Kommentar: Hoher Krankenstand – Prävention setzt an falschen Stellen an


Die Zahl der Krankheitsfälle steigt weiter, wie eine Auswertung der AOK zeigt. Neben Atemwegsinfekten sorgen vor allem psychische Erkrankungen für viele Fehltage. Zwar bieten zahlreiche Unternehmen Programme zur Gesundheitsförderung an, doch sie werden laut AOK nur begrenzt genutzt. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Rückenkurse oder Ernährungstipps. Diese Angebote setzen also am Verhalten Einzelner an.
In vielen Betrieben bleibt Gesundheitsförderung damit eine persönliche Angelegenheit. Sie kann deswegen aber auch nur das Bewusstsein stärken. Strukturen, die Beschäftigte krank machen, verändern die Programme aber selten.
Verschiedene Studien belegen, dass solche Wege aber auch nur begrenzt helfen können. Denn der Personalmangel, die Überstunden und der permanente Zeitdruck, die die Überlastung auslösen, bleiben bestehen.
Der Vorschlag der Kassenärzte reicht nicht
Auch vor diesem Hintergrund greift die von vor wenigen Tagen angestoßene Debatte von Kassenärztechef Andreas Gassen über eine spätere Pflicht zur Vorlage der Krankmeldung viel zu kurz.
Gassen forderte, dass Beschäftigte eine Krankschreibung erst ab dem vierten Tag vorlegen müssen – und nicht wie aktuell am dritten Tag. Damit will er vor allem die Hausarztpraxen entlasten und Bürokratie abbauen.
Denn viele Arztbesuche dienten lediglich der Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, obwohl die Erkrankung mild verlaufe. Sein Vorschlag zielt also auf eine bessere Verwaltung ab, aber nicht auf die Ursachen des steigenden Krankenstands. Weniger Formulare ändern aber nichts an den Problemen, die Menschen krank machen.
Wenn Prävention wirklich etwas verändern soll, muss sie auch an den Verhältnissen ansetzen – etwa über die Personalbemessung, klare Grenzen der Erreichbarkeit und professionelles Führungsverhalten. Zudem braucht es Reformen im Gesundheitswesen, die zum Beispiel für schnellere Termine beim Psychotherapeuten sorgen.
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