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Winterurlaub Österreichs Tourismus will nach der Pandemie auf Exklusivität setzen

Touristen aus aller Welt verbringen ihren Winterurlaub in Österreich, doch damit könnte bald Schluss sein. Einige Unternehmer sprechen sich gegen den Massentourismus aus.
27.02.2021 - 10:05 Uhr Kommentieren
In Österreich gibt es seit Langem Kritiker, die immer wieder eine neue Tourismusstrategie fordern. Quelle: dpa
Skigebiete

In Österreich gibt es seit Langem Kritiker, die immer wieder eine neue Tourismusstrategie fordern.

(Foto: dpa)

Wien Nachdem die Wintersaison in Österreich aufgrund der Pandemie fast vollständig ausgefallen ist, hinterfragen Bahnbetreiber und Marketingverantwortliche die bisher verfolgte Geschäftsstrategie.

Viel zu sehr habe man in den vergangenen Jahren auf Masse statt Qualität gesetzt, heißt es nun. „Das Motto ,höher, schneller, weiter hat sein Limit erreicht“, sagt Leo Bauernberger, Geschäftsführer von Salzburgerland Tourismus. Wolfgang Viertler, Aufsichtsrat bei der Bergbahn Kitzski, erklärt im österreichischen Fernsehen, dass man künftig vermehrt auf die Menge achten müsse.

Die angesprochene Einschränkung des Massengeschäfts ist allerdings nur eine Seite der Medaille; zeitgleich schwebt den Touristikern vor, die Preise zu erhöhen und Skifahren wieder zu einem etwas exklusiveren Vergnügen zu machen. Schließlich gingen Abstriche beim Massengeschäft auch nur so finanziell auf.

Der Kontrast zur alten Geschäftsstrategie könnte damit kaum größer sein.

Die Bundesregierung in Wien hat sich zwar in den vergangenen Jahren immer wieder bemüht, im Tourismus andere und vor allem neue Schwerpunkte zu setzen, wie etwa auf die Ökologie oder lokale Produkte.

Aber erstens ist Tourismus in Österreich Sache der Bundesländer, und diese haben das alte Geschäft stets vorangetrieben. Und zweitens hat sich auch Tourismusministerin Elisabeth Köstinger immer gefreut, wenn die Zahl der Übernachtungen eine neue Rekordmarke erreichte. Bei 73 Millionen lag sie in der letzten vollständigen Wintersaison vor der Pandemie, 13 Prozent höher als zu Beginn des Jahrzehnts.

Österreich lockt viele ausländische Touristen

Im Ranking der Länder mit den meisten internationalen Touristen befand sich Österreich zuletzt weltweit auf Rang 12: Das sei für ein kleines Land „sensationell“, heißt es triumphierend im Tourismus-Masterplan des Ministeriums.

Wie andere Kleinstaaten leidet Österreich an seiner geringen politischen und wirtschaftlichen Bedeutung. Umso mehr ist die Regierung auf Rankings fixiert, die dem Land auf einem Gebiet eine überdurchschnittliche Leistung attestieren – wie im Wintertourismus. In diesem Bereich ist Österreich sogar weltweit gesehen eine Macht.

Umso schwerer könnte es dem Land deshalb aber fallen, sich vom alten Rekorddenken zu verabschieden. Anders als der Schweizer Wintertourismus, der seit 2008 unter dem starken Franken leidet, hat die Branche in Österreich vor der Pandemie seit Langem keine Krise mehr erlebt. Die derzeitigen Schwierigkeiten sind für sie eine neue Erfahrung.

In Österreich gibt es allerdings Kritiker, die immer wieder eine neue Tourismusstrategie fordern. Ihnen ist es beispielsweise zuwider, wie das Land mit der Veranstaltung von möglichst spektakulären und immer gefährlicheren Weltcup-Skirennen um Gäste wirbt.

Regionale Touristiker halten diese Anlässe zwar für ein gutes Mittel, um ihre Gegend via Fernsehübertragung einem internationalen Publikum zu präsentieren. Kritikern ist diese Werbeplattform dagegen ein Gräuel.

Skirennen hätten mit dem Hobby Wintersport etwa so viel zu tun wie Formel-1-Rennen mit Autofahren: „Sie vermitteln ein völlig falsches Bild des Schneesports“, sagt Franz Schenner, ehemaliger Geschäftsführer der Skimarke Blizzard und Initiant der Plattform „Netzwerk Winter“. Er fordert, nicht mehr mit dem gefährlichen Tempobolzen zu werben, sondern mit genussvollem Skifahren.

Auch den Fokus auf die Zahl der Übernachtungen hält Schenner für kurzsichtig. Man habe darüber die Wertschöpfung vernachlässigt. Ob sich diese jahrelange Konzentration auf den Umsatz nach der Pandemie rächen wird, weiß derzeit noch niemand. Viele österreichische Hotels befinden sich im Familienbesitz, sodass über ihre Finanzstärke wenig bekannt ist.

„Viele Hotels haben zu wenig Eigenkapital“

Einblick von außen haben nur die kreditgebenden Finanzinstitute und die auf Tourismusfinanzierungen spezialisierte Hotel- und Tourismusbank (ÖHT). „Viele Hotels haben zu wenig Eigenkapital“, sagt allerdings Oliver Fritz, Ökonom beim Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo). Ihre wirtschaftliche Widerstandskraft sei daher nicht groß.

Deshalb ist es auch fraglich, ob die Touristiker die neu vorgeschlagene Strategie des Maßhaltens wirklich durchziehen. Mit dem Ausfall der Wintersaison hat die Branche einen riesigen Umsatzausfall erlitten; Seilbahnvertreter schätzen ihn je nach Unternehmen auf 75  bis 90 Prozent. Das entspricht laut Berechnungen der Branche 1,3 Milliarden Euro.

Noch dramatischer ist die Lage der Hotellerie, denn anders als die Bergbahnen durften sie nicht einmal teilweise den Betrieb aufnehmen.

„Das erste Ziel der Branche wird es sein, möglichst rasch wieder Gäste in die Bahnen und Hotels zu bringen“, sagt Fritz. Und das wird kaum gelingen, wenn die Betreiber aus einer Laune heraus die Preise erhöhen. 

Ohnehin betreiben die bedeutenden Ferienorte des Landes einen teuren Maschinenpark, der ganz auf das Massengeschäft ausgerichtet ist. In Sölden, Österreichs größtem alpinen Ferienort, können die Lifte und Bahnen pro Stunde 67.000 Personen befördern. Dazu kommen große Hotelanlagen, Abenteuerparks und Wellness-Anlagen.

Die riesigen Geldbeträge, die in dieser Infrastruktur stecken, müssen verzinst werden. Experimente bei der Preisstrategie sind deshalb ein großes Wagnis. Zumal die Touristen schnell vergessen und wiederkommen.

Das zeigte sich nach Anschlägen und politischen Unruhen in der Türkei, in Ägypten oder Tunesien: Kaum hatte sich die Situation halbwegs beruhigt, war das Publikum zurück – und es suchte wie früher das Vergnügen und nicht die gehobene Beschaulichkeit.

Mehr: Statt Sylt oder Palma: Drei attraktive Alternativen für den nächsten Sommerurlaub.

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