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Geschwindigkeitsbegrenzung ADAC-Vorstoß befeuert GroKo-Debatte über Tempolimit – Zustimmung bei Bundesbürgern wächst

Der ADAC ist nicht mehr generell gegen ein Tempolimit auf Autobahnen. Das ruft die SPD auf den Plan – nun solle sich die CSU bei dem Thema bewegen.
24.01.2020 Update: 24.01.2020 - 15:41 Uhr 2 Kommentare
Die SPD will über eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 Kilometern pro Stunde diskutieren. Quelle: dpa
Geschwindigkeitsbegrenzung auf der A13

Die SPD will über eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 Kilometern pro Stunde diskutieren.

(Foto: dpa)

Berlin In Deutschland ist eine neue Debatte darüber entbrannt, ob es in Deutschland ein generelles Tempolimit auf Autobahnen geben soll. Auslöser ist ein Vorstoß des ADAC. Der Vize-Präsident des mit gut 21 Millionen Mitgliedern größten Automobilclub Deutschlands, Gerhard Hillebrand, erklärte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa, man sein „nicht mehr grundsätzlich“ gegen eine Geschwindigkeitsbegrenzung.

Damit gibt der ADAC seine jahrzehntelange ablehnende Haltung in der Frage auf – und liefert den Befürwortern eines Tempolimits eine willkommene Steilvorlage.

Auch in der Bevölkerung zeigt sich ein klarer Trend: Die Zahl der Bundesbürger, die ein Tempolimit von 130 km/h auf Deutschlands Autobahnen unterstützen, nimmt zu.

In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov für das Handelsblatt vom Freitag befürworteten 65 Prozent der Befragten eine entsprechende Regelung. Auf die gleiche Frage hatten im Januar 2019 nur 48 Prozent mit „Ja“ geantwortet.

Der Anteil derer, die das Tempolimit ablehnen, sank zugleich deutlich von 48 Prozent im Vorjahr auf nunmehr nur noch 30 Prozent. Die Zahl der Unentschlossenen („Weiß nicht/keine Angabe“) bleib mit fünf Prozent (2019: vier Prozent) nahezu stabil.

Die SPD hatte zuletzt eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 Kilometern pro Stunde als eines der Themen für zusätzliche Vorhaben genannt, über das sie mit der Union sprechen will. Bislang bestand dafür aus Unions-Sicht kein Anlass, zumal im Koalitionsvertrag von einem Tempolimit auch nicht die Rede ist. Das stört die SPD aber wenig.

Stegner fordert Umdenken der CSU

Der SPD-Politiker Ralf Stegner sieht nach der Kehrtwende des ADAC eine neue Lage. Die CSU und ihr Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sollten nun ihre Blockadehaltung in Sachen Tempolimit aufgeben. „Wenn schon der ADAC erkannt hat, dass ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen ein kleiner aber unkomplizierter Beitrag zum Klimaschutz ist, die Verkehrssicherheit erhöht und den Verkehrsfluss verbessert, dann sollte prinzipiell auch die CSU zu solchen Einsichten fähig sein“, sagte der Fraktionschef im schleswig-holsteinischen Landtag dem Handelsblatt.

Stegner erinnerte daran, dass ganz Europa ein solches Tempolimit habe. „Selbst die freiheitsliebende USA haben es“, sagte er. „Vielleicht können ja auch Andi Scheuer und seine Kameraden verkraften, wenn wir die deutsche Mitgliedschaft im exklusiven Club der freien Fahrt für freie Bürger aufgeben“, fügte Stegner mit Blick auf Länder wie Mauretanien und Nordkorea hinzu.

Umweltministerin Svenja Schulze fühlt sich durch die Bewegung beim ADAC bestätigt. „Meine Position ist bekannt: Ich bin für ein Tempolimit - es verringert Unfälle und spart jährlich bis zu zwei Millionen Tonnen CO2“, schrieb die SPD-Politikerin am Freitag auf Twitter. Der „gute Menschenverstand“ spreche für ein Tempolimit, es sei gut, dass der ADAC das auch so sehe. „Ich hoffe, dass sich auch der Verkehrsminister überzeugen lässt.“ Ein Sprecher Schulzes sagte, eine Untersuchung über Auswirkungen eines Tempolimits könne zur Versachlichung der Debatte beitragen. Ein Sprecher Scheuers dagegen bekräftigte die ablehnende Haltung des Ministers zum Tempolimit.

Vorstoß zu Tempolimit gescheitert

Die Koalition hatte im Zuge der Klimaschutz-Beratungen bereits über ein Tempolimit diskutiert, die Union erteilte dem aber eine Absage. Erst im Oktober scheiterten die Grünen im Bundestag mit einem Vorstoß zur Einführung von Tempo 130 – wie zu erwarten.

Das Tempolimit ist schon lange ein Reizthema. Auch unter ADAC-Mitgliedern, die darüber emotional diskutierten, wie Club-Vize Hillebrand sagte. „Deshalb legt sich der ADAC in der Frage aktuell nicht fest.“ Er setze auf Versachlichung bei dem Thema. Die Auswirkungen eines Tempolimits sollten dringend in einer umfassenden Studie geklärt werden, um eine „belastbare Entscheidungsgrundlage“ zu bekommen.

Die FDP unterstützt den Vorschlag des ADAC. Eine Versachlichung der Debatte sei angebracht. „Einen Beitrag dazu könnte die Bundesanstalt für Straßenwesen mit einer neuen Studie leisten, denn die letzte ist aus dem Jahr 2014“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Oliver Luksic, dem Handelsblatt.

Von neuen Gutachten hält der Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn wenig. „Die Vorteile eines Tempolimits sind seit Jahren bekannt“, sagte Kühn dem Handelsblatt. Vielleicht würde Verkehrsminister Scheuer ein Gespräch mit Verkehrssicherheitsverbänden und der Gewerkschaft der Polizei zu einem „Erkenntnisgewinn“ verhelfen. „Es fehlt weniger an Fakten und Studien, als am politischen Willen des Verkehrsministers“, betonte Kühn. Scheuer sei mit seiner Position zunehmend isoliert. „Dass er sich weiter gegen ein Tempolimit sträubt, hat nichts mit Fakten zu tun, sondern ist rein ideologisch motiviert.“ Er bezweifele daher, dass sich Scheuer von einem weiteren Gutachten überzeugen lasse.

Greenpeace sieht in dem ADAC-Vorstoß ein wichtiges Signal. „Die gesellschaftliche Stimmung beim Reizthema Tempolimit kippt“, sagte der Verkehrsexperte der Umweltorganisation, Tobias Austrup, dem Handelsblatt. „Nachdem selbst der ADAC nicht länger für ein unvernünftiges Recht auf Rasen kämpft, wird es einsam um Verkehrsminister Scheuer.“

Vorteile von Tempolimit nachgewiesen

Die positiven Effekte einer begrenzten Höchstgeschwindigkeit lägen auf der Hand. Im Klimaschutz und bei der Verkehrssicherheit seien sie bereits nachgewiesen. „Bei unseren europäischen Nachbarn lässt sich längst erleben, dass ohne die wenigen Raser der Verkehr entspannter und flüssiger läuft und das Gefühl von Unsicherheit schwindet“, so Austrup.

Infografik: Tempo 100 für die Umwelt? | Statista

Die FDP hält es indes für sinnvoller, auf eine „dynamische, situative und digitale Verkehrslenkung“ zu setzen. „Diese richtet sich nach Gefahren wie Nässe und Verkehrsaufkommen und kann so Tempolimits digital und flexibel steuern“, sagte Luksic. „Man sollte auch in Zukunft schneller als 130 Stundenkilometer fahren können, wenn es die Straßenverhältnisse zulassen.“

Auch die Vize-Vorsitzende des Bundestagsverkehrsausschusses, Daniela Kluckert (FDP), findet es besser, die Tempolimit-Frage „sachorientiert“ zu beantwortet, statt wie der ADAC dem „vermeintlichen Zeitgeist“ hinterherzulaufen. „CO2 reduzieren wir mit Innovationen und nicht mit Verboten“, sagte Kluckert dem Handelsblatt. Mehr Sicherheit auf den Straßen bekomme man zudem durch Assistenzsysteme und eine bessere Infrastruktur.

Mehr: Lesen Sie hier, wie der ADAC-Kursschwenk beim Tempolimit von den Club-Mitgliedern bewertet wird.

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2 Kommentare zu "Geschwindigkeitsbegrenzung: ADAC-Vorstoß befeuert GroKo-Debatte über Tempolimit – Zustimmung bei Bundesbürgern wächst"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Wenn wir uns andere Länder mit Tempo-Limit als Maßstab nehmen, wollen wir natürlich auch deren andere "Wohltaten" für ihre Bürger haben; nämlich niedrigere Steuern, früheres Renteneintrittsalter, niedrigere Strompreise usw.

  • Nicht, dass ich ein Problem mit einem Tempolimit 130 km/h hätte - aber die SPD sollte erst einmal bei anderen Themen ihre Hausaufgaben machten; z.B. Freibetrag Grunderwerbssteuer für Familien - Unternehmenssteuer-Reform - eine Finanztransaktionssteuer ohne Aktienkäufe - jedoch für "spezielle" Finanzprodukte - usw. Aber: wenn 130 km/H eingeführt, ist dies für die Links-Parteien rot/rot/grün sicherlich nur der Einstieg - da kann man auch schnell 120 km/h oder sowas raus machen.

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