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"Das Erfahren von Architektur mit allen Sinnen ist und bleibt ein Erlebnis"

Prof. Gernot Schulz, geschäftsführender Gesellschafter der gernot schulz : architektur GmbH, im Gespräch

gernot schulz architektur GmbH

  • 06.12.2024
Kopfbild zum Artikel
Holz-Beton-Hybrid-Konstruktion für den Neubau des Gymnasiums Langenhagen // Foto: HG Esch
Die gernot schulz : architektur GmbH hat sich als Holz-Hybrid-Bau-Pionier und Bildungsbauexperte einen Namen gemacht. In folgendem Gespräch gibt der geschäftsführende Gesellschafter Prof. Gernot Schulz Einblicke in die Arbeitsweise und Unternehmensphilosophie sowie aktuelle Herausforderungen und Veränderungen in der Branche – wie den Einsatz von KI-unterstützten Planungen.

Herr Prof. Schulz, Sie sind geschäftsführender Gesellschafter der gernot schulz : architektur GmbH. Was zeichnet Ihre Arbeit und Ihre Unternehmensphilosophie besonders aus?

gernot schulz : architektur GmbH
Bildungslandschaft Altstadt Nord in Köln, 9 Bildungseinrichtungen teilen sich Räume Foto: Stefan Schilling
Wir sind überzeugt, dass das Schaffen von Architektur einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag leistet. Es ist das, was wir Baukultur nennen – das Zusammenwirken vieler Mitwirkender auf Nutzer-, Auftraggeber-, Behörden- und Planungsseite. Wir definieren unsere Aufgabe als Architekten daher über das klassische Berufsbild hinaus, indem wir in der sogenannten "Phase 0" Entstehungsprozesse zu neuen Projekten moderieren und zu Zukunftsthemen des Planens und Bauens beraten. Immer mehr ist das Ziel solcher Vor-Projektphasen, Häuser Multinutzungen zuzuführen (zum Beispiel Schulen auch in den Abendstunden für Aktivitäten des Quartiers zu öffnen) oder auch zukünftige Nutzungswechsel schon mitzudenken (zum Beispiel Wohnhäuser so zu planen, dass Wohnungsgrößen ohne allzu großen Aufwand änderbar sind).

Sie sind Pioniere im Holz-Hybrid-Bau. Welche Vorteile sehen Sie in dieser Bauweise gegenüber traditionellen Bauweisen, insbesondere im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung?

Holz als Baustoff hat den großen Vorteil, dass er nachwachsen kann. Zudem ist die Holzbearbeitung einfach und schnell, womit eine Energieeinsparung einhergeht. Die Vorfertigungstechniken ermöglichen es uns, ganze Bauteile sehr maßgenau und unter für die Handwerker viel besseren Arbeitsbedingungen herzustellen und somit die Bauzeiten stark zu verkürzen. Gerade die notwendige Wende vom Neubau zu mehr Umnutzungen, um gebundene Energie länger zu nutzen, scheitert oft an den Kosten von für einen langen Zeitraum benötigter Interimquartiere. Aber auch generell führt eine schnellere Bauzeit zu erheblichen Einsparungen und auch Qualitätssteigerungen, die die Vorfertigung von Bauteilen, wie sie der Holzbau im Besonderen bietet, ermöglicht.

Holz-Hybrid-Bauten sind oft technisch anspruchsvoll. Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Projekte nicht nur ästhetisch, sondern auch funktional und langlebig sind?

Die Richtlinien zum Bauen mit Holz sind weitestgehend bereits in Kraft. Fehlende Normen und Vorschriften können oft auf bereits bestehenden Regeln aufgebaut oder davon abgeleitet werden. Eine gute Baukonstruktion ist die Basis jeder Langlebigkeit von Architektur. Hier referenzieren wir unsere Arbeit auf klassische Prinzipien des Konstruierens, wie zum Beispiel den konstruktiven Holzschutz. Dabei wird das jahrhundertealte Wissen des Bauens mit Holz, wie es zum Beispiel in den Alpenländern praktiziert wird, auf den modernen Holzbau angewendet, indem zum Beispiel alle Bauteile aus Holz allseits von Luft umspült werden können, um Staunässe und somit auch Parasitenbefall zu verhindern. Der Blick geht aber auch in andere Kulturen, zum Beispiel nach Japan, wo das Karbonisieren von Holzfassaden praktiziert wird. Dabei wird die Oberfläche des Holzes mittels Feuer verkohlt, was zu einer Widerstandsfähigkeit gegen Wasser und Insektenbefall führt und eine ganz eigene Ästhetik hat.

Ihr Unternehmen hat sich zudem als Experte im Bereich Bildungsbauten etabliert. Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen bei der Planung und Gestaltung von Bildungsbauten?

gernot schulz : architektur GmbH
genossenschaftlicher Wohnungsbau in Grevenbroich in Holz-Beton-Hybridbauweise Rendering: gs:a
Es bedarf einer Nutzungsoffenheit von Raumkonfigurationen. In unseren klassischen Bildungsbauten, hierzu zählen Schulen genauso wie Universitätsbauten, Bibliotheken und der Bereich der Weiter- und Erwachsenenbildung, gibt es meistens eine vordeterminierte Raumatmosphäre: den Klassenraum in den Schulen und Abendschulen, den Lesesaal in den Bibliotheken. In den Bildungsbauten, die wir planen und bauen, herrscht eher eine Marktplatzatmosphäre verschiedenster Raumangebote für den Austausch in Gruppensituationen, Rückzugsbereiche für konzentrierte Einzelarbeit und kleine Arenen für Kurz- und Impulsvorträge. Die verschiedenen Atmosphären entstehen sowohl räumlich als auch durch eine ausgesuchte Material- und Farbanwendung. Die Herausforderung ist dabei, die zukünftigen Nutzer während der Planung einzubinden, sodass diese ihre Bedarfe im Gebauten wieder entdecken. Es ist das größte Lob für unsere Arbeit, dass am Ende Menschen unsere Architekturen auf die Art nutzen, wie sie gedacht und gemacht wurden und hierüber bei den Nutzern eine große Zufriedenheit entsteht, sie sich im besten Sinne "wohlfühlen". Aus einer solchen Zufriedenheit der Nutzer entsteht dann immer auch ein pfleglicher und sorgsamer Umgang mit den Gebäuden, und dies zu einer langen Lebensdauer. Schönheit und Zufriedenheit sind zwei sehr vernachlässigte Nachhaltigkeitsfaktoren des Planens und Bauens.

Inwiefern unterscheiden sich die Anforderungen an Bildungsbauten von denen anderer Baukategorien, etwa Wohn- oder Gewerbebauten?

Eine Besonderheit von Bildungsbauten ist, dass die Gruppe der Nutzenden im Normalfall bereits vor dem Planungsprozess existiert. Im Wohn- und Bürobau sind die zukünftigen Nutzer zumeist anonym und in Mietmodellen auch austauschbar.

Eine Schulgemeinschaft, eine Quartiersbevölkerung, Lehrende und Mitarbeitende von Bildungseinrichtungen können also eingebunden werden in den Entstehungsprozess der Gebäude.

Eine zunehmend wichtiger werdende Rolle unserer Bildungsbauten ist, ein Quartierszentrum, also eine Anlaufstelle für die Öffentlichkeit, zu sein. In Zeiten aussterbender Innenstädte aufgrund von Leerstand von Läden und Büros besteht unseres Erachtens die Chance, Schulen, Bibliotheken, aber auch Selbsthilfe-Reparaturwerkstätten und Ausprobier-Laboratorien zu neuen Magneten der Innenstädte zu machen. Wenn wir es dann noch schaffen, den motorisierten Verkehr in Quartiersgaragen oder durch synergetische Nutzung von Parkierungsflächen aus den Straßen zu verbannen und mehr Grün und Wohnbauten in den Innenstädten zu etablieren, entstehen ganze neue Stadtbilder und Atmosphären zukünftigen Zusammenlebens in den Städten.

Ihr Portfolio umfasst eine beeindruckende Bandbreite an Projekten. Gibt es bestimmte Bildungsbauprojekte, auf die Sie besonders stolz sind? Können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen?

Mit unseren inzwischen zahlreichen Schulen, aber auch Universitätsbauten leisten wir einen von der Öffentlichkeit sehr beachteten Beitrag zu neuer Qualität im Bildungsbau. Einige unserer Bauten – wie zum Beispiel die Bauten für die Bildungslandschaft Altstadt Nord – sind Bezugspunkt für die Arbeit von Kolleginnen und Kollegen. Inzwischen gibt es eine ganze Reihe ähnlicher Bauten. Manchmal sind es aber auch die ungebaut gebliebenen Ideen und Visionen, die nach wie vor geliebte Projekte sind. So zum Beispiel unser Entwurf für ein "Haus des Wissens" in Bochum, welches wie eine begehbare Holzskulptur im Innenhof eines großen Verwaltungsbaus steht und die Themen Markthalle, Bibliothek, Urban Gardening und Food Court miteinander verwebt. Eine weitere Vision ist die einer völlig neuartigen Moschee – ebenfalls für Bochum von uns projektiert – die über den architektonischen Ansatz eines öffentlichen Gebäudes in einem Park Barrieren abbauen und Menschen verschiedener Herkunft und Kulturen zusammenbringen will.

Wie reagieren Sie auf aktuelle Trends und Anforderungen im Bereich der Architektur, insbesondere wenn es um umweltfreundliches Bauen und die Nutzung innovativer Materialien geht?

Uns zeichnet eine große Neugierde für alle Neuerungen aus. Innovativität soll aber kein Selbstzweck sein. Deshalb bedarf gerade die Wahl des geeigneten Materials immer auch der Reflexion über die Beschaffbarkeit und der Langlebigkeit. Langlebigkeit schließt heute das Nachdenken über den Kreislauf von Materialien mit ein: Gibt es gebrauchte Baumaterialien, die ich nutzen kann. Können im Falle eines Rückbaus/Abrisses eines Gebäudes Schichten sortenrein getrennt und einer Wiedernutzung zugeführt werden? Wenn ein nachhaltiges Material über weite Strecken transportiert werden muss, ist schnell der CO2-Vorteil aufgebraucht oder schlägt ins Gegenteil um.

Die Digitalisierung hat in vielen Branchen Einzug gehalten. Wie setzen Sie Künstliche Intelligenz in der Planung von Gebäuden ein, und welche Vorteile bietet das für Ihre Projekte?

gernot schulz : architektur GmbH
Bürocampus Mattes & Düxx am Deuter Hafen Rendering: hhvision/Strabag Realestate
Wir sehen uns jede neu auf den Markt kommende KI ganz genau an. Wenn diese uns nutzt, unsere Unternehmensphilosophie unterstützen kann, und besser machen kann im Sinne, dass unsere Gebäude schöner, nachhaltiger, langlebiger werden, unsere Kommunikation mit den Projektpartnern verbessern kann, dann nutzen wir diese Möglichkeiten natürlich aus. Aber auch hier gilt, nur um digitaler zu sein – das nutzt uns nichts. Wir arbeiten daran, jedes Werkzeug, vom Bleistift bis zu KI, dann einzusetzen, wenn es Abläufe verbessert.

Können Sie uns einen Einblick geben, wie die Integration von Künstlicher Intelligenz den Planungsprozess in der Architektur verändert? Wie profitieren Ihre Auftraggeber davon?

Derzeit nutzt uns die KI, formale Arbeit, wie zum Beispiel das Schreiben von Protokollen oder Recherchieren von Inhalten, effizienter zu machen oder auch Bilddarstellungen zu nutzen, um sehr früh mit Auftraggebern und Projektpartnern eine angestrebte Atmosphäre der Räume und des architektonischen Ausdrucks eines Projekts abzustimmen.

Eines der großen Themen der Baubranche ist ja, dass das Planen und Bauen sehr lange dauert. Die KI hilft uns, schneller als früher Inhalte und Ziele mit den Auftraggebern abzustimmen und somit zielgerichteter zu arbeiten.

Was sind Ihre Visionen für die Zukunft der gernot schulz : architektur GmbH? Welche Entwicklungen oder Technologien erwarten Sie in den nächsten Jahren, die Ihre Arbeit besonders beeinflussen könnten?

Wir erwarten, dass die KI insbesondere in den Leistungsphasen der Bauausführung wie zum Beispiel Ausschreibungen und Bauüberwachung eine größere Rolle spielen wird und auch hier Prozesse beschleunigen wird. Die gernot schulz : architektur GmbH wird aber immer auch dafür stehen, dass KI oder auch andere Technologien lediglich willkommene Werkzeuge sind, um architektonische Qualität zu erzeugen. Ich habe als Student und junger Architekt den Wandel erlebt vom Handzeichnen zum Computerzeichnen. In den letzten Jahren kam BIM (Building Information Modeling) als Werkzeug hinzu. Und ja, es sind auch Kompetenzen verloren gegangen, das bemerke ich insbesondere als Hochschulprofessor bei den Studierenden, dass das Gefühl für Maßstäbe und Proportion durch das maßstablose Zeichnen am Computer verloren geht beziehungsweise wieder geschult werden muss. Nach wie vor halten wir an der Hochschule Bochum an Fächern wie Freihandzeichnen und Modellbau fest, um die Studierenden neben dem Umgang mit den digitalen Werkzeugen auch analog zu schulen. Ebenso bieten wir zahlreiche Exkursionen an und gehen mit den Studierenden auf Baustellen und in Produktionswerkstätten. Das Erfahren von Architektur mit allen Sinnen ist und bleibt ein Erlebnis. Schlechte Architektur kann frei nach Bertolt Brecht krank machen, gute Architektur macht glücklich.
Weitere Informationen zur gernot schulz : architektur GmbH erhalten Interessierte hier.
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