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Drohende Rezession Coronakrise: Österreich schnürt 38-Milliarden-Euro-Hilfspaket

Die Regierung will Insolvenzen von Unternehmen verhindern. Österreich muss sich nun stärker verschulden. Strabag stellt die Bautätigkeit im Land ein.
18.03.2020 - 19:55 Uhr Kommentieren
Der österreichische Kanzler will – „koste es, was es wolle“ – Arbeitsplätze sichern. Quelle: Reuters
Sebastian Kurz

Der österreichische Kanzler will – „koste es, was es wolle“ – Arbeitsplätze sichern.

(Foto: Reuters)

Wien Ein bislang in seiner Dimension unvorstellbares Hilfspaket von bis zu 38 Milliarden Euro hat die österreichische Regierung für die Wirtschaft wegen der Coronakrise geschnürt. „Unser Zugang ist: Koste es, was es wolle, um Arbeitsplätze zu sichern“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Der Staat müsse in guten Zeiten sparen, damit er in schlechten Zeiten Geld ausgeben könne.

Für Branchen, die besonders von der Coronakrise betroffen sind, stellt die österreichische Regierung 15 Milliarden Euro als Notfallhilfe bereit. Weitere zehn Milliarden Euro sind für die Stundung von Steuern eingeplant. Die schwarz-grüne Koalition will damit massenweise Firmenpleiten verhindern. Bereits am Sonntag war ein Hilfspaket von vier Milliarden Euro vom Parlament verabschiedet worden. Die Regierung wolle einen Dominoeffekt verhindern, sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) am Mittwoch.

In Österreich ist insbesondere die Tourismusindustrie von der Pandemie betroffen. Der Fremdenverkehr machte zuletzt zwölf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Am vergangenen Sonntag wurde die Skisaison nach massenhaften Ansteckungen mit dem Coronavirus in Tirol vorzeitig beendet. Viele Betriebe befinden sich in einer schwierigen Situation. Aber auch Automobilzulieferer und Konzerne wie der Stahlriese Voestalpine sind von Produktionsausfällen und unterbrochenen Lieferketten stark gebeutelt.

Österreich ist zehnmal kleiner als Deutschland und hat im vergangenen Jahr ein BIP von 399 Milliarden Euro erzielt. Mit einer Staatsverschuldung von 74 Prozent des BIP laut Eurostat verletzt das Land bereits seit Jahren die Maastricht-Kriterien. Das Ziel der schwarz-grünen Regierung in Wien, einen ausgeglichenen Staatshaushalt zu erzielen, ist mit dem sehr großen Hilfspaket endgültig obsolet geworden. Österreich wird sich daher weiter verschulden müssen. „Es ist auch in budgetärer Hinsicht eine Ausnahmesituation“, sagte Finanzminister Gernot Blümel, ein enger Vertrauter von Kurz. Am Freitag wird der Finanzminister eine Erklärung zur finanziellen Situation des Landes abgeben.

Nach Auffassung von Kogler befindet sich das Land in der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Deshalb seien besondere Maßnahmen notwendig. „Alles, was es braucht – kost’ es, was es wolle – für Arbeitsplätze und Unternehmen“, formulierte der Grünen-Chef fast wortgleich mit dem Kanzler am Mittwoch.

Situation in den Alpen verschlimmert sich

Nicht alle in Österreich sehen die Coronakrise so dramatisch wie die Regierung. Der CEO der österreichischen Raiffeisen Bank International (RBI) begreift die Coronakrise nur als „Delle“ mit einem vergleichsweise schnellen Ende. „Ich hoffe, im dritten und vierten Quartal wieder in einen normalen Modus zurückzukehren“, sagte der CEO am Mittwoch in Wien. „Ich würde die Leistungsfähigkeit und die Anpassungsfähigkeit der europäischen Wirtschaft nicht unterschätzen“, so der frühere Risikovorstand. „Es ist eine Gesundheitskrise und keine Wirtschaftskrise.“ Eine Vertrauenskrise in die Finanzwirtschaft wie beim Zusammenbruch der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers gebe es nicht.

Am Mittwoch gab es in Österreich 1.471 Infizierte und sieben Tote. Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus, da aufgrund eines Mangels an Infrastruktur kaum getestet wird, was zu wachsender Kritik führt. Unterdessen spitzt sich die Situation in den Alpen weiter zu. Die Wintersportorte Sölden im Ötztal und Flachau, Großarl- und Gasteiner Tal wurden unter Quarantäne gestellt. Bereits in der vergangenen Woche waren der Arlberg und das Paznauer Tal mit Ischgl gesperrt worden. Bürger, die aus Tirol in andere österreichische Bundesländer reisen, müssen sich in eine zweiwöchige Quarantäne begeben. Das gab Kogler bekannt.

Die österreichischen Behörden haben es versäumt, die Skigebiete und vor allem die als Corona-Schleudern bekannt gewordenen Après-Ski-Bars rechtzeitig zu schließen. Der Wiener Mediziner Roland Brandner, der sich bei einem Ärztekongress in St. Christoph am Arlberg mit dem Coronavirus infiziert hatte, wirft den Tiroler Behörden vor, die örtlichen Infektionsfälle verschwiegen zu haben. Zudem hatten sich Gäste aus den unter Quarantäne stehenden Wintersportorten nach dem Rauswurf aus ihren Hotels in der ganzen Region verteilt. Die Landesregierung sieht allerdings kein staatliches Versagen, sondern verweist auf die Eigenverantwortung des ausländischen Skitouristen.

Der österreichische Baukonzern Strabag hat unterdessen die Bautätigkeit im ganzen Land am Mittwoch eingestellt. Das teilte CEO Thomas Birtel mit. Von dem Baustopp sind nach Unternehmensangaben 1.000 Projekte in der Alpenrepublik betroffen. Die Strabag hat insgesamt 75.000 Mitarbeiter und erwirtschaftet eine Bauleistung von rund 16 Milliarden Euro.

Mehr: Ökonom Felbermayr erwartet die „Mutter aller Rezessionen“.

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