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Sorge vor Abschwung Ratingagenturen erwarten mehr Firmenpleiten

Die trüben Wachstumsaussichten setzen immer mehr Unternehmen unter Druck. Größte Sorgenkinder der Analysten sind die Automobilbranche und die Chemie.
09.02.2020 - 03:38 Uhr Kommentieren
Die Autobranche steht nach Einschätzung von Moody's besonders unter Druck. Quelle: dpa
Produktion bei einem Autozulieferer

Die Autobranche steht nach Einschätzung von Moody's besonders unter Druck.

(Foto: dpa)

Frankfurt Die Unternehmen bürden sich immer höhere Schulden auf, in die Pleite rutschen jedoch nur wenige. Diese Gewissheit hat Investoren dazu verleitet, in den vergangenen Jahren zu immer günstigeren Konditionen Geld zu verleihen. Doch nach Ansicht der beiden großen Ratingagenturen S&P und Moody’s dürfte sich dieser Trend 2020 umkehren.

Moody’s-Analystin Laura Perez Martinez erwartet, dass der Anteil der als Hochzins-Unternehmen eingestuften Firmen in Europa, die ihre Schulden nicht zurückzahlen können, auf drei Prozent steigen wird. Damit werde die Ausfallrate 2020 auf ihrem historischen Durchschnitt notieren, nachdem sie jahrelang niedriger lag. „Der Grund ist, dass wir einen geringeren ökonomischen Spielraum und schlechtere Kreditratings erwarten“, sagt Perez.

Dass die Zahl der Firmenpleiten so lange so niedrig war, liegt nach Ansicht von Perez an den günstigen Finanzierungsbedingungen für Unternehmen. Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank sorgt dafür, dass Unternehmen Schulden zu extrem günstigen Konditionen aufnehmen können.

Doch viele Firmen nutzen diese günstigen Bedingungen nicht, um ihre Bilanzen krisenfest zu zurren. Sie verschulden sich vielmehr noch stärker. Die Folge: Der Anteil der Firmen, die von Moody’s herabgestuft wurden, ist deutlich gestiegen. Historisch liege das Verhältnis von Auf- und Abwertungen der Kreditratings bei eins zu eins. Doch aktuell kommen auf jede Aufwertung vier Abwertungen.

Für Laura Perez Martinez ist das ein „Warnsignal“: Denn der Anteil der Unternehmen, die Moody’s als „Caa“, also hochspekulativ, einstuft, hat deutlich zugenommen. 2009 lag ihr Anteil noch bei unter fünf Prozent, heute sind es über 15 Prozent. Im Schnitt gehen 30 Prozent dieser als hochspekulativ eingestuften Unternehmen innerhalb von fünf Jahren Pleite.

Die Analystin erwartet daher: „Kommt es zu einer Krise, werden wir wahrscheinlich mehr Ausfälle als in der Finanzkrise sehen, selbst wenn die Rezession an sich milder ausfällt.“ Ihr Extremszenario: Kommt es zu einem schweren Wirtschaftsabschwung, könnte die Ausfallrate auf 16 Prozent aller als „spekulativ“ eingestuften Unternehmen springen. Selbst nach dem Platzen der Dotcom-Blase und auf dem Höhepunkt der Finanzkrise lag der Anteil bei lediglich 13 Prozent.

Zahlreiche Branchen unter Druck

Besonders betroffen von einer solchen Pleitewelle wären Großbritannien, Deutschland und Frankreich. Die als hochspekulativ eingestuften Unternehmen seien stärker in den wirtschaftlich starken Ländern in Europa vertreten, so Perez.

Firmen mit geringer und sinkender Kreditwürdigkeit sieht Moody’s vor allem in der Automobilbranche, der Chemie und der verarbeitenden Industrie. Insgesamt stuft Moody’s den Ausblick für neun von 18 Branchen in Europa negativ ein. Das bedeutet, dass die Analysten dort vermehrt mit Zahlungsausfällen rechnen. Im vergangenen Jahr hatte Moody’s alle europäischen Branchen noch mindestens als „stabil“ eingestuft.

Tobias Mock, Leiter Unternehmensratings bei S&P Global ist etwas optimistischer als die Konkurrenz von Moody‘s. Er rechnet mit einem leichten Anstieg der Ausfallraten von 2,2 auf 2,3 Prozent. „Die Zentralbanken schaffen es nach wie vor, für einen Stimulus zu sorgen, der für die Unternehmen positiv ist“, sagt er. Sollte sich die Konjunktur stärker eintrüben, seien jedoch drei Prozent möglich.

Doch auch Mock beobachtet, dass der Verschuldungsgrad insbesondere bei Hochzins-Unternehmen sukzessive ansteigt. Die Ratingagenturen messen den Verschuldungsgrad unter anderem am Verhältnis von Vorsteuergewinn (Ebitda) zur Höhe der Schulden. Im Jahr 2019 müssten als spekulativ eingestufte Unternehmen mehr als fünf Jahresgewinne vor Steuern aufwenden, um sämtliche Schulden zurückzuzahlen. 2008 reichten noch drei Jahresgewinne.

Unternehmen, denen S&P eine gute Bonität, ein sogenanntes Investment Grade Rating, attestiert, hätten auch in Zukunft keine Probleme, sich Geld am Kapitalmarkt zu besorgen, sagt Mock. Doch für Unternehmen, die S&P als spekulativ einstuft, „wird es immer schwieriger“, sagt der Chefanalyst. „Diese Unternehmen können sich nur über Wachstum entschulden.“

Und die Wachstumsaussichten seien insbesondere in Deutschland trüb. „Wir werden immer mehr Geschäftsmodelle sehen, die sich nicht mehr sinnvoll refinanzieren lassen.“ Mock warnt vor allem mit Blick auf die Autoindustrie: „Da braut sich etwas zusammen.“ 

Mehr: Experten warnen vor einer Blase am Anleihemarkt. Nicht nur Top-Manager Jamie Dimon ist deshalb beunruhigt.

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