Thomas Zirk-Gunnemann, CEO bei AuCom: „Wir entwickeln uns entgegen den Trends in der deutschen Wirtschaft“
AuCom MCS GmbH & Co. KG
- 18.12.2024

Herr Zirk-Gunnemann, die deutsche Wirtschaft strauchelt derzeit. AuCom jedoch nicht. Woran liegt das?

Wir haben uns mit sehr flexiblen, zeitgemäßen Produkten und Serviceleistungen etabliert.
Ein gutes Beispiel dafür ist unsere H1-Serie mit universell einsetzbaren Frequenzumrichtern. Überall, wo im Niederspannungsbereich Förder- und Fließbänder, Ventilatoren und Lüfter oder Pumpen, Aufzüge, Bohrer, Schnecken et cetera im Einsatz sind, gewährleisten die H1-Frequenzumrichter eine effiziente Motorsteuerung.
Wie wird sich denn der globale Markt für elektronische Antriebsanwendungen entwickeln?
Der wird in den nächsten Jahren weiter wachsen. Wir schätzen, dass der Gesamtmarkt jährlich um fünf bis acht Prozent zulegen wird. Laut aktueller Analysen dürfte sich der globale Markt für Frequenzumrichter bis 2032 verdoppeln. Wir sprechen hier über ein Marktvolumen von rund 15 Milliarden US-Dollar.In unseren Bestandsmärkten sehen wir darüber hinaus ein zusätzliches Wachstum mit Blick auf die zunehmende Elektrifizierung, angetrieben durch das Ziel der CO2-Neutralität und die damit verbundene Nachfrage nach Antriebslösungen für mehr Energieeffizienz.
Wie sehen Sie die Entwicklung des deutschen Marktes?
In Sachen Energieeffizienz passiert einiges in Deutschland, wenngleich man festhalten muss, dass der Knoten hier noch nicht geplatzt ist. Die Projekte liegen auf dem Tisch, aber Investitionen werden nur sehr verhalten getätigt. Da geht ein wenig die berühmte „German Angst“ um, was angesichts der wirtschaftlichen Lage hierzulande aber auch niemanden verwundern dürfte.Der globale Markt entwickelt sich jedenfalls wesentlich schneller. Wären wir nicht so global aufgestellt, würden wir heute sicherlich über andere Dinge sprechen. Wir entwickeln uns entgegen den Trends in der deutschen Wirtschaft.
AuCom hat als Spezialist für Sanftanlasser begonnen und bezeichnet sich heute als Applied-Motor-Control-Anbieter. Was genau steckt dahinter?

Wo sehen Sie denn ganz konkret die Zukunftsmärkte für Ihre Antriebslösungen?
Letztendlich sind es alle Märkte, in denen produziert wird oder in denen Infrastruktur geschaffen wird. Hier dreht sich eben nichts ohne Motoren, sei es bei grünem Wasserstoff oder der Batterieherstellung. Unser Fokus liegt auf Asien, dem Mittleren Osten und Afrika. Hier ist zum Beispiel die Wasserversorgung ein großes Thema. So sind Antriebslösungen von AuCom etwa in Ägypten zur Kultivierung von Wüstenland im Einsatz. Hier wird über ein weit verzweigtes Kanalnetz mithilfe zahlreicher Pumpstationen täglich 25 Millionen Kubikmeter Wasser aus dem Nasser-Stausee in die Wüste transportiert. Unsere Zukunftsmärkte liegen aber auch in konventionellen Industriezweigen wie etwa Stahl oder Zement, in denen in den vergangenen Jahren wenig in Innovationen investiert wurde.Wie werden sich denn diese konventionellen Branchen weiterentwickeln?
Zum Bauen wird man auch in Zukunft Zement benötigen, aber um den nachhaltig zu produzieren, wird alles neu gedacht. Die wenig effiziente mechanische Regulierung von Luftströmen in Zementwerken etwa wird von Applikationen mit drehzahlgesteuerten Motoren abgelöst, um den Energiebedarf und den CO2-Ausstoß zu senken.Ein anderes Beispiel: Wenn Container- und Kreuzfahrtschiffe in Häfen liegen, laufen deren Generatoren. Auch die Schiffsantriebe wie Truster oder Ballastpumpen werden mit einer Drehzahlregelung ausgelegt, um die Installationsleistung der Generatoren zu reduzieren. Hierfür haben wir zum Beispiel DNV-zertifizierte Frequenzumrichter mit Active Front End entwickelt. Unsere AFE-Umrichter zeichnen sich durch eine geringe harmonische Verzerrung von unter fünf Prozent aus und speisen überschüssige Energie zurück in die Netzversorgung.
Die Digitalisierung macht sicherlich auch vor AuCom nicht Halt. Was bedeuten für Sie Begriffe wie Virtual Reality, Cloud Computing oder KI?

Wir wollen Service in Echtzeit bieten. Das erreichen wir über den digitalen Zwilling, indem ein Werker an der Maschine steht und visuelle Anweisungen von unserem Servicemitarbeiter erhält, der bei uns in Sendenhorst sitzt. Dazu werden wir demnächst zum Beispiel Augmented-Reality-Brillen einsetzen.
Im westfälischen Sendenhorst haben Sie im Sommer 2024 eine Metallfertigung eröffnet. Das klingt nicht gerade nach Digitalisierung und Software.
Auf den ersten Blick vielleicht nicht. Aber die Metallfertigung ist für uns der nächste Schritt hin zu einer digitalen Produktion. Auch hier entwickeln wir uns gegen den Trend: Während unsere Wettbewerber die Hardware outsourcen, erhöhen wir unsere Fertigungstiefe, indem wir die Schaltschrankproduktion oder auch die Fertigung von PCB-Boards in Sendenhorst vornehmen. Dadurch verkürzen wir nicht nur unsere Lieferzeiten, sondern reduzieren auch Risiken in der Lieferkette. Wir sind unabhängiger gegenüber den wirtschaftlichen Auswirkungen von Konflikten, Katastrophen oder Unglücksfällen wie etwa in der Vergangenheit im Suezkanal.Unsere Fertigungstiefe dürfte weltweit einmalig in der Branche sein, auch was deren Grad an Automatisierung und Digitalisierung angeht. Wir streben an, immer auf dem neuesten Stand der Technik zu sein, um weiterhin flexibel zu agieren und unserem Qualitätsanspruch gerecht zu werden.