierungschefs. Aber vermutlich nicht, weil klar geworden ist, dass Johnson seinen großen Worten doch nicht immer große Taten folgen lässt.
So hatte er bereits im Wahlkampf zugesagt, 40 neue Krankenhäuser zu bauen. Doch im Laufe der Zeit stellte sich heraus, dass ein Teil der Investitionen lediglich Renovierungsarbeiten finanzieren sollte.
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Neuer Lockdown in Leicester
Der Grund für die Zweifel dürfte vielmehr das Krisenmanagement der britischen Regierung in der Coronakrise sein, das Großbritannien einen traurigen Rekord bei der Zahl der Sterbefälle in Europa bescherte und – anders Johnson behauptet – keineswegs weltweit bewundert, sondern kritisiert wird.
Mit dem Infrastrukturprogramm versucht Johnson, den Blick auf andere Themen als Corona zu lenken. Doch das Virus durchkreuzt sein Vorhaben: Ein lokaler Ausbruch in der Kleinstadt Leicester und der dort verhängte Lockdown sorgen für mehr Schlagzeilen als seine Investitionsoffensive.
Wenn Johnson tatsächlich in die Fußstapfen des allseits geschätzten US-Präsidenten „FDR“ treten will, muss er nicht nur einen „New Deal“ versprechen, sondern auch durchführen. Die Erkenntnis, dass Großbritannien umfassende Hilfe braucht, um die Folgen der Coronakrise und des Brexits zu überwinden, ist richtig. Aber sie muss auch umgesetzt werden.
Mehr: Der Moment für „radikale Maßnahmen“: Johnson will Milliarden investieren.
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