Account-based Ticketing: Die Bankkarte ist der Fahrschein
Account based Ticketing
- 10.10.2024

Wie steht es um die klassische Fahrkarte?

In vielen anderen Ländern hat sich zusätzlich dazu noch ein ganz anderer Ansatz etabliert. Die Fahrgäste kaufen keine traditionellen Fahrscheine mehr, sondern weisen bei Antritt ihrer Fahrt ein bestehendes Kundenkonto, Prepaid-Guthaben oder Bankkonto nach, von dem das Verkehrsunternehmen die Kosten für die Fahrt anschließend automatisch abbucht.
Was in anderen Ländern längst gelebte Praxis ist und viele Deutsche im Urlaub oder auf Geschäftsreise dort auch schon kennengelernt haben, nimmt jetzt hierzulande ebenfalls Fahrt auf. Einige Städte und Regionen haben inzwischen Pilotprojekte zur Einführung solcher Ticketing-Systeme gestartet.
Die Begriffe rund um solche Systeme sind allerdings nicht klar definiert. Oft ist von Account-based, EMV-based und ID-based Ticketing die Rede. Aber was genau steckt dahinter?
Account-based Ticketing
Beim Account-based Ticketing erstellen Fahrgäste zunächst ein Kundenkonto bei einem Verkehrsunternehmen. Dieses Konto enthält persönliche Informationen und eine oder mehrere Zahlungsmethoden wie Kreditkarte oder Bankkonto, es kann aber auch mit einem Guthaben verknüpft sein, das die Fahrgäste vorab aufladen.Mithilfe von Medien wie einer Chipkarte oder einer Smartphone-App des Verkehrsunternehmens können die Fahrgäste dann die Existenz ihres Kundenkontos nachweisen. Dazu halten sie ihr Medium beim Ein- und Aussteigen einfach an ein Lesegerät. Die Daten, die das Lesegerät dabei erfasst, werden in Echtzeit an das Kundenkonto übermittelt und das Ticketingsystem des Verkehrsunternehmens berechnet damit den Fahrpreis. Dieser wird dann automatisch vom hinterlegten Zahlungsmittel des Fahrgastes abgebucht oder vom Guthaben abgezogen.
EMV-based Ticketing

Die Fahrgäste halten ihre Karten oder Smartphones beim Ein- und Auschecken ebenfalls an ein Lesegerät, das Hintergrundsystem liest das Medium aus und prüft, ob bereits ein Konto existiert, das mit diesem Medium verknüpft ist. Ist das nicht der Fall, legt es automatisch ein internes, anonymes Kundenkonto an, über das die Transaktion technisch abgewickelt wird und das ab dann auch für alle Folgetransaktionen mit demselben Medium genutzt wird. Für die Abbuchung der Kosten für die Fahrten werden die Zahlungsinformationen auf der Bankkarte des Fahrgasts genutzt beziehungsweise die Kosten seiner Kreditkartenabrechnung hinzugefügt.
ID-based Ticketing
Bei ID-based Ticketing handelt es sich entweder um eine Unterform des Account-based Ticketing oder es ist identisch mit dem EMV-based Ticketing. Eines haben jedoch beide Fälle gemeinsam: Die Fahrgäste authentifizieren sich beim Ein- und Auschecken an den Lesegeräten jeweils mit ihrer Identität.Bei der Unterform des Account-based Ticketing weisen sich die Fahrgäste mit Identifikationsmedien aus, die mit ihren Kundenkonten verknüpft sind. Das können ebenfalls Chipkarten oder Smartphone-Apps sein, aber auch allgemeine Identifikationsmedien, wie etwa der Personalausweis, lassen sich nutzen. Das allgemeine Identifikationsmedium kann aber auch die kontaktlose Bank- oder Kreditkarte des Fahrgasts sein. In diesem Fall ist das ID-based Ticketing dann nichts anderes als EMV-based Ticketing – mit dem Unterschied, dass beim EMV-Ticketing nur ein anonymes Kundenkonto existiert.
Fahrgäste und Verkehrsunternehmen profitieren
Wenn die Verkehrsunternehmen sogenanntes „Fare Capping“ oder „Best Pricing“ betreiben – sprich: die Fahrtkosten deckeln – können gegebenenfalls aber auch Vielfahrer profitieren. Absolviert ein Fahrgast im Laufe eines Tages, einer Woche oder eines Monats so viele Einzelfahrten, dass in Summe eine Tages-, Wochen- oder Monatskarte für ihn günstiger gewesen wäre, wird auch nur dieser Tarif abgebucht. Dadurch müssen sie nicht länger Zeitfahrkarten kaufen oder Abonnements abschließen und verwalten. Welche Modelle des Fare Capping es anbietet, kann das Unternehmen frei entscheiden.
Die Verkehrsunternehmen wiederum erhalten viele wertvolle Daten. Sie erfahren beispielsweise, welche Linien wann am stärksten genutzt werden und können ihr Angebot entsprechend optimieren. Nicht zuletzt reduzieren sich die Betrugsmöglichkeiten. Tickets können nicht mehr gefälscht oder mehrfach verwendet werden, wodurch die Verkehrsunternehmen besser vor finanziellen Verlusten geschützt sind.
Maximale Flexibilität durch mehrere Verfahren
Welche Methode die beste ist, hängt stark von den spezifischen Anforderungen und Prioritäten eines Verkehrsunternehmens und seiner Stadt oder Region ab. Eine Entscheidung ist aber ohnehin nicht zwingend, denn häufig werden die verschiedenen Methoden nicht nur untereinander, sondern auch mit dem klassischen Ticketing kombiniert. Fahrgäste haben dann die größtmögliche Flexibilität und können die Methode wählen, die für sie am bequemsten ist oder ihrer Technikaffinität und ihren finanziellen Möglichkeiten entspricht.Für die Umsetzung steht Verkehrsunternehmen führendes Know-how und bewährte Technologie aus Deutschland zur Verfügung. Die INIT Gruppe mit Sitz in Karlsruhe hat bereits zahlreiche internationale Projekte für ID-based, EMV-based und Account-based Ticketing realisiert und hat mit dem Tochterunternehmen HanseCom den führenden Ticketing-Experten der DACH-Region an seiner Seite
*Sebastian Neil Hölken ist Geschäftsführer von HanseCom, einem führenden Anbieter von Softwarelösungen für den ÖPNV